Deadline - Toedliche Wahrheit
still und leise verlassen. Es hätte bloß noch dumpfe, gruselige Hintergrundmusik gebraucht, um absolut deutlich zu machen, dass wir uns in einer üblen Lage befanden. George wartete schweigend in meinem Kopf und gab keinerlei Kommentare von sich, die mich hätten ablenken können. Das war gut. Ich war ohnehin schon angespannt genug.
»Wir müssten den Direktor bald einholen, wenn er nicht irgendwo abgebogen ist«, sagte ich. »Wenn ja, dann sollten wir lieber hoffen, dass es hier irgendwo einen Notausgang gibt.«
»Pessimismus steht dir nicht.«
»Aber ich bin so gut darin.« Becks folgte mir in etwa einem Meter Abstand und wandte alle paar Schritte den Kopf, um den Korridor mit Blicken abzusuchen. Falls sich etwas auf uns stürzen wollte, blieb ihr genug Zeit, es niederzuschießen, bevor es uns erreichte. »He, hast du mal eines dieser üblen Egoshooter-Spiele gesehen, die vor dem Erwachen so angesagt waren? Die, wo einen die Zombies durch Regierungsgebäude und gruselige alte Häuser und so jagen?«
»Halt die Klappe, Shaun!«
»So fühlt man sich hier. Ein einziges großes Labyrinth, und wir sind die Ratten, die das Pech haben drinzusitzen.« Auf einer Tür weiter vorne war beruhigenderweise ein Notausgangsschild zu sehen, und das Licht darüber leuchtete grün. Ich fing an zu glauben, dass es vielleicht doch eine ganz einfache Erklärung für all das gab, zum Beispiel einen Kurzschluss irgendwo, durch den es nötig geworden war, alle ungesicherten Bereiche schnell und leise zu evakuieren. Der Direktor hatte vielleicht zurückkommen wollen, um uns zu holen.
Ja, und vielleicht konnten Schweine fliegen. Ich klatschte die Hand auf das Testfeld, sobald ich bei der Tür angekommen war. Das kalte Metall reagierte nicht. Keine Nadeln schoben sich heraus, um Blutproben von mir zu nehmen, keine Betäubungsmittel wurden aufgesprüht, um den Stich, der nicht erfolgte, abzumildern. Das Licht über der Tür blieb grün. »Scheiße!«
»Was ist?« Becks trat näher, wobei sie den Korridor weiterhin mit Blicken nach Anzeichen von Bewegung absuchte. »Was macht das Ding?«
»Gar nichts.« Ich nahm die Hand von dem Testfeld. Das Licht über der Tür ging aus. Einen Augenblick später gingen alle Lichter im Korridor aus, und es wurde stockfinster um uns.
Scheiße! , sagte George.
»Ja, sag bloß«, brummte ich und versuchte, die Tür zu öffnen. Wie erwartet war sie abgeschlossen. Der Knauf versetzte mir weder einen Elektroschock, noch spritzte er mir ein Betäubungsmittel in die Hand – beides Standardabwehrmaßnahen bei versiegelten Türen in Regierungsanlagen – , aber das war das einzig Gute, was sich über unsere Lage sagen ließ. Ich kramte in meinen Taschen nach einer Lichtquelle. »Deine Augen könnten wir jetzt wirklich gebrauchen. Bist du schon mit dem Totsein fertig?«
Nein, tut mir leid.
»Shaun?« Links von mir leuchtete ein gelborangefarbenes Licht auf. Becks hatte die Feldtaschenlampe aus ihrem Rucksack geholt und hielt sie zwischen uns in die Höhe. In der anderen Hand hatte sie nach wie vor ihre Pistole. Das war wahrscheinlich sehr vernünftig. »Ich unterbreche euch nur ungern, aber kannst du dich vielleicht ein bisschen auf die Lebenden konzentrieren? Ich würde gerne lange genug weiteratmen, um wegen dieser beschissenen Idee sauer auf dich zu sein.«
»Du hast keine Einwände erhoben.« Meine Fingerspitzen streiften den harten Metallgriff meiner Taschenlampe. Ich zog sie heraus, knipste sie an und richtete sie auf den Boden. Das gelbe Licht von Becks’ Lampe beeinträchtigte die Nachtsicht nicht, aber wir brauchten mehr Licht, wenn wir im Dunkeln nicht stolpern wollten.
»Ich habe nie behauptet, dass ich die Schlaue von uns sei. Ideen?«
»Diese Dinger sind wie Rattenfallen gebaut – man soll immer tiefer hineingeraten, sodass sich die Infizierten leicht abknallen lassen, während die Nichtinfizierten eine marginale Chance haben, sich in Sicherheit zu bringen.« Mit meiner Pistole deutete ich zurück Richtung Konferenzzimmer, während ich die Taschenlampe auf den Boden gerichtet hielt. »Wir gehen hier lang und hoffen, dass wir dabei auf einen Techniker stoßen.«
»Und wenn nicht?«
»Dann hoffen wir, dass wir einen Ausgang finden.«
»Das ist ein Scheißplan.«
»Ich weiß.«
Wir nahmen unseren Weg wieder auf, ich voran und Becks so dicht hinter mir, dass ihre Schultern jedes Mal meine berührten, wenn sie sich umschaute. George war wieder verstummt. Das war gut: So konnte ich mich
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