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DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

Titel: DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Curran
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stießen.
    Cook seufzte. »Warum lese ich das?«
    Aber der Blick, den Saks ihm zuwarf, versicherte ihm, dass es wichtig war, also las er weiter:
    26.(?) Januar 1955
    Ich habe seit mehreren Tagen nichts mehr geschrieben. Ich habe nicht mehr den Wunsch, etwas zu schreiben. Ich bin so einsam hier und glaube, ich habe den Verstand verloren. Ich weiß nicht einmal, wo ich mich befinde. Dieses Schiff ist die Cyclops, so viel weiß ich immerhin. Es verschwand im Ersten Weltkrieg, und ich glaube mich zu erinnern, davon gehört zu haben. Aber was genau, weiß ich nicht mehr.
    Dieser Ort ist das Fegefeuer oder der Limbus, irgendein Grenzland in den Ausläufern der Hölle. Straft Gott uns für etwas? Aber wofür sollte er uns strafen? Robert und ich sind stets gute Menschen gewesen. Wir haben nichts Böses getan. Wir haben es nicht verdient, an diesen furchtbaren Ort verdammt zu werden.
    Oh allmächtiger Gott, warum? Warum?
    Was haben wir getan?
    Robert ist sehr krank. Ich fürchte, er wird sterben. Er hat hohes Fieber und fantasiert. Er glaubt, ich sei seine Mutter, und manchmal weiß ich selbst nicht mehr, wer ich bin. Mein Geist scheint zu wandern, und ich bin mir nicht sicher, was Traum ist und was Wirklichkeit.
    Letzte Nacht oder vielleicht auch vor ein paar Tagen – ich bin nicht mehr sicher – ging ich an Deck und sah dort so etwas wie eine riesige glänzende Schlange liegen. Als ich näher kam, bewegte sie sich und glitt über die Seite ins Wasser. Es muss der Fangarm eines Seeungeheuers gewesen sein. Entsetzliche Dinge lauern in diesem Nebel. Absonderliche Kreaturen und noch Schlimmeres. Wesen, die versuchen, in meinen Kopf zu gelangen. Aber ich werde sie nicht hineinlassen.
    Oh Gott, ich höre Geräusche. Geräusche auf dem Schiff. Aber es kann nicht sein, dass ich sie höre. Sie müssen in meinem Kopf sein.
    Ich habe so eine Angst.
    So eine Angst.
    Wenn Robert stirbt, bin ich ganz allein.
    Oh Gott, gib mir die Kraft, mir das Leben zu nehmen. Bitte.
    27.(?) Januar 1955
    Ich bin nicht allein hier.
    Da ist noch jemand.
    Eine Frau.
    Ich höre sie in der Nacht.
    Sie summt in den Gängen vor sich hin.
    Summt und summt und summt.
    29.(?) Januar
    Robert ist tot. Ich glaube, er ist tot. Er bewegt sich nicht mehr und ist so eiskalt. Jetzt gibt es gar keine feste Struktur mehr. Das Leben ist ein Labyrinth, eine Arabeske, und ich finde keinen Weg hinaus.
    Ich kann nicht schlafen.
    Wenn ich die Augen schließe, höre ich Robert nach mir rufen. Warum ruft er mich, wenn er doch tot ist? Manchmal glaube ich, er bewegt sich, aber die Toten bewegen sich doch nicht, und dann frage ich mich, ob ich womöglich auch tot bin. Kann ich tot sein? Denn lebendig bin ich an diesem Ort sicher nicht.
    Nein, ich kann nicht schlafen.
    Letzte Nacht oder diese Nacht, ich weiß es nicht mehr, erwachte ich und spürte einen heißen Atem an meinem Ohr und roch, wie sich etwas Verwestes über mich beugte. Ich konnte es nicht sehen, aber es war da. Es erzählte mir furchtbare Dinge. Es will, dass ich Selbstmord begehe. Ich höre es in der Nacht, ich höre, wie es mir in den Gängen zuflüstert. Ich verschließe die Tür gut und dränge mich dicht an Robert. Aber es kann mich durch die Tür sehen, und ich kann fühlen, wie es lächelt.
    Ich glaube, es ist eine Frau.
    Ja, genau, wie ich dachte.
    Ich glaube, das andere ist eine Frau.
    Vielleicht ist sie verrückt, und vielleicht ist sie hier ebenfalls gefangen. Aber sie ist gefährlich. Sie ist eine Irre. Sie hält sich in den schwarzen, stinkenden Tiefen des Schiffs versteckt. Ich glaube, sie isst Ratten. Sie muss von Ratten leben. Oh großer Gott, wie sieht sie wohl aus, wenn sie all die Jahre Ratten gegessen und wie ein Pilz in der feuchten Dunkelheit gelebt hat?
    Sie kann nicht menschlich sein. Nicht so wie ich.
    Oh, diese Stimmen. Wie lange muss ich noch diese Stimmen hören?
    5.(?) Februar
    Ich habe jetzt ständig Angst.
    Die Frau lässt mich nicht in Ruhe. Sogar am Tage – was mir hier Tag zu sein scheint – ist sie hinter mir her. Sie jagt mich durch das Schiff.
    Heute bin ich ihr nur mit Mühe entkommen. Und dann war sie da draußen und kratzte an der Tür. Sie kennt meinen Namen. Irgendwoher kennt sie meinen Namen.
    Das Essen wird knapp. Was soll ich dann essen? Ich will nicht essen, was sie mir vorschlägt.
    Robert hat die Augen geöffnet und mit mir geredet. Er sagte: »Wenn du hungrig genug bist, wirst du alles essen, mein wunderschöner Liebling.«
    Nein, nein, nein. Das wollte ich gar

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