DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)
Frau, dass sie in seinen Geist eindrang und schillernde Netze in den Ecken spann, in denen Kreaturen atmeten und sich regten und in die das Licht niemals hineingelangte. Er wollte das nicht sehen. Und fühlen wollte er es schon gar nicht.
»Das ist noch nicht alles«, sagte Saks.
»Nein, Unsinn, ich bin fertig«, erwiderte Cook, voller Hass jetzt. »Du kannst hierbleiben, wenn du willst, aber ich gehe.«
»Nein, du bleibst.« Saks trat ihm in den Weg. »Da ist noch mehr. Sieh nach.«
Cook spielte mit dem Gedanken, sich mit den Fäusten einen Weg nach draußen zu bahnen, aber stattdessen nahm er noch einmal das Buch in die Hand. Eine leere Seite nach der anderen. Alle vergilbt und zerbröselnd.
Was sollte das?
Dann sah er es.
Weitere Einträge.
Ein einzelner Satz, immer wiederholt, im Abstand von einem Jahr:
27. März 1956
Ein schöner Tag!
27. März 1957
Ein schöner Tag!
27. März 1958
Ein schöner Tag!
Tatsächlich bestand der Rest des Tagebuchs aus einer ewigen Wiederholung dieses Satzes, immer am Jahrestag von Lydia Stoddards Wahnsinn. Aber das wahrhaft Gruselige daran – das, was Cook endgültig den Atem nahm und was ihn bis ins Innerste erschauern ließ – war die Tatsache, dass diese kryptischen kleinen Einträge sich bis ins aktuelle Jahr fortsetzten – aber nicht weiter. Als tauche Lydias Geist einmal im Jahr auf, um etwas in ihr Tagebuch zu kritzeln.
»Sie muss ... sie muss diese Einträge schon 1955 verfasst haben«, stotterte Cook und wusste, wie dünn das klang.
»Und hat zufällig dieses Jahr ausgewählt, um damit aufzuhören?«
»Komm schon, Saks, du bist ein bisschen zu rational, um an Gespenster zu glauben.«
Saks lächelte. »An Gespenster hatte ich eigentlich nicht gedacht. Nicht direkt.«
»Woran dann?«
Aber darauf antwortete Saks nicht. »Weißt du, was wir heute für ein Datum haben?«
»Nein. Meine Uhr geht nicht mehr ...«
»Meine Digitaluhr funktioniert noch prima. Heute ist der 27. März.«
Cook bekam eine Gänsehaut. Sicher, es fiel leicht, Absurdes und Erschreckendes zu glauben, vor allem in dieser Kabine mit all ihrem Staub und Alter und dieser bedrückenden Atmosphäre, die einem nach und nach die Lebensgeister abzuziehen schien. Aber Cook wollte sich nicht darauf einlassen.
Er sagte: »Vielleicht ... vielleicht hat Makowski sich das alles ausgedacht.«
»Das glaubst du doch selbst nicht, Cook, und ich auch nicht. Es sei denn, du willst die wilde Behauptung aufstellen, dass Makowski das ganze Tagebuch geschrieben hat. Aber das hier ist die Schrift einer Frau, und das wissen wir beide. Die Einträge aus den 50ern sind verblasst, die neueren noch ziemlich frisch ... wie hätte dieser Idiot das hinkriegen sollen?«
Saks hatte recht. Die Idee einer Fälschung war Unsinn – aber irgendeine Erklärung musste es doch geben, oder? Oder lag es nur an diesem Ort? An dieser gottverdammten namenlosen Dimension, in der alles möglich zu sein schien? Denn insgeheim dachte er genau das. Lydia Stoddard musste langsam und vollständig wahnsinnig geworden sein. In ihrer Einsamkeit brach ihr Geist in Stücke. Und wer konnte es ihr verdenken? Sie war lange tot, sicher, aber was, wenn ihr Wahnsinn weiterlebte? Wenn er einmal im Jahr zurückkehrte? Wenn so etwas auch nur ansatzweise möglich war, befanden sie sich alle in großer Gefahr.
»Du hast gehört, was dieser Idiot von Makowski gesagt hat«, fuhr Saks fort. »Dass sie zurückkehrt und dass sie uns hier nicht haben will. Mein Gott, Cook, ich komme hier auf Ideen, die mir ganz und gar nicht gefallen.«
»Wir sollten zurückgehen. Der Gedanke, die anderen allein zu lassen, gefällt mir nicht.«
Saks hob das Tagebuch auf und blätterte es durch. »Was zur Hölle?«, keuchte er. Er ließ es auf den Tisch fallen und wich zurück.
Eine unbestimmte Ahnung beschlich Cook. Er hob das Tagebuch auf, das sich jetzt warm anfühlte, wie etwas Lebendiges. Er sah den letzten Eintrag – und dann etwas, das vor fünf Minuten noch nicht dagewesen war. Was er sah, schien unmöglich – aber es war da, glänzend und frisch, und forderte ihn heraus, es mit Logik und Verstand wegzuerklären. Aber Cook konnte es nicht, er verstand es nicht, er konnte nichts tun, als dazustehen, während das Grauen aus ihm heraussickerte wie Galle – heiß und sauer und widerlich. Er konnte sich mit einem trockenen, rasselnden Geräusch atmen hören, das klang wie ein Todesröcheln durch einen Strohhalm.
Er starrte das Tagebuch an, und was er sah, direkt
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