Deadline - Toedliche Wahrheit
wandte ihre Aufmerksamkeit erneut der gewichtigen Aufgabe zu, um ihr verdammtes Leben zu rennen.
Du hast ein Telefon! Denk nach, Shaun!
Es war schwer, sich gleichzeitig aufs Rennen und auf das, was George mir mitteilen wollte, zu konzentrieren. Sie war immer die Schlaue von uns gewesen, und das galt selbst jetzt, wo sie bloß noch ein Geist in meinem Getriebe war. Ich versuchte, mir einen Reim auf ihre Worte zu machen, und fiel fast hin, als die Erkenntnis mich traf.
»Verdammte Kacke noch mal!«, sagte ich, was Becks zu einem weiteren stechenden Blick veranlasste. »Becks, du musst uns ein bisschen Zeit erkaufen. Mach dir keine Gedanken über die Zinsen.«
»Alles klar«, sagte sie. Der Gehorsam siegte über ihre Verwirrung. Sie drehte sich dorthin um, wo das Stöhnen herkam, wobei sie mir nach wie vor durch den Korridor nachlief. Wenn sie stolperte, wäre es aus für sie, aber darüber schien sie sich keine Gedanken zu machen. Mit sicherer Hand nahm sie etwas Kugelförmiges von ihrem Gürtel. Die Bewegung wurde von dem unverkennbaren Geräusch eines Stifts gefolgt, der gezogen wurde, und dann warf sie die Handgranate dorthin, wo das Stöhnen herkam. Noch während sie losließ, wirbelte sie herum und packte mich am Arm. Jetzt war es an ihr, mich den Korridor entlang mitzuzerren, und das tat sie mit bewundernswertem Nachdruck. » Renn! «
Ich rannte.
Etwa sechs Sekunden später explodierte die von Becks geworfene Granate. Die Explosion reichte nicht aus, um einen Flammensturm auszulösen, war aber immerhin groß genug, um den Korridor einen Moment lang mit Licht zu fluten. Ich riskierte einen Blick über die Schulter. Die Wände brannten. Das sollte genügen, um die Infizierten zumindest für ein Weilchen aufzuhalten. »Gib mir Deckung«, sagte ich.
Becks nickte, wurde langsamer, damit ich einen kleinen Vorsprung gewinnen konnte, und hielt dann eine Position etwa anderthalb Meter hinter mir. Ich kam mir vor wie der letzte Arsch, wie ich sie so zwischen mich und die Gefahr stellte, aber ich brauchte etwas Luft. Das war vielleicht das Einzige, was uns retten konnte.
Es war nicht leicht, einen Ohrbügel aus meiner Jackentasche zu kramen, ohne die Taschenlampe fallen zu lassen, insbesondere im vollen Lauf. Irgendwie kriegte ich es hin. Ich setzte mir den Ohrbügel auf, drückte auf Anrufen und blaffte: »Sichere Verbindung, Befehlszeile: ›Hallo, Schatz, ich bin zu Hause‹, mit Alaric Kwong verbinden.«
Das Ohrteil piepte. Einen endlosen Augenblick lang waren nur Schritte, schnelles, erschöpftes Atmen und das entfernte Stöhnen der Infizierten zu hören sowie das heftige Pochen meines überbeanspruchten Herzens. Wir konnten nicht ewig rennen. Früher oder später würde die Rattenfalle zuschnappen, und wenn wir dann am falschen Ort waren …
Das Ohrteil piepte erneut, als Alaric ranging.
»Sichere Verbindung bestätigt, bitte verifiziere deine Identität, sonst lege ich auf.«
»Fick dich, Alaric, ich habe keine Zeit, mir irgendein dummes Codewort zu merken.« Das war gelogen: »Irgendein dummes Codewort« lautete die aktuelle Losung. Wenn der Seuchenschutz mithörte, was wahrscheinlich der Fall war, dann veranlasste sie das vielleicht zu der Annahme, dass unsere Sicherheitsvorkehrungen weniger sorgfältig wären, als es tatsächlich der Fall war. Man durfte zumindest hoffen. »Wir sind hier gerade ein bisschen in Schwierigkeiten. Ist der Doc da?«
»Shaun? Warum atmest du so? Was ist … «
»Ich will, dass du mir auf der Stelle den Doc gibst, Alaric, sonst kriegst du eine verdammte Feldbeförderung! Ist das klar genug, oder muss ich dir Aufnahmen von den Zombies schicken, die uns gerade in den Arsch beißen wollen?«
»Ich hole sie«, sagte Alaric. Es piepte erneut in der Leitung, gefolgt von Stille.
Becks schloss zu mir auf. Schweiß ließ ihre Haut glänzen wie einen neuen Kupferpfennig. »Was machst du da?«
»Die Anlagen der Seuchenschutzbehörde basieren alle auf demselben Grundriss, stimmt’s?« Eine weitere T-Kreuzung kam unmittelbar vor uns in Sicht. Das Licht meiner Taschenlampe genügte gerade so, um uns vorzuwarnen, ehe wir gegen die Wand rannten.
»Stimmt, aber … «
»Entweder der Doc holt uns hier raus, oder wir sind tot, Becks.« Das Stöhnen hinter uns wurde nach wie vor lauter, und die Wand vor uns kam näher. »Renn weiter!«
Es piepte in meinem Kopfhörer, und Kellys ängstliche Stimme verdrängte das Schweigen, als sie fragte: »Shaun? Bist du das wirklich?«
»Wir sitzen
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