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Deine Juliet

Deine Juliet

Titel: Deine Juliet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Mary Ann / Barrows Shaffer
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zum Lesen mit nach Hause, danach geben wir sie unseren Nachbarn, die wie wir gierig sind nach Nachrichten von der Außenwelt aus den vergangenen fünf Jahren. Nicht nur allgemeine Nachrichten oder Bilder: Mrs.   Saussey möchte Rezepte, Mme. LePell Modezeitschriften (sie ist Schneiderin), Mr.   Moraud liest Todesanzeigen (er hat so seine Hoffnungen, sagt aber nicht, um wen es geht), Claudia Rainey sucht nach Bildern von Ronald Coleman, Mr.   Turnot möchte Schönheitsköniginnen im Badeanzug sehen, und meine Freundin Isola liest gerne von Hochzeiten.
    Es gibt so vieles, was wir im Krieg wissen wollten, aber uns waren keine Briefe oder Zeitungen aus England – oder sonst wo – erlaubt. 1942 haben die Deutschen alle Radios beschlagnahmt –natürlich wurden welche versteckt und heimlich gehört, aber wenn man dabei erwischt wurde, konnte man ins Lager geschickt werden. Das ist der Grund, warum wir so vieles, von dem wir heute lesen, nicht verstehen.
    Ich amüsiere mich über die Karikaturen aus der Kriegszeit, aber eine verstehe ich nicht. Sie war 1944 in einer Ausgabe von
Punch
und zeigt ungefähr zehn Leute, die über eine Londoner Straße spazieren. Die Hauptfiguren sind zwei Männer mit Melonen, Aktentaschen und Regenschirmen, und der eine sagt zu dem anderen: «Es ist lächerlich zu behaupten, dass die Heuler die Menschen in irgendeiner Weise geschädigt haben.» Ich habe einige Sekunden gebraucht, bis ich merkte, dass alle Personen auf der einen Seite ein normal großes Ohr und auf der anderen ein sehr großes Ohr hatten. Vielleicht können Sie mir das erklären.
     
    Sehr herzlich,
    Dawsey Adams

Juliet an Dawsey Adams
    1.   Februar 1946
    Lieber Mr.   Adams,
    es freut mich sehr, dass Lambs Briefe und die Kopie seines Porträts Ihnen gefallen. Sein Gesicht entspricht genau meinen Vorstellungen von ihm, und daher macht es mich froh, dass es Ihnen ebenso erging.
    Haben Sie vielen Dank für den Bericht über den Schweinebraten, aber glauben Sie nicht, mir wäre entgangen, dass Sie nur auf eine meiner Fragen geantwortet haben. Ich möchte unbedingt mehr über den Club der Guernseyer Freunde von Dichtungund Kartoffelschalenauflauf erfahren, und das nicht nur, um meine bloße Neugierde zu stillen – ich bin von Berufs wegen verpflichtet, meine Nase in anderer Leute Angelegenheiten zu stecken.
    Hatte ich Ihnen schon erzählt, dass ich Schriftstellerin bin? Während des Krieges habe ich eine wöchentliche Kolumne für den
Spectator
verfasst, und dann hat Stephens & Stark die gesammelten Kolumnen in einem Band mit dem Titel
Izzy Bickerstaff zieht in den Krieg
herausgegeben. Izzy war das Pseudonym, das der
Spectator
für mich gewählt hat, aber jetzt ist das arme Ding zum Glück zur Ruhe gebettet worden, und ich kann wieder unter meinem eigenen Namen schreiben. Ich möchte gerne ein Buch schreiben, aber es fällt mir schwer, mir ein Thema einfallen zu lassen, mit dem ich dann auch über mehrere Jahre glücklich bin.
    Mittlerweile hat mich die
Times
gebeten, einen Artikel für die Literaturbeilage zu schreiben. Man möchte den praktischen, moralischen und philosophischen Wert des Lesens behandeln – über drei Ausgaben und von drei verschiedenen Verfassern. Ich soll die philosophische Seite herausarbeiten, aber bislang ist mein einziger Gedanke, dass Lesen einen davor bewahrt zu verblöden. Wie Sie sehen, brauche ich Hilfe.
    Meinen Sie, Ihr Literaturclub hätte etwas dagegen, in so einem Artikel erwähnt zu werden? Die Geschichte von der Gründung Ihres Clubs würde die Leser der
Times
mit Sicherheit interessieren, und ich wüsste liebend gern mehr über Ihre Versammlungen. Aber wenn es Ihnen nicht recht ist, seien Sie bitte unbesorgt, ich werde es so oder so verstehen, und so oder so würde ich gerne wieder von Ihnen hören.
    Ich erinnere mich sehr gut an die
Punch -
Karikatur, die Sie beschrieben haben, und ich denke, es war das Wort Heuler, das Sie irritiert hat. Das war die Bezeichnung, die das Propagandaministerium geprägt hat; es sollte weniger erschreckend klingen als «Hitlers V1- und V 2-Raketen » oder «führerlose Bomben».
    Wir waren alle an nächtliche Bombenangriffe und den Anblickdanach gewöhnt, aber diese Bomben waren anders als alle, die wir vorher gesehen hatten.
    Sie kamen tagsüber, und sie kamen so schnell, dass keine Zeit mehr für Fliegeralarm oder das Aufsuchen von Luftschutzbunkern blieb. Man konnte sie sehen, sie sahen aus wie schmale, schwarze, stumpfe Bleistifte und klangen dumpf und

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