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Dein ist die Rache

Dein ist die Rache

Titel: Dein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mark
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sieht sich um. Beschließt, sich lieber nicht hinzusetzen. Es ist nicht übermäßig dreckig, aber sie fühlt sich wie im Schlafzimmer eines Teenagers und möchte sich nicht versehentlich auf etwas setzen, das sich nicht mit einem feuchten Tuch wegwischen lässt.
    »Worum geht es hier?«
    »Um Ihren Nachbarn«, sagt Pharaoh und schenkt ihm ein strahlendes Lächeln. »Er ist ein bisschen tot.«
    Der Junge wirkt seltsam erleichtert. Zuckt die Achseln. »Der Typ aus 2b?«
    »Simon«, sagt McAvoy. In dem engen Raum bekommt er klaustrophobische Anfälle. Er ist froh, dass der elektrische Heizer aus ist.
    »Sie kannten ihn?«, fragt Pharaoh.
    Der Junge lehnt sich im Sofa zurück. Er hält die Gitarre im Arm, als wäre sie ein Teil von ihm. Sein Ausdruck ist unergründlich, aber nicht unvertraut. McAvoy hat ihn schon oft gesehen. Hat zu viele Jugendliche vernommen, die sich ausschließlich für sich selbst interessieren. Zu vielen Leuten in die Augen gesehen, die sich wirklich um gar nichts scheren.
    »Wie lange wohnen Sie schon hier, Mr …«
    »Woodmansey«, sagt er. »Darren. Seit einem knappen Jahr.«
    »Dann war Simon Ihr Nachbar?«
    Woodmansey stößt ein Grunzen aus. Seufzt wie ein Teenager, wenn er gefragt wird, ob er die Hausaufgaben schon gemacht hat. »Haben wir das nicht schon hinter uns gebracht? Damals, als es passiert ist?«
    »Sie haben schon mit einem Detective gesprochen?«, fragt McAvoy.
    »Detective, keine Ahnung. Ein Cop eben. In Uniform. Ich sagte ihm, dass ich Simon kaum kannte.«
    »Aber Sie wussten, dass er Simon hieß?«
    Darren blickt auf und grübelt mit übertriebener Skepsis nach. »Ja, ich glaube schon. Ich meine, jetzt weiß ich es, nach der Untersuchung und allem. Aber doch, er hatte sich mir vorgestellt.«
    »Was hielten Sie von Mr Appleyard?«, fragt Pharaoh, während sie ans Fenster tritt und die gepflegten Rasenflächen und Hecken betrachtet, die die kleine Häusergruppe umgeben. Sie sieht, wie eine Taube auf ein weggeworfenes Stück Brathuhn einpickt. Fragt sich, ob das als Kannibalismus gilt. Sie dreht sich wieder um. »Sind Sie gut miteinander ausgekommen?«
    Darren lächelt schwach und zupft an den Saiten der Gitarre. »Ich hatte eigentlich gar keine richtige Meinung von ihm«, antwortet er. »Aber es gab keinen Streit. Er war einfach da. Ich war einfach hier. Verstehen Sie? Es ist ein ständiges Kommen und Gehen. Wen kümmert’s?«
    »Waren Sie mal in seiner Wohnung?«, fragt McAvoy. Er muss gegen den Wunsch ankämpfen, den jungen Burschen übers Knie zu legen. Plötzlich fällt ihm ein, dass er seine Dienstmarke gar nicht vorgezeigt hat, und holt das nach, selbst wenn er sich damit nur daran erinnern will, wer er ist und wozu er hier ist.
    »Wie, zum Essen meinen Sie?«, fragt Darren mit einem nicht ganz geglückten Auflachen.
    »Zu irgendwas, mein Schatz«, meint Pharaoh. »Sieht genauso aus wie hier, oder? Gleicher Grundriss?«
    Darren zuckt die Achseln. Scheint nachzudenken. »Ich hab ihm geholfen, einen Miniherd raufzutragen, so einen Monat nach meinem Einzug. Er mühte sich damit ab, als ich heimkam, also hab ich ihm geholfen.«
    »Sehr nachbarschaftlich«, sagt Pharaoh.
    Darren zuckt wieder die Achseln. Es ist eine irritierende Angewohnheit – eine Zurschaustellung von Nonchalance, die McAvoy für unpassend hält. »Er hat mich gesehen. Sprach mich an. Da konnte ich schlecht nein sagen.«
    »Und seine Wohnung? Genauso angelegt wie die hier, ja?«
    »Soweit ich mich erinnere«, antwortet Darren und schlägt einen kompliziert aussehenden Akkord an.
    McAvoy nickt. Geht in die Küche. Betrachtet den Messerhalter, der neben der Spüle an die Wand geschraubt ist. Nach den Fotos vom Tatort und dem Bericht muss es eine Halterung wie diese gewesen sein, an der Simon Appleyard sich erhängte. Band sich einen Strick um den Hals, befestigte das andere Ende hier und ließ sich nach vorne fallen, bis er tot war.
    McAvoy klopft mit den Fingerknöcheln gegen die Gipskartonwand. Fängt Pharaohs Blick auf. Sie nickt und holt einen 20-Pfund-Schein aus ihrer Geldbörse, den sie dem Gitarristen wortlos überreicht. »Tut mir leid«, sagt sie.
    McAvoy packt den Messerhalter und zieht. Nach kurzem Widerstand reißen die Schrauben heraus, und das Ding fällt auf die Abtropffläche: Messer und Kellen klappern geräuschvoll auf den Linoleumboden.
    »Was machen Sie denn da?«, fragt Darren zornig und schockiert. »Das gehört mir nicht. Ich bin nur der Mieter.«
    »Ein bisschen Gips und eine

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