Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
baldigst nach. Dieser Artikel in Nr. 33 der »Sachsenstimme« war so gehalten, daß Lebius wieder umlenken konnte, falls ich das Geld nun endlich noch gab. Und schon in Nr. 34 kam ein sehr deutlicher Wink, der mir sagte, was geschehen werde, falls ich mich nicht zum Zahlen bewegen lasse. Dieser Wink bestand in einer Münchmeyerschen Annonce, die ganze Bände zu mir sprach. Der Besitzer der Firma Münchmeyer hatte nämlich zu mir gesagt: »Die Veröffentlichung der andern Romane tut Ihnen noch gar nicht viel; aber sobald ich mit dem »Verlorenen Sohn« fertig bin und ihn annonciere, sind Sie verloren! Der wird so happig, daß es Ihnen dann unmöglich ist, als Schriftsteller weiter zu existieren!« Und dieser »Verlorene Sohn« wurde jetzt in Nr. 34 der »Sachsenstimme« annonciert. Das war genau so, als ob mir mit Riesenbuchstaben geschrieben worden wäre: »Nun aber endlich Geld her, sonst geht es in diesem Tone weiter!« Der gefährlichste Erpresser ist der, welcher es in dieser raffinierten Weise anfängt, die noch deutlicher ist, als das gesprochene Wort, aber von keinem Staatsanwalt verfolgt werden kann. Ich gab aber trotzdem nichts. Da kam in Nr. 44 ein zweites Elaborat, in Nr. 46 ein drittes und in Nr. 47 ein viertes. In Nr. 46 wurde mir die Verbindung des Herrn Lebius mit der Firma Münchmeyer schon deutlicher gezeigt, denn es wurde da gesagt, der Inhaber dieser Firma habe einen ganzen Haufen alter Briefe von mir in der Hand und könne also ganz genaue Auskunft über mich geben, wenn er nur wolle. In Wahrheit aber besaß er nicht einen einzigen alten Brief von mir, doch wußte ich nun genau, daß Lebius die Ausführung des Münchmeyerscheu Programms, mich durch meine Vorstrafen »in den Zeitungen vor ganz Deutschland kaput zu machen«, übernommen hatte. Ich war überzeugt, daß die Zahlung der 10 000 Mark ihn sofort zum Schweigen bringen würde, hätte mich aber vor mir selbst geschämt, ihm auch nur einen einzigen Pfennig zu geben.
Wie ich gedacht hatte, so geschah es: Schon die Nr. 48 brachte die ohne alle Veranlassung frei aus der Luft niederfallende Verkündigung: »Die vier Jahre, die Herr Karl May in Waldheim verbüßte, waren nach unserer Information die Folge eines Einbruchdiebstahls in einem Uhrenladen.« Ich habe aber niemals einen Einbruch verübt. Man sieht, daß es nicht auf die Wahrheit ankam, sondern nur auf das »Kaputmachen«. Diese Nr. 48 erschien am Weihnachtsheiligenabend. Da hingen an den Fenstern der Dresdener Buchhandlungen Plakate aus, auf denen die »Sachsenstimme« mit den großen roten Buchstaben »Die Vorstrafen Karl Mays« angekündigt wurde. Einen schreienderen Beweis, daß es sich nicht um eine literarische Tat, sondern nur um die Ausführung ganz niedriger Absichten handelt, kann es wohl kaum geben! Daher mag es hier genug sein des grausamen Spiels. Es widerstrebt mir, die Heldentaten des Herrn Lebius einzeln aufzuzählen. Ich will nur in Summa sagen, daß er in dieser Weise fortfuhr, bis er nach einiger Zeit aus Dresden verschwinden mußte. Ich habe die Unwahrheiten, die er in seinen Dresdener Artikeln über mich verbreitete, zusammengestellt, um sie gerichtlich zu beweisen. Es sind ihrer trotz der Kürze der Zeit nicht weniger als hunderzweiundvierzig. Mehr hat bisher wohl noch kein Mensch geleistet! Ich betone aber ausdrücklich, daß diese Aufstellung nicht etwa alles, sondern nur eine Auswahl enthält. Ich könnte diese Ziffer trotz ihrer Höhe gut verdoppeln. Ich habe lange dazu geschwiegen, bis es nicht mehr zum Aushalten war. Da mußte ich mich endlich wehren. Ich erstattete bei der Staatsanwaltschaft Anzeige wegen Erpressung. Ich legte seine Briefe bei. Auch die drohende Karte vom 7. September 1904. Die Sachverständigen erklärten, daß Lebius sie unbedingt geschrieben habe. Die erwähnte Behörde aber war der Ansicht, daß dies nicht zureiche, eine Untersuchung zu eröffnen. Und Lebius gab sich bei seinen Auskünften die größte Mühe, mich als einen Menschen hinzustellen, dem man nicht glauben dürfe. Das Meisterstück hat er dabei abgelegt, indem er der Königlichen Staatsanwaltschaft in Dresden berichtete, daß der Wirt des Hotels auf dem Berge Sinai in Dresden gewesen sei und sich sehr schlecht über mich ausgesprochen habe. Nun weiß aber Jedermann, daß es auf dem Berg Sinai bis heutigen Tages noch nie ein Hotel gegeben hat! Ich zeige damit wohl zur Genüge, was man von der Erfindungsgabe des Herrn Lebius alles erwarten kann. Ich erhob zweimal Privatklage
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