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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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noch so kleinen Zeitung bewaffnet sind, sonst rächen sie sich. Ich schrieb ihm also, daß er kommen dürfe, und er antwortete am 28. April:
     
    »Vielen Dank für Ihr liebenswürdiges Schreiben. Ihrer freundlichen Einladung leiste ich natürlich gern Folge. Falls Sie mir nicht eine andere Zeit angeben, komme ich am Montag, den 2. Mai 3 Uhr zu Ihnen (Abfahrt 3,31).
    Mit großer Hochachtung und Verehrung
    Rudolf Lebius.«
     
    Er kam. Doch durfte er mich nicht interviewen. Ich duldete das nicht. Er wurde von meiner Frau, die ihn empfing, nur unter der Bedingung zu mir gelassen, daß absolut nichts veröffentlicht werde. Er gab erst ihr und dann auch mir sein Wort darauf. Er blieb zum Kaffee, und er blieb bis nach dem Abendessen. Er sprach sehr viel; er sprach fast immerfort. Ich war absichtlich schweigsam. Ich sagte nur, was unbedingt nötig war. Ich traute ihm nicht und hatte, um später einen Schutzzeugen zu haben, zugleich mit ihm den Militärschriftsteller und Redakteur Max Dittrich eingeladen, der an meiner Stelle die Unterhaltung leitete.
    Lebius trank viel Wein, während ich nur nippte. Er wurde umso lebhafter, je ruhiger und wägsamer ich blieb. Er gab sich alle Mühe, mich und meine Frau davon zu überzeugen, daß er »ein ganzer Kerl« sei. So lautete sein Lieblingsausdruck, den er oft brauchte. Er sprach unablässig von seinen Grundsätzen, seinen Ansichten, seinen Plänen, von seiner großen Geschicklichkeit, seinen reichen Erfahrungen und seinen ausgezeichneten Erfolgen als Journalist und Redakteur, Herausgeber und Verleger, Herdenführer und Volkstribun.
    Der Versuch dieses Mannes, uns zu imponieren, geschah in der Weise eines ganz gewöhnlichen, unvorsichtigen Menschen, der so von seinen eigenen Vorzügen überzeugt ist, daß er garnicht daran denkt, andere könnten darüber lachen. Als er sah, daß nichts bei mir verfing, wurden seine Anstrengungen krampfhafter. Ich mußte von seiner Vortrefflichkeit überzeugt werden, um jeden Preis! Denn er brauchte Geld, viel Geld! Und die Hoffnung, die er auf mich gesetzt hatte, schien seine letzte zu sein! Darum offenbarte er uns in seiner Geldangst seine verborgensten Geschäfts- und Lebensgrundsätze. Er glaubte infolge des vielen Weines, uns dadurch zu gewinnen, stieß uns dadurch aber umso sicherer ab. Da ich mich hier kurz zu fassen habe, gebe ich von diesen seinen Grundsätzen nur die drei wichtigsten wieder. Nämlich:
1.          Wir Redakteure und Journalisten haben gewöhnlich kein Geld. Darum dürfen wir uns auch keine eigene Meinung gestatten. Wir wollen leben. Darum verkaufen wir uns. Wer am meisten zahlt, der hat uns!
2.          Jeder Mensch hat dunkle Punkte in seinem Charakter und in seinem Leben. Auch jeder Arbeitgeber, jeder Beamte, jeder Polizist, jeder Richter oder Staatsanwalt hat solches Werg an seinem Rocken. Das muß man klug und heimlich zu erfahren suchen. Keine Mühe darf dabei verdrießen. Und ist es erforscht, so hat man gewonnenes Spiel. Man bringt in seinem Blatte eine Bemerkung, die dem Betreffenden sagt, daß man alles weiß, doch so, daß er nicht verklagen kann. Dann hat man ihn in der Hand und kann mit ihm machen, was man will. Er gibt klein bei. In dieser Weise habe ich meinen Lesern schon außerordentlich viel genützt!
3.          Die Menschen zerfallen in sozialer Beziehung in Schafe und Böcke, in Herren und Knechte, in Gebietende und Gehorchende. Wer aufhören will, Herdenmensch zu sein, der hat das Herdengewissen bei Seite zu legen. Wenn er das tut, dann laufen alle, die dieses Gewissen noch mit sich schleppen, hinter ihm her. Es ist ganz gleich, zu welcher Herde er gehören will. Er kann von einer zur anderen übertreten, kann wechseln. Das schadet ihm nichts. Nur hat er dafür zu sorgen, daß es mit der nötigen Wärme und Ueberzeugung geschieht, denn das begeistert. Laufen ihm die Sozialdemokraten nicht nach, so laufen ihm die Anderen nach!
    Als wir drei diese erstaunlichen Belehrungen hörten, brauste Max Dittrich einige Male zornig auf; meine Frau war still vor Erstaunen; ich aber ging hinaus, um den Ekel zu verwinden! Lebius bekam infolge dessen weder Geld noch sonst etwas von mir. Da sah er ein, daß diese beispiellose Selbstentlarvung nicht nur ganz umsonst gewesen sei, sondern daß er sich durch sie in unsere Hände geliefert hatte. Wir drei waren nun die gefährlichsten Menschen, die es für ihn gab. Er durfte uns nie vor Gericht zu Worte kommen lassen, sondern mußte alles tun, uns als

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