DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)
jedes Jahr Millionen einsparen. Maschinen und Versorgungsgüter einfliegen, Diamanten ausfliegen – wofür Laster auf gefährlichen Dschungelstraßen Tage brauchten, brauchten Flugzeuge nur wenige Stunden.
Ein vernünftiger Plan.
Saks war Bauunternehmer aus Miami. Er gab das günstigste Angebot ab. Also bekam er den Auftrag und arrangierte alles. Fisks Leute sollten in Cayenne mit Sattelzügen auf sie warten, um das schwere Gerät zu verladen. Und im Lager standen genug Arbeitskräfte und alle benötigten Materialien bereit. Saks war bereits mehrmals dort gewesen und hatte sich alles angesehen. Wenn sie ankamen, würden sie eine Landebahn aus dem Dschungel hauen und dafür jeder 15 Riesen bekommen. Saks erhielt natürlich einen größeren Anteil. Für die Arbeit eines Monats war das eine großzügige Entlohnung, und Saks glaubte sogar, dass sie maximal drei Wochen dafür brauchten. Die einheimischen Arbeiter, überwiegend Maroons und Indianer, kamen nicht so gut dabei weg – sie arbeiteten für Penny-Beträge pro Tag.
George hatte sein Geld bereits ausgegeben.
Die fünfzehn Riesen – bar, steuerfrei – reichten für den Zahnarzt und einen nicht unbeträchtlichen Teil der Krankenhausrechnungen. Lisa hatte zuerst nicht gewollt, dass er wegging. Ihr gefiel die Vorstellung nicht, dass er auf einem Schiff, schwer beladen mit Bulldozern und Dieselfässern, über das offene Meer fuhr. Aber das Geld hatte ihre Meinung geändert. Sein Sohn Jacob dagegen hatte sich von Anfang an dafür begeistert. Er sah es als Abenteuer und wäre am liebsten mitgekommen. Und welcher Junge hätte nicht davon geträumt? Bring mir was mit, Dad, hatte er zu George gesagt. Du weißt schon, eine Schlange vielleicht oder einen Schrumpfkopf.
»Nimm dich vor den Krokodilen in Acht«, hatte Lisa beim Abschied gesagt. »Ich hab’s im Fernsehen gesehen. Da unten gibt es welche, die Menschen fressen!«
Ja, dachte George, genau wie in der New Yorker Kanalisation.
George war noch nie in einem richtigen Dschungel gewesen. Er hatte Brücken und Straßen im Bayou von Louisiana und den Everglades in Florida gebaut. Aber Saks behauptete, im Vergleich mit der echten, grünen Urwaldhölle von Französisch-Guyana seien diese Orte so tropisch wie Kanada. Auf sie wartete ein Land mit giftigen Insekten, Pflanzen und Schlangen und mit Spinnen, größer als eine Männerhand. Eine üppige, triefende, dampfende grüne Urwelt, in der sich Cholera und Denguefieber, Malaria und Typhus ungehindert ausbreiten konnten. Man musste vorsichtig sein, hatte Saks gesagt, denn im Dschungel passierten schlimme Sachen. Bremsen legten ihre Eier in jede offene Schnittwunde. Riesige Zecken saugten einem das Blut aus. Parasitische Würmer bohrten sich unter die Haut, und bissige Sandfliegen infizierten einen mit tropischen Geschwüren, die Löcher in den Körper hineinfraßen ... ja, das alles gehörte zum Reiz und mysteriösen Zauber des zentralen Französisch-Guyana.
George drückte seine Zigarette aus, zog Stiefel und Regenjacke an und ging hinaus auf Deck. Der Wind hatte nachgelassen. Und auch wenn das Schiff immer noch krängte, war es längst nicht mehr so schlimm wie vorher. Man konnte sich sogar fast an diese Bewegung gewöhnen. Das Einzige, was ihn wirklich beunruhigte, war die Dunkelheit. Diese enorme Schwärze da draußen. Wenn man in der Stadt lebte, vergaß man nach einer Weile, was Nacht eigentlich bedeutete – dass Nacht wirklich Nacht war, Schwärze, die Abwesenheit von Licht. Und seine Augen konnte man getrost vergessen, denn in einer sternenlosen, mondlosen Nacht auf dem Ozean nützen sie einem nichts.
Ja, George kam jetzt mit dem Rollen des Schiffs besser zurecht. Aber an die Reling zu treten, wagte er trotzdem nicht, aus Angst vor dem nassen schwarzen Abgrund dahinter. Er kam ihm seltsam und gespenstisch vor, wie ein riesiges Massengrab, das sich nie komplett füllte.
Als er an den Kabinen entlangging, überkam es ihn wieder, dieses ungute Gefühl. Die unangenehm nagende Ahnung, dass etwas mit dem Schiff nicht stimmte. Nur ein Gefühl. Und doch griff es mit eiskalten Fingern nach ihm.
Es ist nur die Dunkelheit, sagte er sich, nur die See. Das ist alles.
Und wahrscheinlich stimmte das auch, aber trotzdem gefiel es ihm nicht.
Das Schiff beunruhigte ihn.
Er konnte es an nichts Konkretem festmachen, und doch ... Morse, der Kapitän, schien ein fähiger Mann zu sein. Ebenso die Offiziere und die Besatzung. Einige von ihnen waren Trinker, das wusste er, sie
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