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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Rhododendronstrauß das Schweizerisch-Nationale, durch ein Barett mit blinkender Agraffe aber den Stil der großen Tragödie herzustellen. Das »Ah!« der Bewunderung, das Kathinka empfangen hatte, blieb ihr gegenüber aus, aber sie achtete dessen nicht, aus langer Erfahrung wissend, daß der Ausgang entscheide, und dieses Ausgangs war sie sicher.
    Sie sprach nun, jedes falsche Echauffement vermeidend, erst die den Gatten um Mitteilung seines Geheimnisses beschwörenden Worte: »Pourquoi donc affecter avec moi ce mystère?« dann in rascher Reihenfolge die nur kurzen Sentenzen, die sich abwechselnd an die Geßlerschen Knechte und zuletzt an Geßler selbst richteten. In jedem Worte verriet sich die gute Schule, und bei Schluß dieser dritten Szene durfte sie sich ohne Eitelkeit gestehen, daß sie »ihr Publikum in der Hand habe«.
    Aber die vierte Szene: »Cléofé s’adressant à Walther Fürst« stand noch aus. Tante Amelie, die das Stück in allen seinen Einzelheiten kannte, versprach sich gerade von diesen Zornesalexandrinern einen allerhöchsten Effekt und äußerte sich eben in diesem Sinne gegen Drosselstein, als die Regisseurklingel hinter dem Vorhang den Fortgang des Spieles anzeigte.
    Aber wer beschreibt das Staunen aller, zumeist der Gräfin selbst, als jetzt, bei dem sich Wiederöffnen der Gardine, statt Cléofés ein verwandtes und doch wiederum wesentlich verändertes Bild auf sie niederblickte. Was bedeutete diese neue Gestalt? Nur einen Augenblick schwebte die Frage. Der Hirtenstab, der Rhododendronstrauß, das Barett mit der Agraffe waren abgetan, und ein kurzer Rock mit grünem Kragen, der wenigstens die obere Hälfte des schwarzen Seidenkleides verdeckte, ließ keinen Zweifel darüber, daß die trotzig auf dem Felsen stehende Jägergestalt niemand Geringeres sein sollte als Wilhelm Tell selbst. Mit der Spitze seiner Armbrust wies er auf den eben getroffenen Geßler. Und in deutscher Sprache, verwunderlich, aber nicht störend akzentuiert, sprach Alceste, die dieser von Faulstich geplanten Überraschung mit großer Bereitwilligkeit zugestimmt hatte, die Schlußworte des Dramas, die, hier und dort über das Schweizerische hinausgehend, als ein allgemeiner Hymnus auf die Befreiung der Völker gedeutet werden konnten:
    »Tot der Tyrann! Er schändet uns nicht mehr,
    Bedrückte Brüder, Freunde, tretet her,
    Von seinem Schlosse, das in Flammen steht,
    Der Feuerschein wie eine Fahne weht,
    Verkündigend: es fiel die Tyrannei,
    Geßler ist tot, und unser Land ist frei.«
    Bei diesen Worten stieg Demoiselle Alceste die Felsenstufen hinunter, und dicht an den Rand des Podiums tretend, fuhr sie mit gehobener Stimme fort:
    »Und denkt der Feind an einen Rachezug,
    Ihn zu vernichten sind wir stark genug;
    Er komme nur, Soldaten sind wir all’,
    Es schirmt uns unsrer Berge hoher Wall,
    Und dringt er doch in unsre tiefste Schlucht,
    Die keinen Ausgang kennt und keine Flucht,
    Dann über ihn mit Fels und Block und Stein,
    In der Verwirrung wir dann hinterdrein,
    Mit Sens’ und Sichel und mit Schwert und Speer:
    ›Ergib dich, Feind, du rettest dich nicht mehr!‹
    So fällt sein Helmbusch, seines Stolzes Zier,
    Denn stärker war die Freiheit, waren wir .«
    Ein Beifallssturm, der alle Triumphe Kathinkas verschwinden machte, brach jetzt los, und: »Demoiselle Alceste« klang es, erst gemurmelt, dann immer lauter. Nach Innehaltung der den Applaus steigernden Pause erschien die Gerufene, sich würdevoll verneigend, und da weder für Kränze noch Bouquets gesorgt worden war, trat Tante Amelie selbst an das Podium und reichte ihr zum Zeichen ihres Dankes auf die Bühne hinauf ihre Hand. Gleich darauf intonierte Nippler ein kurzes, von ihm selbst gesetztes Finale, unter dessen Klängen die Gäste sich erhoben, um in den Fronträumen das Souper zu nehmen.
    Hier war inzwischen an kleinen Tischen gedeckt worden, an denen nun, nach dem baldigen Erscheinen derer, die die Mühen des Tages recht eigentlich bestritten hatten, wie Wahl oder Zufall es fügten, Platz genommen wurde. Auch Nippler war geladen worden. Bamme, der eine Vorliebe für Ausnahmegestalten hatte, nahm ihn in besondere Affektion, ihm einmal über das andere versichernd: »Das sei doch einmal eine Musik gewesen. Besonders die Flöte.«
    Der Haupttisch, auf dem sechs Kuverts gelegt waren, stand in dem Spiegelzimmer. Hier saßen unmittelbar neben der Gräfin Mademoiselle Alceste und Kathinka, den Damen gegenüber aber Drosselstein, Berndt und Baron Pehlemann,

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