Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
Gespräch in der großen Fensternische geführt wurde, die den Blick in den Park und die untergehende Sonne hatte – nur ein Streifen Abendrot lag noch am Himmel –, hatten sich Tubal und Lewin zur Seite der Tante niedergelassen, um über die jüngsten Hohen-Vietzer Ereignisse zu berichten. Der Kreis wurde bald größer. Erst Krach und Medewitz, dann der Lebuser Landrat samt dem Seelowschen Oberprediger, zuletzt auch Baron Pehlemann, der, einen Rest von Podagra mißachtend, in oft erprobter Gesellschaftstreue sich eingefunden hatte, alle rückten näher, um sich von dem Einbruch der Diebe, von dem Auffinden der beiden Landstreicher auf dem Rohrwerder und endlich von der Haussuchung bei Hoppenmarieken erzählen zu lassen. Niemand folgte gespannter als Tante Amelie selbst, die, neben einer natürlichen Vorliebe für Einbruchsgeschichten, eine herzliche Genugtuung empfand, die von ihrem Bruder vermuteten französischen Marodeurs sich einfach in Muschwitz und Rosentreter verwandeln zu sehen. Der überlegene Charakter Berndts war ihr zu oft unbequem, als daß ihr der Anflug von Komischem, der dadurch auf seine Pläne fiel, nicht hätte willkommen sein sollen.
    Und doch waren es gerade wieder diese Pläne, die, während die Schwester im stillen triumphierte, den Bruder auf das lebhafteste beschäftigten. In demselben Augenblicke beinah, wo die Vorstellung Kathinkas das zwischen Demoiselle Alceste und Bamme geführte Gespräch unterbrochen hatte, hatte sich Berndt des alten Generals zu bemächtigen gewußt, und ihn beiseite nehmend, war er nicht säumig gewesen, ihm seine bis dahin nur flüchtig angedeuteten Gedanken über Insurrektion des Landes zwischen Oder und Elbe zu entwickeln. Der Hauptpunkt blieb immer die Volksbewaffnung à tout prix, also mit dem Könige, wenn möglich, ohne den König, wenn nötig. In betreff dieses Punktes aber war Berndt gerade dem alten General gegenüber nicht ohne Sorge. Bamme gehörte nämlich jener unter dem Absolutismus großgezogenen militärischen Adelsgruppe an, die auf eine Kabinettsordre hin all und jedes getan hätte und unter einem Lettre-de-Cachet-König so recht eigentlich erst an ihrem Platze gewesen sein würde. So kannte Berndt den General. Er übersah aber doch zweierlei: einmal seine stark ausgeprägte Heimatsliebe, die, wenn verletzt, sich jeden Augenblick bis zu dem unserem Adel ohnehin geläufigen Satze: » Wir waren vor den Hohenzollern da« hinaufschrauben konnte, dann seinen Hang zu Wagnis und Abenteuer überhaupt, der so groß war, daß ihm jede Konspiration angenehm und einschmeichelnd und ein nach oben hin gerichteter Absetzungsversuch, weil seltener und aparter, vielleicht noch anlockender als ein von oben her angeordneter Unterdrückungsversuch erschien. Ohne Grundsätze und Ideale, war sein hervorstechendster Zug das Spielerbedürfnis; er lebte von Aufregungen.
    Berndt, als er ihm alles entwickelt hatte, setzte ruhig hinzu: »Da haben Sie meinen Plan, Bamme. Seine Loyalität kann bestritten werden. Wir stehen ein für das Land; Gott ist mein Zeuge, auch für den König. Aber wenn wir die Waffen wider seinen Willen nehmen, so kann es uns auf Hochverrat gedeutet werden. Ich bin mir dessen bewußt, und ich spreche es aus.«
    Bamme hatte während dieser letzten Worte lächelnd an seinem weißen Schnurrbart gedreht: »Es ist, wie Sie sagen, Vitzewitz. Aber was tut’s! Wir müssen eben unsere Haut zu Markte tragen; das ist hier Landes so der Brauch. Ich weiß genau, wie sie es da oben machen, oder sagen wir lieber, wie sie es machen müssen ; denn ich glaube, sie haben keine Wahl. Es wird damit beginnen, daß man uns verleugnet, immer wieder und wieder, immer ernsthafter, immer bedrohlicher. Aber mittlerweile wird man abwarten und unser Spiel mit Aufmerksamkeit und frommen Wünschen verfolgen. Glückt es, so wird man den Gewinn: ein Land und eine Krone, ohne weiteres akzeptieren und uns dadurch danken, daß man uns – verzeiht; mißglückt es, so wird man uns über die Klinge springen lassen, um sich selber zu retten. Es kann uns den Kopf kosten; aber ich für mein Teil finde den Einsatz nicht zu hoch. Ich bin der Ihre, Vitzewitz.«
     
    Während so an verschiedenen Punkten des Salons über die verschiedensten Themata, über die polnische Krone, Hoppenmarieken und den Volksaufstand zwischen Oder und Elbe gesprochen wurde, lag die ganze Schwere des Dienstes, zugleich die ganze Verantwortlichkeit für Gelingen oder Mißlingen dieses Abends auf den Schultern

Weitere Kostenlose Bücher