Dein Glück hat mein Gesicht (Junge Liebe) (German Edition)
Schweigen, sodass Neal erstaunt den Kopf hob.
„Wieso mit dir?“
„Hast du ...?“Sie konnte kaum aussprechen, was sie
befürchtete. „Hast du mich nun nicht mehr lieb?“
Ein kalter Schauer fuhr Neals Rücken entlang und wurde
dann abgelöst von einer enormen Hitze. Mit so einer Frage
hätte er am wenigsten gerechnet.
„Natürlich habe ich dich noch lieb“, sagte er mit
Nachdruck. Er umarmte Francis zärtlich. Und doch stellte
sich automatisch ein Druck in seiner Magengegend ein. War
das denn „normal“, was er für sie empfand? Reichte es nicht
aus, dass ihn die Männerwelt so konfus machte? Er löste
sich von ihr und strich die letzten Tränen von ihrer Wange.
„Ich habe dich sehr lieb“, sagte er. Es klang ernst. „Mehr
als ich sollte.“
Er schluckte trocken. Was er da von sich gab,
erschreckte ihn.
Doch Weiteres konnte und wollte er nicht dazu sagen.
Es war wie eine Flucht vor der Wahrheit, als er sich wieder
erhob und anstrebte, das Zimmer wortlos zu verlassen. Aber
die Gedanken in seinem Kopf waren wirr. Er musste dringend
über einiges nachdenken.
„Versuch zu schlafen“, sagte er noch. „Und mach dir
keine Sorgen.“
Es sollte beruhigend klingen, aber er wusste selbst, dass
er in diesem Augenblick nicht unbedingt überzeugend klang.
Schon am nächsten Morgen war das Thema erneut
präsent. Als Francis am Frühstückstisch erschien, herrschte
dort großer Aufruhr.
„Ich hatte dich darum gebeten, es sein zu lassen“, hörte
man Stephanie schreien.
„Das werde ich sicher nicht tun, nur weil du es willst!”,
entgegnete Neal aufbrausend. Dass er und seine Mutter öfter
Streitigkeiten hatten, war gang und gäbe, doch diesmal klang
die Sache ernst.
„Hör mal zu“, lenkte Frau Anderson ein, dabei sah sie
ihren Sohn intensiv an. „Es ist immer noch unser Haus, in
dem du lebst. Und ich verbiete dir, diese Männer hier mit
herzunehmen. So etwas gehört sich nicht. Es ist anormal.“
Sie machte eine kurze Pause, in der sie tief einatmete. „Ich
will das in meinem Haus nicht haben.“
Francis setzte sich still. Sie brauchte nicht nachfragen.
Sie wusste, dass es erneut um Neals Männerbekanntschaften ging.
„Ich kann ja ausziehen, wenn es dir nicht passt“, sagte
der nun trotzig.
„Streitet euch doch nicht“, fuhr Peter Anderson
dazwischen. Wie immer ergriff er nicht direkt Partei, obwohl
er stets ein gutes Wort für seinen Stiefsohn übrig hatte. „Ich
finde, es ist in Ordnung, wenn Neal diese Neigung hat. Das
solltest du akzeptieren, Steph!“ Er blickte seine Frau an, und
es war nicht das erste Mal, dass er sie um diesen Gefallen
bat. „Und was diese Männer angeht, nun, mir macht es nichts
aus, solange es nicht über die Stränge schlägt.“
Er zwinkerte seinem Sohn zu, und hoffte, das Thema
damit erledigt zu haben, doch seine Frau fuhr daraufhin erst
recht aus der Haut.
„Es schlägt aber über die Stränge!”, stellte sie entrüstet
fest. „Die gehen hier ja ein und aus ... Ich merke das doch.
Auch wenn es nachts ist. Ich höre das!“ Energisch schüttelte
sie den Kopf. „Nein, ich dulde das nicht. Mir kommt kein
Mann dieser Art mehr ins Haus.“
Ebenfalls kopfschüttelnd lehnte Neal sich zurück. Ihm
war es peinlich, dass über sein Intimleben so offen
gesprochen wurde. Trotzdem hatte er es satt, ständig klein
beizugeben.
„Wie kann man nur so spießig sein“, entwich es ihm.
Zum wiederholten Male ärgerte er sich gewaltig darüber,
dass seine Mutter von seiner Leidenschaft erfahren hatte.
Eine lange Zeit hatte er es vor ihr geheim halten können.
Bis vor zwei Jahren. Da hatte sie ihn knutschend und
fummelnd in der Gartenlaube erwischt, und das auch noch
mit einem Jungen aus der Nachbarschaft.
Stephanie war entsetzt gewesen. Ein paar Tage hatte
sie gar nicht mehr mit ihrem Sohn gesprochen. Als sie
schließlich auf ihn zukam, wollte sie, dass er sich
psychologisch behandeln ließe.
Sie kam in keiner Weise damit klar, dass Neal eine
homosexuelle Neigung hatte, und wo sich nur die Möglichkeit
ergab, machte sie es ihm zum Vorwurf.
Unzufrieden drehte Neal seinen Kopf. Er wollte einfach
nur in Ruhe gelassen werden, und als er in Francis’ Gesicht
sah, verschwand seine Wut fast gänzlich.
„Wollen wir los?“
„Du fährst sie nicht zur Schule!“ Stephanies Stimme
drang in seine Ohren. „Du fährst zur Uni, und Francesca
nimmt den Schulbus!“
„Schrei ihn doch nicht so an“, schaltete sich Neals
Schwester schließlich ein. Sie
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