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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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darf jedoch nicht eher geschehen, als bis Ihr Euch bereits vor der Öffnung befindet, denn es ist sehr zu vermuthen, daß derWächter, welcher die Thür öffnet, beim Anblicke der Soldaten einen Warnungsruf ausstößt, um seinen Genossen Zeit zur Flucht zu geben.«
    »Ich sehe, daß Du es ehrlich meinst, und werde Deinen Rath befolgen. Habt Ihr keinen Fez bei Euch? Diese Schurken haben das Haupt eines Gläubigen entblößt; das soll ihnen vergolten werden!«
    »Ich werde Dir den meinigen geben; auch diese Pistolen will ich Dir leihen, damit Du nicht unbewaffnet bist.«
    »Ich danke Dir, Franke! Du sollst Alles wieder haben. Seid wachsam; spätestens in einer Stunde kehre ich zurück.«
    Ich begleitete ihn bis vor die Thür, und er entfernte sich eilig, indem er sich auf der entgegengesetzten Seite der Gasse hielt.
    »Sihdi,« frug mich Omar, als ich wieder zurückkehrte, »wird man Abu el Nassr, wenn er drüben ist, mir überlassen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Meine Rache geht doch vor!«
    »Der Offizier wird vielleicht wenig danach fragen.«
    »So weiß ich, was ich zu thun habe. Erinnerst Du Dich des Schwures, den ich auf dem Schott Dscherid an der Stelle, in welcher mein Vater verschwunden war, ablegte? Siehe, ich habe das Haar und den Bart wachsen lassen bis zur jetzigen Stunde, und nun soll mir der Feind, den ich heut so nahe habe, nicht entgehen!«
    Er ging hinaus in das ›Selamlik‹ und setzte sich vor das lose Brett. Wehe Abu el Nassr, wenn er heut Abend von dem Rächer gefunden wurde!
    Ich löschte das Licht aus und folgte Omar mit Halef. Drüben mußten sich jetzt mehrere Personen befinden. Ich hörte ein vielfaches Schnarchen und ein Stöhnen, wie es beim Beginne der Opiumnarkose ausgestoßen zu werden pflegt. Wir verhielten uns schweigsam, und als drei Viertelstunden vergangen waren, ging ich hinunter zur Hausthür, um den Offizier zu erwarten.
    Es war doch weit über eine Stunde vergangen, als ich trotz der Dunkelheit eine lange Reihe von Gestalten auf der jenseitigen Zeile der Gasse lautlos sich nähern sah. Gewiß hatten dieselben schon vorher ihre Instruction erhalten, denn während die hintere Abtheilung drüben stehen blieb, wurde die vordere direkt auf den Eingang unseres Hauses zu geführt. An ihrer Spitze schritt der Offizier, noch immer in seiner vorigen Kleidung, aber mehr als hinreichend bewaffnet.
    »Ah, Du erwartest uns!« flüsterte er. »Hier hast Du Deine Pistolen und hier auch Deinen Fez.«
    Er nahm Beides aus den Händen des ihm Folgenden, der ein Hauptmann war. Während ich die Leute führte, deren gegen Dreißig sein mochten, blieb er an der Thür stehen. Meine drei Stuben waren grad voll, als er als der Hinterste eintrat. Trotz der schlechten Treppe war Alles ohne auffälliges Geräusch abgelaufen.
    »Mache Licht!« sagte er.
    »Hast Du die Thür unten verschlossen?« frug ich ihn.
    »Der Riegel ist vorgeschoben.«
    »Und eine Wache hingestellt?«
    »Eine Wache?« lachte er. »Wozu?«
    »Ich sagte Dir bereits, daß ich erst seit heute hier wohne; ich kenne also das Terrain noch nicht genau und muß also auch den Fall im Auge behalten, daß diejenigen, welche Du fangen willst, hier in den Hof hereinbrechen und sich durch meine Thür entfernen.«
    »Das laß nur meine Sorge sein,« antwortete er überlegen; »ich weiß genau, was ich zu thun habe!«
    Als das Licht brannte, setzte er es neben die Bretterwand und befahl, zu beginnen. Die Vordersten der Soldaten erhoben die Gewehre, um die Wand mit den Kolben einzuschlagen. Dies war geradezu eine Dummheit zu nennen, denn ehe der Erste hinübergelangte, waren die Insassen des Hauses gewarnt. Ein Einziger kam auf klügere Weise hinüber; kaum war der erste Schlag gefallen, so schob er die Bretter zur Seite, riß meine beiden Messer aus dem Holze und kroch hindurch. Er war längst verschwunden, als der Offizier an der Spitze der Seinigen durch die Bresche drang.
    Ich hatte erst den Gedanken gehabt, nun selbst die Thür zu besetzen, kam aber schnell davon zurück, als ich bedachte, ich sei ja nicht da, um die Fehler ANderer zu verbessern. Ich drang also gleich hinter dem Offizier und neben dem Hauptmanne drüben ein. In dem Gemache lagen sechs oder sieben Betrunkene und vom Opium Berauschte. Wir sprangen über sie hinweg nach dem Nebenzimmer und sahen eben die letzte Gestalt hinter einer andern Thür verschwinden. Wir folgten.
    Von unten tönte auch bereits wüster Lärm herauf: die Soldaten waren eingedrungen. Die Stube, in welche wir

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