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Delia 1 - Delia, die weisse Indianerin

Delia 1 - Delia, die weisse Indianerin

Titel: Delia 1 - Delia, die weisse Indianerin
Autoren: Marie Louise Fischer
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geliehen, und jetzt zeigte es sich, dass ihre Klavierübungen bei Mademoiselle Müller doch nützlich gewesen waren. Sie lernte rasch, alle möglichen Melodien auf der kleinen Mundorgel zu spielen.
    Glanzpunkt dieser Vorführungen war und wurde immer mehr der Professor, der, mit einem knallroten Jäckchen bekleidet, einen himmelblauen Zylinder auf dem runden, schwarzen Kopf, so komisch anzuschauen war, dass alle Kinder schon lachten, wenn sie ihn nur sahen. Aber er war ein Künstler mit Launen. Mal zeigte er von sich aus die tollsten und überraschendsten Kunststücke, und an anderen Tagen mochte er einfach nicht. Dann stellte er sich dumm, streckte sich mitten in der Arena aus, legte den Kopf auf die Pfoten und blinzelte schlau, während der Spitz allein die Vorführung bestritt.
    „Ach, Professor“, sagte Delia einmal, als er wieder seinen ganz faulen Tag gehabt hatte. „Was soll nur aus dir werden?“
    Der Mops legte den Kopf auf die Seite, öffnete sein Mäulchen weit und streckte die Zunge heraus.
    „Lach mich nicht aus“, sagte Delia streng. „Ich mache mir ernsthafte Sorgen um dich!“
    Und das tat sie wirklich. Was sollte aus dem Mops werden, wenn sie nach Amerika fuhr? Sie konnte ihn nicht mitnehmen, das war klar. Sollte sie ihn, wenn sie erst in Hamburg war, mit der Post nach Hause schicken? Ihre Schwestern hatten ihn nie gemocht; wer weiß, wie sie ihn behandeln würden! Nein, da war es noch immer besser, er blieb beim Zirkus. Katinka, Kaspar und Onkel Beppo würden bestimmt gut für ihn sorgen. Trotzdem – Delias Herz brach fast, wenn sie an den Abschied von ihrem geliebten Professor dachte.
    Katinka versuchte nach Kräften, sie zu trösten. „Warum musst du überhaupt in dieses blöde Amerika?“ fragte sie.
    Es war die letzte Nacht vor ihrer Ankunft in Hamburg. Die beiden Mädchen hatten sich zusammen in eines der schmalen Betten gekuschelt und wisperten miteinander, während die anderen schon schliefen.
    „Bleib doch bei uns!“ bat Katinka. „Du wirst uns allen so fehlen ... nicht nur dem Professor!“
    Delia lag ganz still und dachte nach. Katinkas Angebot war verlockend.
    „Oder magst du uns nicht?“ fragte Katinka. „Wenn du bleibst, gebe ich dir auch dein schönes kariertes Kleid zurück ...“ Das war ein wirkliches Opfer, und Katinka seufzte unwillkürlich, als sie es anbot.
    „Nein, nein, das ist es nicht“, sagte Delia. „Ich habe euch alle sehr lieb, und das Kleid will ich gar nicht mehr haben, nur – ich muss doch meinen Vater suchen!“
    „Warum?“ fragte Katinka. „Er ist ein erwachsener Mann! Vielleicht will er sich gar nicht finden lassen!“
    „Nein“, sagte Delia. „Das ist nicht wahr! Er ... er hat uns bestimmt nicht vergessen!“
    „Aber dann ...“
    „Ich weiß es nicht, Katinka, ich weiß es wirklich nicht! Ich denke Tag und Nacht darüber nach. Vielleicht ist er gefangen, von den Indianern!“
    Katinkas grüne Augen wurden groß. „Und du willst ihn befreien?“
    „Ja“, sagte Delia so ruhig, als wäre das die einfachste Sache der Welt.
    Katinka gab es auf, Delia ihr Vorhaben auszureden. „Es wird schrecklich für mich sein“, sagte sie. „Ich habe noch nie eine richtige Freundin gehabt außer dir. Jetzt werde ich wieder ganz allein sein!“
    „Du hast doch meinen Professor!“ sagte Delia.
    „Ich werde gut für ihn sorgen“, versprach Katinka noch einmal. „Ich werde nie zulassen, dass jemand ihn ärgert!“
    Die beiden Mädchen versuchten, sich gegenseitig zu trösten, aber ihre Herzen waren schwer vor Kummer.
    Am nächsten Morgen war der Professor krank. Er hatte sich unter das Bett versteckt und zitterte am ganzen Leib. Als es Delia endlich gelang, ihn hervor und ins Freie zu locken, musste sie feststellen, dass er hinkte. Er lief nur noch auf drei Beinen; das vordere Pfötchen hielt er krampfhaft in die Luft. Damit nicht genug, er hustete, und sein Bellen klang ganz hoch und heiser, sodass es Delia geradezu durch Mark und Bein fuhr.
    Sie hob ihn hoch, streichelte ihn, ganz außer sich vor Sorge und Zärtlichkeit. Ihr Mops war krank – gerade jetzt, wo sie sich von ihm trennen musste! Das war schrecklich, wirklich zu schrecklich!
    „Zeig ihn Onkel Beppo“, riet Katinka. „Der versteht sich auf kranke Tiere!“
    Delia befolgte diesen Rat.
    Onkel Beppo war gerade damit beschäftigt, einer Gruppe von Zirkusleuten Anweisungen zu geben, die in ihren Kostümen durch die Stadt laufen und die Besucher herbeilocken sollten, denn in Hamburg wollte
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