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Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Titel: Deer Lake 02 - Engel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Ellbogen krachte auf die Zementstufen. Er erwischte den Stahlrohrpfosten, der schräg aus der obersten Stufe aufragte, und hievte sich hoch. Die Stoßstange des Crown Victoria folgte ihm auf den Fersen, Metall schrammte über den Beton der zweiten Stufe.
    Mit kreischenden Reifen und jaulendem Motor schaukelte der Wagen noch einmal rückwärts, knallte wieder gegen den Cherokee, drehte sich etwas zur Seite und schuf somit genug Raum in der Gasse, um nach Norden wegfahren zu können.
    Der Dreckskerl würde fliehen. Wenn die Cops nicht in den nächsten zehn Sekunden auftauchten, würde er entkommen.
    Der Zorn trieb Jay von den Stufen hoch. Er stolperte benommen zu seinem zerbeulten Cherokee, er versuchte zu laufen, hatte aber alle Mühe, überhaupt auf den Beinen zu bleiben. Die Beifahrertür klemmte, sie war ramponiert wie das Gesicht eines zweitklassigen Boxers. Er verlor Sekunden, bis er zur Fahrerseite gestolpert war. Der Crown Victoria fuhr langsam los, zur Straße und in die Freiheit, sein Heck rutschte seitwärts weg, als die Reifen durchdrehten, ehe sie Halt auf der vereisten Straße fanden.
    Laut fluchend versuchte Jay immer wieder den Zündschlüssel ins Schloß zu stecken. In kurzen Abständen verschwammen sekundenlang die Bilder vor seinen Augen. Triff ins Schwarze. Dreh ihn um. Der Motor erwachte brüllend zum Leben. Jay legte den Gang ein und trat aufs Gas. Der Vierradantrieb klinkte ein, und der Truck schoß los, prallte gegen den anderen Wagen, gab ihm damit aber auch den Stoß, den er brauchte, um auf die geräumte Straße zu kommen.
    Der Wagen schlitterte die Seitenstraße in Richtung Westen entlang. Jay steuerte den Cherokee aus der Seitenstraße, das Lenkrad drehte sich zu leicht und zu weit. Der Truck schlingerte, doch Jay brachte ihn wieder auf Kurs und stieg aufs Gas. Die Bremslichter des Crown Vic blitzten zwei Blocks weiter auf, als er nach Süden abdrehte. Der Cherokee nahm dieselbe Abzweigung, krachte gegen einen Kombi, rutschte über die Straße und streifte einen Honda. Das Klirren zerbrochenen Glases begleitete das schrille Kreischen des Metalls.
    Sie bogen rechts in die Mill Road ab. Jay riß das Steuer des Cherokee hart herum, lenkte den Truck um die Kurve, gerade als die Vorderräder über den Randstein sprangen. Der Truck pflügte durch den tiefen Schnee auf dem Gehsteig, verpaßte nur knapp einen Baum und hoppelte dann auf die Straße zurück.
    Der Asphalt ging in Kies über. Die Straßenbeleuchtung endete, und die Samtschwärze der ländlichen Nacht hüllte sie ein, nur ein Stück Mond und die Autoscheinwerfer erhellten die Nacht. Die Straße zerteilte Felder, stieg und fiel mit den Hügeln, dann stürzte sie steil nach unten, wand sich im Tal, das dunkel war von den winterlichen Skeletten eines dichten Laubwaldes.
    Mit jeder Drehung lockerte sich die Lenkung des Cherokee weiter. Mit jeder Kurve und jeder Senke schwamm Jays durchgeschütteltes Gehirn noch verrückter. Zu schnell, dachte er. Außer Kontrolle. Das Prasseln von Kies unter den Reifen klang wie Silvesterkracher. Die Straße war stellenweise vereist, zerfurcht und holprig. Er hatte keine blasse Ahnung, wie man unter solchen Bedingungen fahren mußte. Der Crown Victoria entfernte sich immer weiter, mit jedem Schlagloch wurde der Abstand zwischen ihnen größer.
    Er verschwand hinter einer Kuppe. Jay folgte, sein Fuß trat das Gaspedal durch. Der Cherokee löste sich vom Boden, als die Straße steil abfiel. Es gab keine Möglichkeit mehr, den Truck zu zügeln, die scharfe Kurve zu nehmen.
    Ich bin hin, dachte er, packte das Lenkrad und machte sich auf das Schlimmste gefaßt.
    Der Truck schoß in ein Dickicht, sprang hoch und schleuderte Jay wie eine Lumpenpuppe durch die Fahrerkabine. Die Scheinwerfer blitzten in verrückten Winkeln auf, der Cherokee schlitterte einen Abhang hinunter, pflügte den Schnee zu riesigen Fontänen auf und kam mit einem gewaltigen Ruck zum Stehen, als er seitwärts gegen einen Baumstumpf knallte.
    Jay krachte gegen die verbeulte Beifahrertür, sein Kopf schlug an das geborstene Fenster. Sein Verstand trieb noch weiter weg von seinem Körper, die Verbindung wurde dünn wie ein Haar. Der Kühler des Trucks zischte. Das Licht des Polizeifunkgeräts glühte rot in der Dunkelheit des Fahrerhauses. Das Radio krächzte, fing den Funkspruch des Streifenwagens auf, der endlich am Tatort am Pack Rat eingetroffen war.
    Jays letzter Gedanke war: Du hast es vermasselt, du Idiot.

24
    »Erzählen Sie mir, woran

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