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Deer Lake 01 - Sünden der Nacht

Deer Lake 01 - Sünden der Nacht

Titel: Deer Lake 01 - Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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    Keiner hatte Fletcher gesehen. Er war verschwunden, genau wie Josh und wie Megan.
    Sie ging nicht ans Telefon, antwortete nicht über ihren Autofunk. Offenbar war sie aus dem Revier spaziert und vom Erdboden verschluckt worden.

    Mitch fuhr durch die Straßen der Stadt und suchte nach einer Spur von Albert Fletcher, dirigierte die Suche nach dem Flüchtling über den Funk seines Explorer. Das Radio krächzte. Standorte von Streifenwagen. Klagen über die Kälte. Frust über eine weitere Sackgasse. Ein Hubschrauber flog langsam über die Dächer von Deer Lake und hielt Ausschau nach dem durchgedrehten Diakon.
    Sündige Tochter Evas. Du kannst dessen versichert sein, daß deine Sünde dich einholen wird.
    Megan hatte Fletcher in St. Elysius aufgesucht. Er war nicht gerade hingerissen gewesen von ihr. Wenn Fletcher wußte, wo Megan wohnte … Sie hätte keinerlei Bedenken gehabt, es mit ihm aufzunehmen.
    Er entdeckte ihren weißen Lumina, der schief am Randstein vor ihrem Haus geparkt war. Die Fahrertür stand offen. Die Vorstellung, daß man sie aus dem Wagen gezerrt hatte, ließ ihn den Weg zu dem großen viktorianischen Bauwerk hochdüsen. Er hastete die Treppe zum zweiten Stock hinauf. Kein Laut drang aus ihrer Wohnung.
    »Megan?« rief er und hämmerte gegen die schwere alte Tür. »Megan, ich bin’s, Mitch! Laß mich rein!«
    Nichts.
    Wenn ihr Auto da ist und sie nicht, wo, zum Teufel, ist sie dann?
    »Megan?« Er klopfte wieder, drehte am Knauf, aber es war abgesperrt.
    »Scheiße«, murmelte er und ging ein paar Schritte zurück. »Du bist zu alt für so was, Holt.«
    Tief einatmend nahm er Anlauf. Gott sei Dank hatte sie den Riegel nicht vorgeschoben. Die Tür gab beim dritten Tritt nach und flog nach innen.
    »Megan?« rief Mitch und versuchte, etwas in der dunklen Wohnung zu erkennen.
    Die Rolläden waren zu. Das bißchen Sonne vom Morgen hatte sich hinter einem dicken Leichentuch von Grau zurückgezogen, so daß die Wohnung in fast nächtliches Zwielicht getaucht war. Es herrschte Kälte, als wäre die Heizung schon eine Weile ausgeschaltet. Mit pochendem Herzen holte Mitch seine Smith & Wesson aus seinem Parka und richtete sie gegen die Decke, dann bewegte er sich wie ein Schatten durch den Irrgarten von Kisten, auf den Zehenspitzen, bereit loszuhechten.
    Sein Zeh stieß gegen einen weggeworfenen Stiefel. »Megan?«

    Megan hielt es für eine Halluzination. Das Hämmern, die Stimme. Sie schwebte zwischen Bewußtlosigkeit und Wachsein, driftete aus der Realität und wieder zurück. Sie war sich nicht sicher, ob das Hämmern nicht aus ihrem Kopf kam, der Schmerz hatte inzwischen eine Dimension außerhalb körperlicher Empfindung erreicht. Er wurde Geräusch und Licht, eine Daseinsform, die mit nichts vergleichbar war.
    »Megan?«
    Aber dies Qual hatte noch nie ihren Namen gerufen. Dessen war sie sich sicher. Das Wort fetzte durch ihr Gehirn, sie wimmerte und versuchte sich die Ohren zuzuhalten.
    »Megan? O mein Gott!«
    Mitch wich einem Stapel Kisten aus und fiel neben ihr auf die Knie. Seine Hand zitterte heftig, als er sie nach ihr ausstreckte.
    »Schätzchen, was ist passiert? Wer hat dir weh getan? War es Fletcher?«
    Megan rollte sich noch mehr zusammen. Aber er packte sie an der Schulter und legte sie auf den Rücken. Die Lampe am Ende der Couch ging an, und sie schrie auf.
    »Was ist denn?« Mitch beugte sich über sie und zog ihre Hände weg, die sie sich vor die Augen halten wollte. »Wo bist du verletzt, Schätzchen?«
    »Migräne«, krächzte sie und kniff die Augen fest zu. »Mach das Scheißlicht aus und verschwinde.«
    Das Licht ging aus, und sie konnte wieder atmen. Zitternd vor Schwäche drehte sie sich erneut auf die Seite und zog ihre Knie an die Brust.
    Mitch hatte noch nie erlebt, daß jemand ohne eine Schuß- oder Stichwunde solche Schmerzen litt. Er hätte sich nie träumen lassen, daß Kopfschmerzen jemanden umhauen konnten.
    »Soll ich dich ins Krankenhaus bringen?«
    »Nein.«
    »Was kann ich tun, Schätzchen«, er beugte sich näher.
    »Hör auf, mich Schätzchen zu nennen und hau ab.« Ihr Stolz wollte nicht, daß er sie so sah – elend, verletzlich.
    »Einen Scheiß werd ich tun«, knurrte Mitch.
    Er raffte sie in seine Arme und stand auf. Megan preßte sich an seine Brust, klammerte sich an eine Handvoll Parka und verkniff es, nicht zu kotzen, als er sie aus dem Wohnzimmer über den Flur trug.

    Behutsam setzte er sie auf ihrem Bett ab, und

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