Dein ist die Rache
Bahnen gedacht, aber dass Daniells ihr einen Rat gibt, macht sie übellaunig. »Wir gehen nirgendwohin«, sagt sie.
Der Zweisitzer steht in der Einfahrt zu Alan Rourkes Bungalow. Es ist ein ansehnliches Anwesen mit drei Schlafzimmern und imposanten, doppelverglasten Fenstern, die von protzigen Vorhängen aus Knautschsamt und Spitze eingerahmt sind. Die Türklingel hatte »Are you lonesome tonight?« gespielt, als sie sie drückten. Sie unterhielten sich gerade darüber, dass Alan Rourke zwar hübsch, aber auch geschmacklos wohnte, als die beiden Höllenhunde aus dem hinteren Teil des Gartens geschossen kamen und sie zum Auto zurückjagten.
»Er muss sie doch hören können«, sagt Daniells. »Und die Nachbarn auch.«
Es ist eine ruhige Sackgasse. Ein Dutzend frei stehende Häuser mit gepflegten Gärten und Leyland-Zypressen; Mercedes-Kombis auf gemusterten Einfahrten aus rotem Backstein, Blumenampeln neben Doppeltüren aus Hart-PVC.
»Die sind wahrscheinlich daran gewöhnt«, meint Pharaoh und klappt den Spiegel in der Sonnenblende herunter, um Mascara und Lippenstift zu überprüfen.
Sie hatte die Tiere nicht weiter beachtet, als sie Rourkes Akte las. Dabei war er das letzte Mal mit der Polizei in Berührung gekommen, als seine beiden Hunde ein kleines Kind angriffen, das im Garten der Großmutter Ball spielte. In der Akte stand nichts weiter darüber, außer dass die Anzeige zurückgezogen worden war. Pharaoh konnte nur hoffen, dass der Anreiz dafür finanzieller Art gewesen war und nicht Einschüchterung.
»Na los«, sagt sie mehr zu sich selbst als zu ihrem Untergebenen.
Sie starrt die Haustür an, als wollte sie sie mit reiner Willenskraft dazu bewegen, sich zu öffnen.
»Glauben Sie, er weiß, dass wir von der Polizei sind?«, fragt Daniells.
Pharaoh gestikuliert, soweit es in dem engen, zweisitzigen Sportwagen möglich ist. »Ich wollte eigentlich das Modell mit Blaulicht. Aber das und gleichzeitig den CD-Wechsler konnte ich mir nicht leisten«, sagt sie.
Sie stößt einen Seufzer aus. Fährt das elektrische Fenster einen Spalt herunter.
»Mr Rourke«, ruft sie. »Hier ist Detective Superintendent …« Ihre Worte gehen in einer Kakophonie aus Geknurre und Gebell unter. Speichel schäumt von gelben Zähnen gegen den Wagen.
»Herrgott noch mal!«
Sie legt den Kopf in die Hände. Wünscht sich, McAvoy wäre hier. Sie schätzt DC Daniells als Beamten durchaus, aber er hat die Sozialkompetenz eines begeisterungsfähigen Fünfjährigen. Er ist enthusiastisch und beflissen. Sie hat sich in ihrer Karriere oft genug mit abgehalfterten Zynikern herumschlagen müssen, die sich problemlos selbst davon überzeugen konnten, dass alles, wozu sie keine Lust hatten, auch nicht der Mühe wert war. Daniells dagegen stürzt sich begeistert in todlangweilige Aufgaben und ist sogar dankbar dafür. Als sie ihn bat, sie zu dem Gespräch mit Rourke zu begleiten, hatte er gerade ein paar Pluspunkte eingeheimst. Es war ihm gelungen, einen Gefallen einzufordern und so die forensische Untersuchung der Glasscherben am Tatort des Molotowcocktail-Anschlags zu beschleunigen. Er war so glücklich gewesen, dass sie am liebsten an der nächsten Tankstelle rausgefahren wäre und ihm ein paar Bonbons zur Belohnung gekauft hätte.
Sie muss sich ein Grinsen verkneifen, wenn sie sich den Hünen McAvoy zusammengekrümmt und verkrampft im Beifahrersitz vorstellt. Sie fragt sich, was er tun würde. Wahrscheinlich wäre er erst gar nicht vor den Hunden davongelaufen. Hätte sie in den Schlaf gesummt oder ihnen die Köpfe zusammengeknallt. Leider hat sie es verpasst, ihn mit dem entlaufenen Hengst sprechen zu sehen. Kann verstehen, wie er es geschafft hat, das Tier mit seinen großen Augen und sanften Worten zu beruhigen. Hat seine beinahe nicht von dieser Welt stammende Zartheit und Empathie schon selbst erlebt. Sie ist fast ein bisschen eifersüchtig auf den Gaul. Er hat ihn von seiner besten Seite kennengelernt. Das Tier wusste natürlich nicht, was für ein nerviger Arsch ihr brillanter und hoffnungsloser Sergeant gelegentlich sein kann.
»Eigentlich ein schönes Fleckchen, nicht wahr?«
Sie befinden sich in einem der hübschen Dörfer westlich der Stadt, Hulls Version eines Speckgürtels. Es ist kein Ort, den man mit einem wie Rourke in Verbindung bringen würde.
Sie greift nach hinten auf die Ablage und schnappt sich seine Akte.
Das Polizeifoto zeigt einen mürrischen, stoppelbärtigen Mann Mitte fünfzig, der finster unter einem
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