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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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uns gefährlich ist, und selbst wenn wir Sieger bleiben, werden sie das Haus verlassen, und wir haben das Nachsehen. Besser wäre es, wenn wir Polizei herbei holten; aber wer weiß, wann wir diese finden; bis dahin kann viel geschehen sein. Wer weiß auch, ob die Polizei sogleich bereit ist, sich in das Haus zu wagen? Am besten ist es, wir machen so leise wie möglich je hüben und drüben noch ein Brett los; dann entsteht eine Öffnung, durch welche wir kriechen können. Wir holen den Mann herüber, bringen die Bretter wieder in Ordnung und werden dann wohl erfahren, was weiter gethan werden muß.«
    »Wir haben ja keine Zange für die Nägel!«
    »Nein, aber ich habe mein Messer. Die Hauptsache ist, daß sie nichts von unserer Arbeit hören. Ich werde sofort anfangen.«
    »Weißt Du auch, wo der Mann sich befindet?«
    »Ja. Durch das Zimmer, von dem mir Baruch erzählte, daß dort die Knaben und Mädchen sind, haben sie ihn gebracht; es scheint jetzt leer zu sein. Gegenüber von unserer Wand gibt es einen zweiten Raum, dessen Thür ich gesehen habe; in diesem befindet er sich jedenfalls.«
    Ich untersuchte unsere Wand durch das Tastgefühl und bemerkte, daß jedes Brett oben und unten nur durch einen Nagel befestigt war. Der Nagel auf unserer Seite schien sehr leicht herauszuziehen zu sein; ich brauchte nur ein Messer zwischen Brett und Balken zu stecken und das Brett vorsichtig loszusprengen. Es gelang, aber leider merkte ich, daß die Öffnung doch für die Gestalt eines Mannes zu schmal war; ich mußte noch ein drittes Brett lockern. Ich wurde auch mit diesem fertig, ohne daß das geringste Geräusch zu hören gewesen war. Die Bretter waren um ihre oberen Nägel leicht zu bewegen; ich schob sie empor, und Omar mußte sie halten. Nun betastete ich die gegenüber liegende Holzwand und fühlte, daß die Nägel derselben an den Spitzen umgeschlagen waren. Das erschwerte meine Arbeit um ein Bedeutendes; ich mußte die Messerklinge als Feile gebrauchen, um die Nägel zu durchschneiden; das konnte nicht ohne ein verrätherisches Geräusch geschehen, und die Hände ermüdeten so, daß ich öfters wechseln mußte.
    So verging eine lange, sehr lange Zeit, und eben hatte ich die Arbeit glücklich beendet, als ich Schritte vernahm, die sich näherten. Es war der Grieche mit einem Lichte. Er öffnete die unserer Wand gegenüber liegende Thür, aber ohne einzutreten.
    »Habt Ihr das Geld?« hörte ich den Türken fragen.
    »Ja,« antwortete der Wirth mit einem kurzen Lachen.
    »So laßt mich los!«
    »Noch nicht; frei wirst Du erst am frühen Morgen sein. Ich will Dir nur sagen, daß bald Leute hier in dieses Zimmer kommen werden; sie dürfen nicht wissen, daß Du Dich hier befindest; hereintreten werden sie allerdings nicht, aber sie sollen Dich auch nicht hören. Darum werde ich Dich jetzt anbinden und Dir einen Knebel geben. Wenn Du Dich ganz und gar ruhig verhältst, wirst Du frei gelassen; machst Du aber Lärm, so kommst Du nur als Leiche aus diesem Hause!«
    Der Türke bat, ihn doch frei zu lassen; er versprach, von dem heutigen Ereignisse zu keinem Menschen zu sprechen; es war vergebens. Er bat dann, ihn wenigstens nicht zu knebeln, da er sich vollständig still verhalten werde; auch dies half nichts. Aus dem ängstlichen Klange seiner Stimme war zu schließen, daß er die eigentliche Absicht des Griechen ahne; er wurde angebunden und geknebelt; dann entfernte sich der Wirth, nachdem er die Thür zugeriegelt hatte.
    Jetzt galt es, schnell zu handeln, ehe die Leute kamen, von denen der Wirth gesprochen hatte. Es war ein Glück, daß ich fertig war. Ich steckte die Revolver und das Messer zu mir und kroch hinüber, nachdem die Bretter zur Seite geschoben waren. Die Gefährten folgten mir nicht, aber sie hielten sich bereit, mir beizuspringen, falls ich angegriffen werden sollte.
    Ich zog den Riegel zurück und trat ein.
    »Gib keinen Laut; ich will Dich befreien!« sagte ich dem Gefangenen und betastete sogleich seine Fesseln. Es waren Stricke; ich zerschnitt sie und steckte sie zu mir. Der Knebel bestand in einem Tuche, welches – dick zusammen gelegt – ihm vor den Mund und die Nase gebunden war; ich knüpfte es auf und steckte es ebenfalls ein.
    »Maschallah,« meinte der Mann, indem er sich schnell aufrichtete; »wer bist Du, und wie – –«
    »Still!« unterbrach ich ihn; »folge mir!«
    Ich zog ihn hinaus, verriegelte die Thür wieder und schob ihn dann durch die von mir gemachte Öffnung in unsere Wohnung

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