DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)
hatte Saks dann auch noch auf dem Fußboden der Bar einarmige Liegestütze gemacht.
Allmählich ging das Gespräch von allgemeinen Beleidigungen und den sexuellen Gewohnheiten ihrer Mütter zu dem über, was sie in Französisch-Guyana erwartete. Saks hatte zu dem Thema einiges beizusteuern. Er erzählte ihnen von den berüchtigten Strafkolonien, die die Franzosen dort unterhalten hatten, die berühmteste auf der Teufelsinsel. Wie Strafgefangene versuchten, schwimmend von dort zu entkommen, und die meisten ertranken oder von Haien gefressen wurden. Die wenigen, die es bis an die Küste schafften, mussten sich Hunderte von Kilometern durch den Urwald bis zum Grenzfluss Maroni kämpfen, der Französisch-Guyana von Holländisch-Guyana, dem heutigen Surinam, trennte. Und den dreckigen, braunen Fluss zu überqueren, war nicht der leichteste Teil der Flucht.
»Verseucht mit Piranhas«, erzählte Saks. »Die am Fluss stationierten holländischen Soldaten mussten zusehen, wie die Häftlinge direkt vor ihren Augen bis aufs Skelett abgenagt wurden.«
»Erinnert mich bloß daran, auf dem Trockenen zu bleiben!«, murmelte George.
»Bist du schon mal dort gewesen?«, wollte Menhaus wissen.
Saks nahm die Zigarre aus dem Mund und betrachtete das glühende Ende. »Einmal. Vor zehn Jahren. Wir haben eine Brücke über den Mara gebaut. Das ist westlich von unserem Ziel.«
»Wie war’s?«, fragte Fabrini.
»Die Hölle. Wir hockten tief im Dschungel. Überall Sümpfe. Moskitos und Fliegen saßen so dicht auf einem, dass man die eigene Haut nicht sehen konnte. Und über das Mückenzeug, das wir mitgebracht hatten, lachten die nur. Nach einer Weile waren wir so zerstochen, dass wir anfingen, uns Gesichter und Arme mit Schlamm einzuschmieren, so wie die Einheimischen, die wir angeheuert hatten. Aber das hielt nicht die Blutegel fern oder die Schlangen.«
»Schlangen?«, keuchte Soltz. »Ich hasse Schlangen.«
»Er mag keine langen, hängenden Sachen«, feixte Fabrini. »Die erinnern ihn an was, das er nicht hat.«
»Ich reagiere nur empfindlicher auf manche Dinge als andere«, erklärte Soltz, und Fabrini verdrehte die Augen.
Saks ignorierte sie. »Am dritten Tag verloren wir einen Mann durch einen Schlangenbiss. Einen von den Einheimischen. Hatte im Dschungel Holz für Stützen geschlagen. Eine Buschmeisterschlange hat ihn erwischt. Ein fettes Biest, bestimmt drei Meter lang. Kam aus einem Loch im Schlamm und biss den Jungen in den Knöchel. Wir haben ihn mit Gegenserum vollgepumpt. Brachte aber nichts. 20 Minuten später war er tot.«
»Scheiße, Mann«, schnaubte Fabrini. »Davon hast du uns nichts erzählt!«
Die anderen wurden fast so bleich wie Soltz, der nur eine Schattierung dunkler war als frische Schlagsahne.
»Du kannst ja zurückschwimmen«, schlug George vor.
»Im Fluss gab es Wasserschlangen. Ein paar von den Jungs wurden von ihnen gebissen und ziemlich krank, aber das ging vorbei. Nach dem Tod des Jungen waren wir vorsichtig geworden. Jedenfalls glaubten wir das, bis Tommy Johansen ins Gras biss ...« Zum ersten Mal schien sich so etwas Ähnliches wie ein echtes Gefühl in Saks’ Gesicht abzuzeichnen.
»Was ist passiert?«, fragte Menhaus. »Noch eine Schlange?«
»Ein Krokodil. Ich werd’s nie vergessen.« Saks stieß eine große Rauchwolke aus. Die einzigen Geräusche waren jetzt der Wind, die Wellen, die gegen den Bug krachten, und das Brummen der Turbinen unter ihnen. »Ich hab in meinem Leben schon eine Menge Scheiße gesehen. Drüben in Vietnam hatten wir eine Hausschlange. Eine fünf Meter lange Python. Sanft wie ein Kätzchen. Hat uns die Ratten vom Hals gehalten. Und dann hat sie irgendwann das Baby einer Nutte gefressen, die gerade irgendwo Schwänze lutschen war. Ich hab da drüben gesehen, wie ein Vietcong von einem Tiger geschnappt wurde. Wir haben zugeguckt, wie er das kleine Schlitzauge zerfetzte, und jubelten, als es in den Busch gezerrt wurde; der Tiger stand auf unserer Seite. In Paraguay hab ich erlebt, wie ein Jaguar einem Typen das Gesicht zerkratzte. Er war hinterher blind. Ich hab gesehen, wie ein Pitbull in den Amazonas fiel und von Piranhas zu Hackfleisch verarbeitet wurde. Ich hab sogar mal gesehen, wie in Bolivien ein Mex von Bienen zu Tode gestochen wurde. Aber das war alles gar nichts im Vergleich damit, wie es Tommy Johansen erwischt hat.
Tommy und ich waren Freunde. Wir hatten jahrelang in Rio und Salvador Docks gebaut. Richtig dicke Kumpels. Eines Tages, bei diesem scheiß
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