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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kamen, hatte noch zwei Thüren. Wir öffneten die eine und sahen ein Gemach vor uns, welches keinen andern Ausgang hatte; es war voll von Knaben und Mädchen, welche alle flehend am Boden knieten.
    »Eine Wache an die Thür!« brüllte der Offizier.
    Er sprang nach der andern Thür, und ich ihm nach. Da rannten wir mit Omar zusammen, welcher uns entgegenkam.
    »Er ist nicht oben!« schnaubte er. »Ich muß hinunter!«
    Die Blutrache hatte ihn, uns Allen voran, bis an das äußerste Ende des oberen Stockwerkes getrieben.
    »Wer ist oben?« frug ihn der Offizier.
    »Mehr als zwanzig Kerle, ganz hinten. Ich kenne Keinen davon.«
    Er stieß uns bei Seite und eilte nach unten. Wir aber rannten durch mehrere Räume, welche alle erleuchtet waren. Der Überfall war so plötzlich gekommen, daß man vor Schreck vergessen hatte, die Lichter auszulöschen. Später hörte ich, daß der Thürwächter unten, als er die Soldaten erblickte, sofort ein Pistol abgeschossen hatte und im Dunkel des Hausganges verschwunden war. Wir im Nebenhause hatten unter dem Krachen der Kolbenschläge diesen Schuß nicht gehört, wohl aber war er von den Bewohnern des Hauses vernommen worden, die darauf, da der Schuß jedenfalls als ein Zeichen der höchsten Gefahr verabredet gewesen war, schleunigst die Flucht ergriffen. Dies war der Grund davon, daß wir bei unserer Ankunft bereits die vorderen Zimmer geleert fanden.
    Endlich gelangten wir an die Thür des letzten Raumes. Sie war von innen verbarrikadirt. Während die Soldaten sich abmühten, sie mit ihren Kolben zu zertrümmern, vernahm man auch drinnen ein lautes Krachen. Die Thür war stark; sie widerstand zu lange; darum rannte ich durch die Räume alle zurück in unsere Wohnung, um meine Büchse zu holen, denn ich hatte nur die Revolver und Pistolen bei mir; die Messer hatte Omar an sich genommen.
    Als ich mit dem Gewehre zurückkehrte, hatte die Thür immer erst nur einen kleinen Riß. Sie war so dauerhaft gearbeitet, jedenfalls weil der dahinter liegende Raum als letzter Zufluchtsort gegolten hatte und in Folge dessen besser verwahrt worden war; auch die Mauer war nicht von Holz, sondern von Ziegeln aufgeführt.
    »Hinweg!« gebot ich den Leuten. »Laßt mich machen!«
    Mein Bärentödter war allerdings ein anderer Mauerbrecher als die leichten Täfenks der großherrlichen Vaterlandsvertheidiger. Schon der erste Stoß mit dem stark mit Eisen beschlagenen Kolben gab eine Bresche; noch drei wuchtige Hiebe, und die Thür lag in kleinen Trümmern, uns aber empfing in demselben Augenblick eine Salve von mehr als zehn Schießwaffen. Mehrere Soldaten stürzten nieder, ich aber, der ich wegen der Kolbenhiebe zur Seite an der Mauer gestanden hatte, blieb unversehrt. Eben sah ich, daß der Offizier mit erhobener Waffe in den Raum drang, und wollte ihm folgen, als ich horchend stehen blieb.
    »Sihdi, Hülfe, schnell, schnell!« hörte ich trotz des Lärms die Stimme Halef’s vom Hofe herauf tönen.
    Dies zeigte, daß der brave Hadschi sich in einer nicht gewöhnlichen Gefahr befinde. Natürlich mußte ich zu ihm. Wieder durch die Zimmerreihe nach unserm Wohnhause, durch dessen Stuben die Treppe hinab in den Hof: dieser Weg war zu lang; da konnten sie mir inzwischen den guten Halef erschlagen. Schon hörte ich seinen Ruf zum zweiten Male und dringender; ich sprang also an die Holzwand, welche an der Seite unseres Hofes stand, und stieß mit dem Kolben gleich einige Bretter hinaus.
    »Halte aus, Halef! Ich komme!« rief ich hinab.
    »Schnell, Sihdi, ich habe ihn!« tönte es wieder herauf.
    Die alten morschen Bretter flogen hinab; drunten herrschte tiefe Finsterniß, aber Schüsse blitzten, und wirre, wilde Flüche erschollen. Da gab es kein Zaudern; ich holte aus und sprang hinab, in das Dunkel hinein. Es war zwar nicht besonders hoch, aber ich kam doch sehr unsanft auf dem Boden an. Hurtig raffte ich mich auf.
    »Halef, wo bist Du?« rief ich.
    »Hier an der Thür!«
    Wahrhaftig! Der tapfere Hadschi hatte sich meine an den Offizier gerichteten Worte zu Herzen genommen, und statt uns in das Nachbarhaus zu folgen, war er hinunter an unsere Thür geeilt. Die in dem hintersten Zimmer zusammengedrängten Männer hatten auch wirklich die dünne Wand hinausgeschlagen und waren hinunter in unsern Hof gesprungen. Die Hälfte derselben hatte sich bereits unten befunden, als es mir oben gelang, die Thür zu zerschlagen. Sie hatten durch unser Haus fliehen wollen, waren aber auf Halef getroffen, der, anstatt sich

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