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0796 - Larissas blutiger Weg

0796 - Larissas blutiger Weg

Titel: 0796 - Larissas blutiger Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Sie stand vor der jungen Frau. Den Körper gebeugt, das Gesicht ein Muster aus Falten und Runzeln, aus dem nur die beiden Augen klar wie zwei Bergseen hervorschauten. Ein dunkles Tuch bedeckte den größten Teil des Kopfes und hatte auch das längst weiß gewordene Haar verschwinden lassen. Die schmalen Lippen bewegten sich kaum wenn sie sprach, doch fast bei jedem Atemholen zuckte die Haut am Hals.
    Larissa genoss den langen Augenblick der Ruhe und Entspannung. Sie war vor dem Herkommen sehr unruhig gewesen, das war nun verschwunden. Es war so geworden wie immer. Sie hatten sich voll und ganz den Kräften der Hexenmeisterin hingegeben, und durch ihren Körper strömte das gute Gefühl wie eine wohlige Wärme.
    »Ja, lass es dir gut gehen, kleine Larissa. Noch einmal sollst du den Schutz deiner alten Freundin finden. Bald werde ich dir persönlich nicht mehr helfen können, und ich weiß auch, dass ich dich von deinem Entschluss nicht mehr abbringen kann. Du willst das Land verlassen, der Umbruch ist gekommen, auch du kannst reisen. Für mich ist es zu spät, denn einen alten Baum verpflanzt man nicht. Nutze es aus, Larissa, sieh dir die Welt außerhalb von Mütterchen Russland an, und du wirst erkennen, wie schön sie ist.«
    »Ja, das werde ich«, bestätigte Larissa nickend.
    »Aber denke auch an die Gefahren, die auf Schönheiten, wie du es eine bist, lauern. Vergiss es niemals, meine Teure. Sehr oft verstecken sie sich in verborgenen Ecken und Winkeln. Sie trauen sich plötzlich hervor, und du wirst ihnen dann kaum entgehen können. Sie sind auch wie ein süßes Gift, das zuerst schmeckt, dir später jedoch bitter aufstoßen und dich ins Verderben führen kann. Das alles solltest du behalten und dich dementsprechend vorsehen.«
    »Ich verspreche es dir, Mamutschka.« Larissa nannte die alte Frau immer nur Mamutschka. Ihren richtigen Namen kannte sie nicht, sie wollte ihn auch nicht wissen.
    »Das ist gut, sogar sehr gut«, flüsterte die Kräuterhexe, »aber es kann zu wenig sein.«
    »Wieso?«
    »Versprechen kann man brechen, Kind!«
    Hastig fasste Larissa nach den Handgelenken der Frau. »Aber ich nicht«, sagte sie. »Ich halte meine Versprechen. Immer.«
    Mamutschka nickte. »Ja, in unserer Welt, in unserem Land, aber nicht in der Fremde.«
    »Auch dort werde ich an dich denken.«
    »Das ist zu wenig, Töchterchen.«
    »Himmel, was muss ich denn noch alles tun?«
    Die alten Hände strichen über Larissas Haar. »Keine Sorge, ich werde es dir schon sagen. Wir sind ja nicht nur zusammengekommen, um Abschied voneinander zu nehmen, ich habe mir für dich auch etwas Besonderes ausgedacht, denn du bist mir im Laufe der Jahre wie eine Tochter ans Herz gewachsen.«
    Larissa schloss die Augen. Ihre Mamutschka sollte nicht sehen, dass die Worte sie aufgewühlt hatten. Die junge Frau kämpfte mit den Tränen, dabei hatte sie sich fest vorgenommen, nicht zu weinen.
    Nun musste sie erkennen, dass der Mensch keine Maschine ist. Die Trauer umflutete sie wie eine Woge, die bedrohliche Ausmaße annahm und in ihrer Fantasie zu einem sie fast erdrückenden schwarzen Gebilde wurde. Sie sah es mit geschlossenen Augen, es schwebte über ihr, und sie konnte es nicht fassen oder begreifen. Irgendetwas stimmte nicht, woher kam plötzlich ihre Furcht?
    War es das Gefühl, die Drohung zu erleben?
    Larissa hatte nicht bemerkt, dass die Hände der Frau sie nicht mehr berührten. Die Alte war zurückgetreten, und erst als Larissa die Schritte auf den Holzbohlen klappern hörte, wusste sie Bescheid und öffnete die Augen.
    Es fiel ihr schwer, sich an das flackernde Licht des Kaminfeuers zu gewöhnen. Der Monat März war angebrochen, aber draußen herrschte noch tiefster Winter. Eis und Schnee hatten die Natur erstarren lassen und sie in eine dicke, weiße Schicht eingepackt, die sie erst in den folgenden Wochen abstreifen würde.
    Im kleinen Haus der Mamutschka war es mollig warm. Da konnten sich die Menschen wohl fühlen, in diesem Haus gab es keine Gegensätze zwischen Jung und Alt, hier wuchs man zusammen, und Mamutschka zeigte viel Verständnis für diejenigen Menschen, die sie mochte.
    Gefährlich wurde es nur für die, die sie als Feindin hatten. Da war von unheimlichen Dingen die Rede gewesen, mit denen die Alte in Verbindung gebracht worden war. Nicht wenige hielten sie für eine Hexe, die mit dem Satan im Bunde stand. Sie war auch des Öfteren darauf angesprochen worden, doch sie hatte sich nie dazu geäußert und stets nur

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