Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
alles ein. Würden Sie mir das Darlehen gewähren? Zu Gegenleistungen bin ich gern bereit. Die große Zahl von akademischen Mitarbeitern erhebt mein Blatt über die Mehrzahl der sächsischen Zeitungen. Wir können außerdem die Artikel, auf die Sie Wert legen, an 300 oder mehr deutsche und österreichische Zeitungen versenden und den betreffenden Artikel blau anstreichen. So etwas wirkt unfehlbar. In Dresden lasse ich mein Blatt allen Wirtschaften (1760) zugehen. Mit vorzüglicher Hochachtung
Rudolf Lebius.«
Zu derselben Zeit erfuhr ich, daß Lebius gar nichts besaß, sondern den Offenbarungseid geleistet hatte, daß er den Drucker seines Blattes nicht bezahle, daß er überhaupt nur Schulden habe und daß er sogar Honorar schuldig bleibe. Daß seine Zeitung eine solide Basis habe, war unwahr, ebenso die »große Zahl der akademischen Mitarbeiter« und Anderes. Dergleichen absichtliche Täuschungen gehören eigentlich vor den Staatsanwalt. Ich mache auf seine Ueber- und Unterschriften aufmerksam: »Sehr geehrter Herr …. Mit vorzüglicher Verehrung!« »Mit großer Hochachtung und Verehrung!« »Sehr geehrter Herr Doktor …. In Verehrung und Dankbarkeit.« Als er sah, daß diese Höflichkeiten nicht zogen, schrieb er nicht mehr an mich, sondern an Dittrich. So am 15. August 1904:
»Werter Herr Dittrich!
Ich gebe Ihnen für die Vermittlung ein Prozent. Mehr als 10 000 Mk. brauche ich nicht. Ich würde aber auch mit weniger vorlieb nehmen. Das Honorar sende ich am 20. d. wie verabredet.
Könnten Sie nicht Dr. May bearbeiten, daß er mir Geld vorschießt?
Freundlichen Gruß
R. Lebius.«
Dann am 27. August:
»Werter Herr Dittrich!
Meine Frau kommt am 1. September zu Herrn Dr. Klenke, einen kleinen Betrag zu kassieren. Bei dieser Gelegenheit gibt sie Ihnen Ihr Honorar. Sie haben meine schriftliche Zusage, daß ich Ihnen 1 Prozent von dem Gelde gebe, welches Sie mir von H. V. oder Dr. M. (May) vermitteln. Sie erhalten das Geld sofort ….
Freundlichen Gruß
Lebius.«
Er war nämlich Herrn Max Dittrich ein Honorar von 37 Mark 45 Pfennigen schuldig, welches er trotz der Kleinheit dieses Betrages nicht bezahlen konnte. Es wurde ihm daraufhin ein Spiegel gerichtlich abgepfändet. Als er von Dittrich, anstatt der 10 000 Mark vom mir, eine Mahnung um diese 37 Mark 45 Pfennig bekam, schrieb er ihm am 3. September:
»Geehrter Herr Dittrich!
Ich habe Herrn Dr. med. Klenke ersucht, Ihnen 40 Mk. zu meinen Lasten gutzuschreiben. Ihr Verhalten mir gegenüber finde ich höchst sonderbar, um nicht zu sagen beleidigend.
Achtungsvoll
R. Lebius.«
Diesem Dr. Klenke fiel es aber auch nicht ein, die Schulden des Herrn Lebius zu bezahlen, und so kam in logischer Folgerichtigkeit am 7. September in Form einer Postkarte folgende Drohung bei mir an:
»Werter Herr!
Ein gewisser Herr Lebius, Redakteur der »Sachsenstimme«, erzählte einem Herrn, daß er einen Artikel gegen Sie schreibt. Ich habe es im Lokal gerade gehört. Es warnt Sie ein Freund vor dem Manne.
B.«
Ueber den Verfasser und den Zweck dieser Karte war ich mir natürlich sofort im Klaren. Auch das Gutachten der vereideten Sachverständigen lautet dahin, daß sie unbedingt von Lebius selbst geschrieben ist. Jedenfalls erwartete er ganz bestimmt, daß ich auf diese Erpressung hin die 10000 Mark zahlen werde. Gab ich sie nicht, so waren mir nicht nur der jetzt angedrohte, sondern noch weitere Racheartikel sicher und auch noch anderes dazu, was mich in Besorgnis setzen mußte. Aber ich ließ auch jetzt nichts von mir hören und sah mit gutem Gewissen dem unvermeidlichen Artikel entgegen, der am 11. September
1904 in
Nummer 33 des Lebiusschen Blattes, der »Sachsenstimme« erschien und die dreifache Überschrift hatte:
»Mehr Licht über Karl May
160 000 Mark Schriftstellereinkommen
Ein berühmter Dresdener Kolportageschriftsteller.«
Dieser Mann hatte meiner Frau und mir sein Wort gegeben, nichts zu veröffentlichen. Er war sogar nur unter diesem Versprechen bei uns hereingelassen worden, und nun veröffentlichte er doch, und zwar in welcher Weise und aus welchen Gründen! Er stellte alles auf den Kopf; er drehte alles um! Er legte uns alles, was ihm beliebte, in den Mund, und was wir wirklich gesagt hatten, das verschwieg er, um sich nicht zu blamieren. Dieser Aufsatz enthält über 70 moralische Unsauberkeiten, Verdrehungen und direkte Unwahrheiten. Aber das war nur der Anfang; die Fortsetzungen folgten
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