Deadline - Toedliche Wahrheit
mir. Sie gab sich alle Mühe, peinlich berührt auszusehen, und das machte sie gar nicht mal so schlecht. Ich hätte es ihr abgenommen, wenn ich die Szene durch eine Überwachungskamera beobachtet hätte und sie nicht so gut gekannt hätte. »Dauert nur eine Minute.«
»Kein Ding. So werde ich beim Warten wenigstens nicht zappelig.« Zögernd warf ich einen Blick Richtung Tür. Etwas an ihr war auf eine seltsame Art und Weise falsch, aber ich wusste einfach nicht, was. Es war so, als wachte man eines Morgens auf und stellte fest, dass man plötzlich eine andere Haarfarbe hat – unmöglich und deshalb zumindest für ein Weilchen nicht zu erkennen.
Schau dir das Licht an , half mir George.
Das Licht über der Tür – das grün hätte sein und damit signalisieren sollen, dass die üblichen Sicherheitsvorkehrungen aktiviert waren und dass die Tür sich auf einen bestandenen Bluttest hin öffnen würde – leuchtete in einem tiefen, beständigen Gelb. Ich deutete mit dem Kopf darauf und sah, wie Becks Blick meiner Bewegung folgte. Sie wurde blass. Ein grünes Licht bedeutet, dass alles in Ordnung ist und alle Systeme funktionieren. Ein rotes Licht bedeutet, dass der Raum abgeriegelt ist: Entweder befindet sich das aktive Virus mit einem im Zimmer oder draußen vor der Tür, wo man in dem Fall sowieso nicht hinwill. Wie dem auch sei, wenn man sich nicht von der Stelle rührt, wird das Problem sich von alleine lösen. Ein gelbes Licht … ich war mir nicht sicher, was ein gelbes Licht zu bedeuten hatte, außer vielleicht: »Diese Tür wurde nicht ordnungsgemäß verschlossen.« Ein Gedanke, der mich schaudern ließ.
Ohne das Testfeld zu beachten, das auf die Berührung meiner Hand wartete, griff ich vorsichtig nach dem Türknauf. Nichts verpasste mir einen Stromschlag oder stach mich. Das Licht leuchtete weiter gelb. Ich zog leicht. Die Tür schwang ebenso leicht nach innen auf. Es ertönte kein Zischen. Die Hydraulik war ausgeschaltet.
»Ich glaube nicht, dass es irgendwo auf diesem Planeten einen Ort gibt, an dem das Gutes verheißt«, sagte Becks. Sie schob sich die Hand unter die Jacke, um sie an den Griff ihrer Pistole zu legen. »Vorschläge?«
»Ich schlage vor, dass wir Direktor Swenson suchen gehen und ihm mitteilen, dass er irgendeine Art von Sicherheitsproblem hat – und damit meine ich nicht zwei Reporter, die frei im Gebäude herumlaufen. Du musst noch ein bisschen mit dem Pinkeln warten.«
»Ich kann’s halten«, sagte Becks todernst.
»Gut.«
Wir verließen das weiß-in-weiße Konferenzzimmer und traten auf den weiß-in-weißen Korridor, von dem wir gekommen waren. Niemand war zu sehen, sodass es mir vorkam, als wären wir die beiden letzten Menschen auf Erden.
Hier stimmt etwas nicht , sagte George.
»Da hast du recht«, brummte ich, zog meine Pistole und entsicherte sie. Becks schaute mich aufmerksam an und wartete darauf zu erfahren, ob ich mit ihr oder mit George gesprochen hatte. Ich deutete den Korridor in die Richtung hinab, aus der wir gekommen waren. »Ich glaube, ich kann uns auf diesem Weg rausbringen. Aber ich würde einen Dollar darauf wetten, dass unser guter Herr Direktor in die andere Richtung verschwunden ist.«
»Dann gehen wir dort entlang«, antwortete Becks und suchte den Korridor vor uns mit Blicken ab. »Sieht aus, als ob die Luft rein ist.«
»Ich glaube, genau das ist das Problem.« Ich setzte mich in Bewegung, wobei ich die Pistole gezückt und nach unten gerichtet hielt. Offiziell darf ich überall, wo ich hingehe, bewaffnet sein, da ich meine Prüfungen bestanden habe und meine Lizenzen immer auf dem neuesten Stand halte. Weniger offiziell bin ich mir nicht sicher, ob es eine gute Idee ist, mit einer Waffe in der Hand in einem Regierungsgebäude herumzulaufen, ob man nun ein Blogger, Gott oder der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist. Das bringt die Leute auf die verrückte Idee, dass man vielleicht schießen will, und danach wird alles sehr schnell sehr unangenehm.
Auf unserem Weg wurde immer klarer, dass hier ganz und gar nichts stimmte. Wir kamen an Laboren, Aufenthaltsräumen und weiteren Spiegelglasfenstern vorbei, hinter denen sich Patientenzimmer befanden. An Pinnwänden, Schildern und sogar an den Toiletten. Was wir nirgendwo antrafen, war jemand, der unsere Papiere sehen wollte und sich erkundigte, warum wir ohne Begleitung herumliefen. Soweit ich sehen konnte, hatte die gesamte Belegschaft der Seuchenschutzbehörde von Portland das Gebäude
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