Delia 1 - Delia, die weisse Indianerin
die beiden“, schluchzte sie. „Schick mich nicht fort, bitte, nicht! Ich hab’ dich doch lieb, so lieb! Und ich verspreche dir ganz fest, ich werde mich bessern!“
Madame Körner strich sanft über die zerzausten Locken ihrer Jüngsten. „Ich dich doch auch, mein Kleines“, sagte sie sanft. „Ich will nur das Beste für dich, das musst du mir glauben!“
„Dann lass mich hier, lass mich bei dir bleiben!“
„Das geht nicht, mein Liebling“, erklärte die Mutter. „Glaube mir! Wir leben in einer kleinen Stadt und in einem kleinen Land! Schon morgen wird jeder hier wissen, dass du den Hund auf Wachtmeister Schmittke gehetzt hast ...“
„Aber das habe ich doch gar nicht getan, Mama! Der Professor hat den Wachtmeister ganz von selbst gebissen!“
„Das macht die Sache nicht besser. Jeder wird dem Wachtmeister glauben und nicht dir. Kein gut erzogenes Kind wird mehr mit dir spielen dürfen! Denk nur daran, wie schwer es für uns alle war, als Vater fliehen musste. Niemand wollte mehr etwas mit uns zu tun haben. Wir haben uns viel Mühe geben müssen, zu beweisen, dass wir anders denken als Papa, dass wir gute Untertanen des Fürsten sind. Nach dem, was heute Nachmittag passiert ist, fürchte ich, wird alles wieder von vorn beginnen!“
„Ich habe nichts Böses getan, und ich habe auch keine Angst – vor nichts und vor niemandem!“
„Darauf würde ich nicht so stolz sein, Delia“, sagte die Mutter. „Mut ist keine Tugend für ein Mädchen. Bescheidenheit, Anmut und Zartgefühl ständen dir besser zu Gesicht. Ein Mann darf versuchen, gegen die bestehende Ordnung zu revoltieren und seinen Kopf durchzusetzen. Ein Mädchen niemals. Du musst lernen, dich zu fügen und dich anzupassen. Ich habe nicht die Kraft, dich zu erziehen, Delia. Deshalb, und nur deshalb, schicke ich dich zu Madame Pützmeier nach Hannover!“
„Aber ich will nicht fort“, schrie Delia. „Ich will nicht, ich will nicht!“
„Was für böse, ungezogene Worte und welch schlimmes Benehmen!“ sagte die Mutter. „Ich sehe, es ist höchste Zeit, dass du endlich Anstand und gute Sitten lernst!“
Als sie Delias verzweifeltes, tränenüberströmtes Gesicht sah, wurde sie wieder weich.
„Madame Pützmeier ist eine sehr liebe alte Dame“, sagte sie tröstend. „Du wirst dich bestimmt wohl bei ihr fühlen. Sie leitet ein kleines Pensionat, in dem lauter reizende, wohlerzogene Mädchen sind, deren Gesellschaft dir guttun wird. Sei nicht traurig, mein Liebling! Du wirst ja nicht zur Strafe fortgeschickt, sondern nur, weil ich ganz sicher weiß, dass du dich in Hannover wohl fühlen wirst!“
„Ihr wollt mich los sein!“ rief Delia außer sich.
„So böse Worte will ich nicht mehr von dir hören, Delia! Geh jetzt zu Bett; es ist spät genug für dich. Wenn du die Sache erst einmal überschlafen hast, wirst du alles besser verstehen. Glaub’ mir, morgen früh sieht schon alles ganz anders aus!“
Aber Delia dachte nicht daran, das Zimmer zu verlassen. Sie richtete sich auf und schluckte mühsam ihre Tränen hinunter. „Wenn du mich schon loshaben willst, Mama“, sagte sie, „warum lässt du mich dann nicht mit Tante Ruth und Onkel Johannes auswandern?“
„Davon weißt du schon?“ fragte die Mutter erstaunt.
„Ja, ich war heute Nachmittag bei ihnen.“
„Dann wirst du auch wissen, wie traurig Tante Ruth und Babette darüber sind, dass sie die Heimat verlassen müssen. In die Fremde, mein Kind, zieht man nur, wenn man keine andere Wahl hat.“
„Ob ich nun in Hannover bei Madame Pützmeier oder mit Tante und Onkel in Amerika bin, das kommt für euch doch auf das Gleiche heraus.“
„Durchaus nicht, mein Kind. Bei Madame Pützmeier weiß ich dich in guter Obhut. In Amerika würdest du aber nur noch mehr verwildern.“
„Onkel Johannes würde mich aber gern mitnehmen, und in Amerika ...“ Delia schluckte schwer, um die Fassung zu bewahren, „... in Amerika könnte ich doch auch Vater wiederfinden!“
Die Mutter lächelte unerwartet. „Närrchen“, sagte sie, „was in deinem törichten, kleinen Kopf alles vorgeht! Du weißt ja noch nichts von der Welt ... Du kannst dir nicht einmal vorstellen, wie riesengroß Amerika ist. Komm her, gib mir einen Kuss, ich bin dir nicht mehr böse! Aber dann: Husch ins Bett!“
Delia spürte, dass kein Bitten und kein Betteln jetzt helfen konnte. Trotzdem musste sie noch eine letzte Frage stellen: „Und mein Mops? Darf ich den wenigstens mitnehmen?“
„Der Mops bleibt
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