Delete: Thriller (German Edition)
Er grinste.
»Tut mir leid«, sagte er beiläufig. »Ersticken soll ja kein besonders angenehmer Tod sein, aber alles andere wäre zu leicht nachweisbar gewesen. Das verstehen Sie doch, Herr Hauptkommissar, oder?«
Endlich löste Eisenberg sich aus seiner Starre. Er zog die Dienstwaffe aus dem Holster. »Nimm ganz langsam die Hände hoch, du Arschloch!«, sagte er mit bebender Stimme.
Körner dachte nicht daran, der Anweisung Folge zu leisten.
»Du kannst mir nicht drohen, Eisenberg, schon vergessen? Deine Pistole ist ebenso wenig real wie mein Körper. Mach schon, schieß doch! Dann hat diese Farce endlich ein Ende!«
Eisenberg drückte die Arme durch und richtete die Mündung der Waffe genau auf Körners Kopf.
»Warum?«, fragte er.
»Warum? Du willst wissen, warum ich deinen Vater umgebracht habe? Ich werde es dir sagen, Eisenberg: Ich habe Richter nie gemocht. Diese selbstgerechte, arrogante Art, mit der sie über das Schicksal anderer Menschen entscheiden, hat mich zu sehr an die Admins erinnert.«
Eisenberg zwang sich, tief Luft zu holen. Seine Hände zitterten, doch der Mörder seines Vaters war so nah, dass er ihn selbst sturztrunken nicht verfehlt hätte. Körner machte einen Schritt auf ihn zu. Mit seinen geschminkten Lippen, der schwarzen Perücke, dem dunkelgrauen Rock und der Handtasche sah er aus wie ein schlechter Schauspieler in einer drittklassigen Verwechselungskomödie.
»Was ist?«, fragte er, die Stimme voller Häme. »Hast du nicht mal den Mumm abzudrücken und den Tod deines Vaters zu rächen? Hast du etwa Angst? Angst, man könnte dich dafür belangen? Jeder wird dir zugestehen, dass du in Notwehr gehandelt hast! Schließlich kannst du davon ausgehen, dass ich bewaffnet bin!« Ein weiterer Schritt in Eisenbergs Richtung. »Worauf wartest du? Drück endlich ab!«
»Bleib stehen und nimm die Hände über den Kopf!«
Körner ignorierte ihn und machte noch einen Schritt. Er war jetzt nur noch zwei Meter entfernt.
»Was würde wohl dein Vater sagen, wenn er dich so sehen könnte, das jämmerliche Weichei, das du bist?« Er sah sich demonstrativ um. »Aber wer weiß, vielleicht steht er ja jetzt gerade vor einem Monitor und sieht uns zu. Lächle doch mal in die Kamera!« Er winkte. »Hallo Papa Eisenberg!«
Eisenberg ließ die Waffe sinken.
»Du willst wissen, was er sagen würde? Er wäre stolz darauf, dass ich mich an das Gesetz halte. Zugriff!«
Vier Nahkampfspezialisten des LKA Berlin, einer davon Jaap Klausen, sprangen aus ihren Verstecken in den umliegenden Gebüschen. Statt der schweren Schutzanzüge, die normalerweise von Spezialeinsatzkommandos getragen wurden, hatten sie nur leichte Tarnoveralls an. Körner stieß einen erschrockenen Schrei aus. Er versuchte, zu fliehen, und rannte dabei genau in den Weg von Klausen, der ihn mit einem gezielten Tritt zu Fall brachte.
Sekundenbruchteile später lag er fluchend, strampelnd und fluchtunfähig am Boden. Klausen fesselte Hände und Knie mit geübten Griffen. Er hatte großen Wert darauf gelegt, an diesem Einsatz teilzunehmen. »Alle anderen haben etwas dazu beigetragen, dass wir diesen Mistkerl kriegen, nur ich nicht«, hatte er gesagt. »Ich komme mir schon die ganze Zeit vollkommen überflüssig vor.« Eisenberg hatte zugestimmt.
»Sie sind vorläufig festgenommen«, sagte Eisenberg. »Ihnen wird vorgeworfen, fünf Menschen umgebracht zu haben, darunter meinen Vater.«
»Warum hast du nicht geschossen?«, schrie Körner immer wieder. »Warum zum Teufel hast du nicht geschossen?«
»Bringen Sie ihn weg«, sagte Eisenberg zu einem der anderen Beamten.
Eine Gruppe von Menschen eilte herbei, die in einer nahe gelegenen Kapelle gewartet hatten: Udo Pape, Claudia Morani, ein Notarzt und der Leiter des Einsatzteams.
»Sie hatten recht«, sagte Eisenberg zu der Psychologin. »Er wollte, dass ich ihn töte.«
»Ich weiß nicht, ob ich an deiner Stelle nicht genau das getan hätte«, meinte Pape. »Dieser unglaubliche Zynismus, mit dem dieses Schwein den Tod deines Vaters auch noch aufgezeichnet hat!«
»Die meisten Menschen in Ihrer Situation wären allein hergekommen und hätten Körner erschossen«, meinte Morani. »Der Racheimpuls ist eine der stärksten Triebfedern menschlichen Handelns. Es muss sie enorme Kraft gekostet haben, ihn zu unterdrücken.«
Eisenberg schüttelte den Kopf.
»So schwierig war das nicht.« Er deutete auf das Grab. »Ich hatte schließlich Hilfe. Mein Vater hätte Selbstjustiz niemals geduldet.
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