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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Hunger?«
    »Sehr!«
    »Könntest Du Brod, Licht und Feuerzeug verstecken?«
    »Ja. Ich grabe mit den Händen ein Loch in die Erde.«
    »Hier hast Du meinen Dolch dazu. Es ist für alle Fälle gut, wenn Du eine Waffe hast. Aber sie ist mir kostbar; laß sie nicht entdeckt werden!«
    Er griff hastig zu und drückte sie an die Lippen.
    »Herr, Allah mag Dir das in Deiner Todesstunde gedenken! Nun habe ich eine Waffe; nun werde ich frei sein, auch wenn Ihr nicht kommen könnt!«
    »Wir werden kommen. Unternimm ja nichts Vorschnelles; das könnte Dich und Deinen Vater in große Gefahr versetzen.«
    »Ich werde eine ganze Woche warten. Seid Ihr dann noch nicht gekommen, so handle ich selbst.«
    »Gut! Wenn es geht, werde ich Dir noch diese Nacht Speise, Licht und Feuerzeug durch das Fenster bringen. Vielleicht können wir auch mit einander sprechen. Wenn es ohne Gefahr geschehen kann, sollst Du die Stimme Deines Vaters hören. Jetzt, lebe wohl; ich muß gehen!«
    »Herr, reiche mir Deine Hand!«
    Ich hielt sie ihm entgegen. Er drückte sie mit beiden Händen, daß es mich schmerzte.
    »Allah segne diese Hand, so lange sie sich bewegt, und wenn sie sich zum Todesschlaf gefaltet hat, so möge Dein Geist sich im Paradiese freuen der Stunde, in welcher Du mein Engel wurdest! Jetzt gehe, damit Dir nichts widerfahre!«
    Ich verschloß das Gefängniß und begab mich leise zum Agha zurück. Er schlief und schnarchte noch immer, und ich setzte mich nieder. So saß ich wohl eine ganze Stunde lang, bis ich Schritte vernahm, welche vor der Hausthüre halten blieben. Schnell zog ich die bisher offene Thüre zu und rüttelte den Agha munter. Es war dies keine leichte Arbeit, besonders da sie schnell geschehen mußte. Ich stellte ihn aufrecht empor. Er starrte mich verwundert an.
    »Du, Emir? Wo sind wir?«
    »Im Gefängnisse. Raffe Dich zusammen!«
    Er schaute sich verdutzt um.
    »Im Gefängnisse? Ah! Wie kommen wir hierher?«
    »Denke an den Juden und an die Arznei; denke auch an den Sergeant, den wir überraschen wollen!«
    »Den Serg – – – Maschallah, jetzt weiß ich es! Ich habe geschlafen. Wo ist er? Ist er noch nicht da?«
    »Sprich leiser! Hörst Du? Sie stehen noch unter der Thüre und reden mit einander. Reibe Dir den Schlaf aus dem Gesichte!«
    Der gute Selim sah sehr jämmerlich aus; aber er hatte wenigstens die Besinnung wieder gefunden und vermochte ohne Schwanken aufrecht zu stehen. Und jetzt, als die Thüre verschlossen wurde, nahm er die Lampe in die Hand, stieß unsere Thüre auf und trat in den Gang hinaus. Ich folgte ihm. Die Übeltäter blieben erschrocken stehen, während er auf sie zuschritt.
    »Wo kommt Ihr her, Ihr Hunde?« fuhr er sie an.
    Seine Stimme klang wie Donner in dem langen, schmalen Raum.
    »Vom Kawedschi,« antwortete der Sergeant nach einigem Zögern.
    »Vom Kawedschi! Während Ihr hier wachen sollt! Wer hat Euch die Erlaubniß ertheilt, fortzugehen?«
    »Niemand!«
    Die Leute zitterten vor Angst; sie dauerten mich. Ihre Nachlässigkeit war mir ja von so großem Vortheile gewesen. Trotz des kleinen Flämmchens sah ich, wie schrecklich der Agha seine Augen rollen ließ. Die Spitzen seines Bartes bebten, und seine Hand ballte sich vor Wuth. Aber er mochte bemerken, daß er denn doch noch nicht ganz fest auf den Füßen stehe, und daher besann er sich eines Besseren.
    »Morgen erhaltet Ihr Eure Strafe!«
    Er setzte die Lampe auf eine der Treppenstufen und wandte sich zu mir:
    »Oder meinst Du vielleicht, Emir, daß ich gleich jetzt das Urtheil fälle? Willst Du haben, daß ich den Einen durch die Andern auspeitschen lasse?«
    »Verschiebe ihre Züchtigung bis morgen, Selim Agha! Sie kann ihnen ja nicht entgehen.«
    »Ich thue Deinen Willen. Komm!«
    Er öffnete die Thüre und verschloß sie von draußen wieder.
    Wir gingen nach Hause, wo uns die ›Myrte‹ erwartete.
    »Warest Du so lange beim Mutesselim?« frug sie ihn argwöhnisch.
    »Mersinah,« antwortete er, »ich sage Dir, daß wir eingeladen wurden, bis zum frühen Morgen zu bleiben; aber ich wußte Dich allein zu Hause und habe darum die Gastfreundlichkeit des Commandanten abgeschlagen. Ich will nicht haben, daß Dir die Russen den Kopf abschneiden. Es gibt Krieg!«
    Sie schlug erschrocken die Hände zusammen.
    »Krieg? Zwischen wem denn?«
    »Zwischen den Türken, Russen, Persern, Arabern und Kurden. Die Russen stehen bereits mit hunderttausend Mann und dreitausend Kanonen vier Stunden von hier in Serahru.«
    »O Allah! Ich sterbe; ich

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