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Delia 1 - Delia, die weisse Indianerin

Delia 1 - Delia, die weisse Indianerin

Titel: Delia 1 - Delia, die weisse Indianerin
Autoren: Marie Louise Fischer
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der Zirkus vierzehn Tage bleiben, und es war wichtig, dass das große Zelt jeden Nachmittag und jeden Abend voll war. Aber für ein krankes Tier hatte er immer Zeit.
    Er untersuchte den wimmernden Mops gründlich, betastete das lahme Beinchen, untersuchte sein Mäulchen, die Augen und die Ohren. Delia stand atemlos und ängstlich daneben.
    Endlich setzte Onkel Beppo den Mops zu Boden.
    „Was hat er?“ fragte Delia.
    „Nichts“, sagte Onkel Beppo und lachte.
    „Aber er lahmt doch! Und er hustet, und sein Bellen …“
    „Alles Theater“, erklärte Onkel Beppo.
    „Nein!“
    „Doch, das ist ein schlauer Kerl, dein Professor! Er hat bestimmt gemerkt, dass ihr uns heute verlassen wollt. Und deshalb macht er Theater, weil er nicht fort will vom Zirkus!“
    „Aber ... ich möchte ihn doch bei euch lassen!“
    „So? Na, das hat er eben doch nicht ganz begriffen!“
    „Bist du sicher, Onkel Beppo?“ fragte Delia. „Bist du ganz sicher, dass er nicht wirklich krank ist? Schwöre es mir!“
    „Du weißt, ich verstehe etwas von Tieren, habe es in einem langen Leben gelernt – gesünder könnte er gar nicht sein!“
    Delia blickte auf ihren Mops, der sie aus seinen großen Kugelaugen erbarmungswürdig ansah. Es war ihr ganz elend zumute. Aber wenn man sich zwischen einem Mops, der nur Theater spielt, und einem Vater, der vielleicht von den Indianern gefangen worden ist, entscheiden muss, dann hat man keine Wahl.
    „Nimm dich zusammen, Professor!“ sagte Delia streng. „Schau mich nicht so an, als ob ich dir etwas tun wollte! Du bist ganz allein schuld daran, dass es so gekommen ist! Warum bist du von zu Hause ausgerissen? Bei Madame Pützmeier hätte ich dich auch nicht behalten dürfen. Wir hätten uns also so und so trennen müssen! Hör auf, mir das Herz schwer zu machen!“
    Als Antwort stieß der Mops sein entsetzliches, hohes, heiseres Husten aus und wackelte, eine klägliche Figur auf drei Beinen, mit hängendem Schwanz davon.
    Katinka lachte, als sie von dem Ergebnis der Untersuchung erfuhr. „Na, so ein Komödiant!“ sagte sie. „Siehst du, er gehört nirgends anders hin als in einen Zirkus!“ Sie versprach, ihn am Abend einzusperren.
    Bei der ersten Vorstellung in Hamburg war Delia noch einmal dabei, ohne ihren Professor, der weiterhin hartnäckig den Kranken spielte. Dann war die Stunde der Trennung gekommen. Delia musste all den Menschen Lebewohl sagen, die ihr in den letzten Tagen so ans Herz gewachsen waren: Tante Lisa und Onkel Beppo, die natürlich nicht ahnten, dass sie weiterfahren wollte bis nach Amerika, und auch Kaspar und Katinka. Zum Glück sind Zirkusleute das Abschiednehmen gewohnt, und so ging es ohne Tränen und ohne Klagen ab.
    Katinka hatte ihr eine Jungenausrüstung besorgt, dazu eine Art Reisetasche, in der Delia ihre wenigen Habseligkeiten verstaut hatte. Katinka hatte der Freundin auch ein ledernes Beutelchen benäht, in dem sie ihre Goldstücke und ihre Papiere verstauen und das sie an einer Schnur um den Hals unter dem Kittel tragen konnte.
    Eines der Goldstücke ging für die Beförderung des Briefes an die Frau Körner nach Schönau drauf, die Katinka zu übernehmen versprochen hatte. Sie wollte diesen Brief, in dem Delia der Mutter alles erklärt hatte, am nächsten Morgen einem Postillion mitgeben.
    Es war Nacht, als Delia den Zirkus verließ und sich auf den Weg zum Hamburger Hafen machte. Sie schritt tapfer aus, aber zum ersten Mal, seit sie die Heimat verlassen hatte, war sie nahe daran, den Mut zu verlieren. Sie fühlte sich so mutterseelenallein.
    Wenn sie jetzt wenigstens gleich Onkel Johannes und Tante Ruth hätte suchen können! Aber das durfte sie nicht riskieren, denn die beiden hätten sie bestimmt sofort nach Hause zurückgeschickt oder in die nächste Kutsche nach Hannover gesetzt.
    Der Himmel war klar, die Sterne schimmerten tröstlich. Aber Delia musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht in Tränen auszubrechen.
    Da hörte sie rasche Schritte hinter sich auf dem holprigen Pflaster. „He, du!“ hörte sie eine raue Jungenstimme rufen.
    Sie erkannte sie sofort und drehte sich um – es war Kaspar!
    Sie schluckte, um ihre Stimme freizubekommen. „Ist etwas mit dem Professor?“
    „Ach wo. Der schläft.“ Kaspar zögerte, dann fügte er mit gespielt gleichgültiger Stimme hinzu: „Ich dachte nur, es ist besser, wenn ich dich begleite! Allein schaffst du es ja doch nicht!“
    Delia wäre Kaspar am liebsten vor Dankbarkeit um den Hals gefallen. Aber
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