Dein fuer immer
irgendwo in der Menge zu sehen. Glaubst du, es gibt ein Leben nach dem Tod ? Glaubst du, er ist glücklich ?«
Meine Kehle wurde eng, zu rau, um etwas zu sagen. Seit Scott gestorben war, war kein Tag vergangen, an dem ich mir nicht einen kurzen, ruhigen Augenblick genommen hatte, um Dankbarkeit für sein Opfer zum Himmel zu schicken.
»Er sollte hier sein. Nichts würde ich mir mehr wünschen«, sagte Vee mit hängendem Kopf und zupfte an ihren frisch lackierten Nägeln herum.
»Ich mir auch«, sagte ich und drückte ihre Hand.
»Deine Mom hat mir gesagt, Marcie wäre vor ein paar Monaten gestorben ?«
»Sie hat länger gelebt, als zu erwarten gewesen war.«
»Also am Ende doch ein fauler Apfel ?«
»Meine Mom war auf ihrer Beerdigung. Fünf Leute insgesamt, einschließlich ihrer Mutter.«
Vee zuckte gleichgültig die Schultern. »Karma, wie es leibt und lebt.«
Die Eichentür auf der anderen Seite des Raums öffnete sich, und meine Mom steckte den Kopf herein. Sie war vor einer Woche schon herübergeflogen, um zusammen mit Vees Mom die Hochzeit vorzubereiten, und ich glaube, insgeheim schwelgte sie in ihrer Rolle als Hochzeitsplanerin. Sie hatte sich endlich damit abgefunden, dass Patch und ich – eine Kombination, mit der sie sich über die Jahre doch noch angefreundet hatte – unseren Treueschwur unter freiem Himmel geleistet und mit Blut besiegelt hatten und ihr niemals die große weiße Hochzeit liefern würden. Aber das hier war ihre Chance. Darin lag die Ironie des Ganzen. Wer hätte je gedacht, dass Vee einen traditionelleren Pfad einschlagen würde als ich ?
Meine Mom strahlte uns an. »Trocknet eure Augen, meine Lieblinge, es ist gleich so weit.«
Ich machte noch etwas Aufhebens um Vees Knoten, zupfte ein paar mehr Strähnchen heraus, die ihr Gesicht umrahmen sollten, und steckte duftende Stephanotis-Blüten in den Brautkranz. Als ich fertig war, warf Vee die Arme um mich, drückte mich fest und wiegte mich hin und her, und dann hörten wir eine Naht aufplatzen.
»Oh, Mist«, sagte Vee, als sie sich umdrehte, um die aufgeplatzte Naht an ihrem Kleid zu begutachten. »Ich hab’s eine Größe kleiner bestellt, weil ich vorhatte, für die Hochzeit noch fünf Kilo abzunehmen. Ich würde mich zwar nicht als fett bezeichnen, aber ich hätte nichts dagegen, noch ein bisschen von dieser Nephilim-Masse zu verlieren. Das Problem waren nur die vielen Twinkies, die immer im Schrank lagen.«
Ich konnte mich nicht mehr beherrschen und bekam einen Lachanfall.
»Ich seh’s schon kommen, dass ich vor all diesen Leuten zum Altar schreite, und meine Höschen wehen im Wind, und dich kümmert das nicht mal«, sagte Vee, aber sie grinste ebenfalls. Dann holte sie ein Pflaster aus ihrer Tasche und klatschte es auf den Riss im Stoff.
Wir lachten so heftig, dass wir rot anliefen und nach Luft schnappten.
Die Tür ging zum zweiten Mal auf. »Auf die Plätze ! Beeilt euch !«, sagte meine Mutter und schob mich hinaus. Orgelmusik drang aus der Kapelle. Ich schob mich ans Ende der Reihe Brautjungfern, die alle Meerjungfrauenkleider aus Taft trugen, und nahm von Vees Bruder Mike meinen Strauß aus weißen Lilien entgegen. Vee stellte sich an ihren Platz neben mich und holte tief Luft.
»Fertig ?«, fragte ich.
»Und bereit.« Sie zwinkerte mir zu.
Die Helfer, die zu beiden Seiten der massiven, eingravierten Türen standen, zogen sie auf. Arm in Arm schritten Vee und ich in die Kapelle hinein.
Nach der Hochzeit wurden draußen noch Fotos gemacht. Die helle Nachmittagssonne schickte ihr Licht über grüne Weiden mit pittoresk grasenden Schafen in der Ferne. Vee strahlte die ganze Zeit und sah fröhlicher und leuchtender aus, als ich sie je gesehen hatte. Gavin hielt ihre Hand, strich ihr zärtlich über die Wange, flüsterte ihr ins Ohr. Sie hatte mir nicht gesagt, dass er menschlich war, aber ich wusste es sofort. Da Vee niemals Treue geschworen hatte, würden sie zusammen alt werden. Ich wusste nicht genau, wie sie altern würde – oder ich –, da es bisher noch nicht vorgekommen war, dass ein Nephilim ewig lebte, ohne die Treue geschworen zu haben. Aber sie war dennoch unsterblich. Eines Tages würde Gavin sterben, ohne je erfahren zu haben, dass seine Frau ihm nicht in die nächste Welt folgen würde. Ich warf es ihr nicht vor, dass sie ihm das verschwieg; ich bewunderte sie eher dafür, dass sie glückliche Erfahrungen machte, und fertig. Gavin hatte ich erst heute kennengelernt, aber es war nicht zu
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