Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus
Einleitung:
Wo der Wahnsinn wütet
Können Sie sich vorstellen, dass ein deutscher Konzern sein Gebäude bei einer Bombendrohung nicht räumen lässt, weil er im Zweifel lieber seine Mitarbeiter in Rauch aufgehen sieht als ein paar Minuten Arbeitszeit? Dass eine Mitarbeiterin im selben Umschlag gleich zwei frohe Botschaften von der Firma erhält, ihre Weihnachtspost und ihre Kündigung? Oder dass ein Chef, eben weil er der Chef ist, seine Flensburger Punkte regelmäÃig an seine Mitarbeiter delegiert?
Halten Sie es für möglich, dass ein Konzern seinen Mitarbeitern Kleidung ohne Hosentaschen verordnet, weil er sie als Diebe sieht? Dass ein Mitarbeiter entlassen wird, weil er eine Chinesin heiratet und nun natürlich als potentieller Spion der GroÃmacht China gilt? Oder dass ein Chef, statt wenigstens einen Killer anzuheuern, diese Rolle gleich selbst übernimmt und mit seinem Auto versucht, eine Betriebsrätin an einem unverdächtigen Ort zu überfahren â dem Firmenparkplatz?
Ãber 2000 Leser-Zuschriften rauschten nach dem ersten Teil von »Ich arbeite in einem Irrenhaus« in mein Mailfach. Die kurioÂsesten, lustigsten, aber auch skandalösesten Fälle habe ich für Sie in diesem Buch versammelt. Und ich darf Ihnen versprechen: Dieser Irrsinn sprengt alle Erwartungen.
Wie viele Menschen sich an ihrem Arbeitsplatz wie in einem Irrenhaus fühlen, beweist der Erfolg des ersten Bandes. Mehr als 20 Auflagen ratterten durch die Druckmaschinen. Noch ein knapÂpes Jahr nach Erscheinen stand der Titel in der Spiegel -Bestsellerliste auf Rang 3. Jeder Mitarbeiter, der dieses Buch kaufte, hat mit den FüÃen abgestimmt â gegen seine Firma! Doch die Irrenhaus-Direktoren haben das Stampfen nicht gehört, sie produzierten fleiÃig neuen Irrsinn. Hier ein paar Kostproben:
»Warum sitzen Sie denn noch so freudestrahlend an der Kasse?«, wird eine Schlecker-Mitarbeiterin am 20. Januar 2012 von einem Kunden gefragt. Als ganz Deutschland schon weiÃ, dass Schlecker in die Insolvenz gehen wird, als jede Radio- und Fernsehstation die Hiobsbotschaft sendet â da haben die Insassen des Irrenhauses noch keine Ahnung davon. Die Presseagenturen wurden vor ihnen informiert. 1 Motto: Sind ja nur die Mitarbeiter â die werden es noch früh genug erfahren!
Aber bestand wirklich Grund zur Sorge? War nicht bekannt, dass Anton Schlecker als eingetragener Kaufmann mit seinem Privatvermögen für die Firma haftete? Und war dieses Vermögen nicht noch in der Reichen-Liste 2011 des Forbes -Magazins auf 3,1 Milliarden US -Dollar geschätzt worden, womit Schlecker als einer der 400 reichsten Menschen dieses Planeten galt? 2
Doch! Nur machte der Irrenhaus-Direktor Schlecker nun auf arme Kirchenmaus. Seinem Milliardenvermögen war angeblich dasselbe Schicksal widerfahren wie 11 000 Arbeitsplätzen in seiner Firma: über Nacht verschwunden.
Oder: Die Deutsche Telekom verhökerte langjährige Kundenservice-Experten per Outsourcing an die Firma Teldas. Die meisten dieser Mitarbeiter hatten um ihre Arbeitsplätze bei der Telekom gekämpft â doch angeblich brauchte man sie dort nicht mehr. Nun saÃen sie auf Schleudersitzen.
2011 flatterte den Abgeschobenen eine Mail ins (neue) Haus, Motto: »Jobs for Friends«. Die Telekom jammerte, wie schwer es sei, qualifiziertes Personal zu finden. Und sie forderte die frisch Entsorgten auf, Freunde und Bekannte für Festanstellungen bei der Telekom zu empfehlen. Das ist so, als würde ein HauseigenÂtümer seine langjährigen Mieter grundlos vor die Tür setzen, um sie dann zu bitten, ihn bei der beschwerlichen Suche nach einem neuen Mieter tatkräftig zu unterstützen â¦
Einer der Angemailten schimpfte im Intranet: »Das ist ja wohl der Gipfel an Frechheit und Kaltblütigkeit. (â¦) Wir stehen im Juli nächsten Jahres auf der StraÃe, und die Telekom schert sich einen Dreck um ihre verkauften Mitarbeiter. Und jetzt wagen Sie es, davon zu sprechen, dass es schwer ist, qualifizierte Mitarbeiter zu finden!«
Zerknirscht antwortete Personalvorstand Martin Seiler, die Aktion »Jobs for Friends« habe »fälschlicherweise« auch die Outsourcing-Partner des Kundenservice der Deutschen Telekom einbezogen. Der Verteiler sei nun »angepasst« und der »Arbeitsfehler behoben« worden.
Als hätte der Irrsinn in diesem
Weitere Kostenlose Bücher