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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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fordert Unterwerfung, der andere Bündnis, ein dritter Auflehnung. Ich möchte glauben, königliche Hoheit, der Tag der Auflehnung sei angebrochen.«
    »Womit? Wir haben keine Armee.«
    »Aber wir haben das Volk.«
    »Der König mißtraut ihm.«
    »Seiner Kraft?«
    »Vielleicht auch der ; aber vor allem dem neuen Geiste, der jetzt in den Köpfen der Menge lebendig ist.«
    »Und gerade in diesem Geiste liegt das Heil, wenn man ihn zu nutzen und ihm in Klugheit zu vertrauen versteht.«
    »Ich widerspreche nicht; aber dieser Aufgabe fühlt sich der König nicht gewachsen, sie widersteht seiner Natur. Ihm bedeuten viele Köpfe viele Sinne. Erwarten Sie nach dieser Seite hin nichts von ihm.«
    »Ich hoffe, daß ihm Zuversicht kommt und in dieser Zuversicht der Glaube an ein gutes und treues Volk, das nichts anderes begehrt als die Gewährung, für seinen König sterben zu dürfen.«
    Der Prinz, seinen Platz abermals wechselnd, schob einen Fauteuil neben das Sofa, nahm, sich niederlassend, Berndts Hand in die seine und sah ihn dabei fest und freundlich mit seinen großen Augen an.
    »Ich kenne das Volk; ich habe mit ihm gelebt. In meinen hohen Jahren, wo sich der Sinn für vieles schließt, öffnet er sich für anderes, und so sage ich, weil ich es weiß, es ist ein gutes Volk. Ich sehe es so klar, als ob es vor meinem leiblichen Auge stünde. Aber der König ist eingeschüchtert; er hat viel Schmerzliches erlebt und nicht das Große, das meine jungen Tage gesehen haben. Ich kenne ihn genau. Er schließt lieber ein Bündnis mit seinem Feinde, vorausgesetzt, daß ihm dieser Feind in Gestalt eines Machthabers oder einer geordneten Regierung entgegentritt, als mit seinem eignen, in hundert Willen geteilten, aus dem Geleise des Gehorsams herausgekommenen Volke. Denn er ist ganz auf die Ordnung gestellt. Mit einem einheitlichen Feinde weiß er, woran er ist, mit einer vielköpfigen Volksmasse nie. Heute ist sie mit ihm, morgen gegen ihn, und während das ihm zu Häupten stehende napoleonische Gewitter ihn treffen, aber auch ihn schonen kann, sieht er in der entfesselten Volksgewalt nur ein anstürmendes Meer, das, wenn erst einmal die Dämme durchbrochen sind, unterschiedlos alle gesellschaftliche Ordnung in seinen Fluten begräbt. Und die gesellschaftliche Ordnung gilt ihm mehr als die politische. Und darin hat er recht.«
    Eine kurze Pause entstand; der Prinz erhob sich wieder, ein Zeichen, daß er die Audienz zu schließen wünsche. Er reichte beiden Herren die Hand und dankte dem Geheimrat, daß er ihm Gelegenheit gegeben habe, die nähere Bekanntschaft eines dem Vaterlande treuergebenen Mannes zu machen.
    »Es ist hocherfreulich, selbständigen und bestimmten Ansichten zu begegnen; aber erschweren Sie dem leitenden Minister nicht seine Stellung. Wir werden das Bündnis aufrechterhalten, bis es sich von selber löst, und dieser Zeitpunkt, so nicht alle Zeichen trügen, ist nahe. Der versinkende Dämon nimmt dann auch die Kette mit, die uns an ihn fesselte.«
    »Aber nur, um uns doch und vielleicht für immer in Unfreiheit zurückzulassen; wir werden nichts als die Herrschaft gewechselt haben. Denn unser Tun und Lassen bestimmt unser Los, und andere werden kommen, die dem, der so willfährig die Schleppe trug, eine neue Kette schmieden.«
    »Hoffen wir das Gegenteil.«
    Damit schieden sie. Beide Herren verneigten sich, der Wagen fuhr wieder auf die Rampe, und der französische Doppelposten, der vor dem Palais stand, machte die Honneurs. »Wie hat Ihnen mein Prinz gefallen?« fragte der Geheimrat.
    »Gut; ich fürchte, daß er recht hat und daß ich den Widerstand, den ich in dem Minister suchte, in dem Könige selbst zu suchen habe. Aber auch das erschüttert mich nicht. Ich habe das Bangen vor dem Volke nicht, und ich wage es mit ihm. Es ist eine Torheit, auf die Fehler oder Nachsicht eines Gegners rechnen zu wollen, wenn man die Macht in der Hand hat, ihm die Gesetze vorzuschreiben. Die Hände in den Schoß legen, heißt ebensooft Gott versuchen, als Gott vertrauen. Aide-toi même et le ciel t’aidera.«
    Damit bog der Wagen rechts um die Lindenecke und hielt gleich darauf vor dem Gasthofe »Zur Sonne«, wo man beschlossen hatte, das Dejeuner zu nehmen.

Zweites Kapitel
     
    Auf dem Windmühlenberge
     
    In dem »Wieseckeschen Saal auf dem Windmühlenberge«, in dem erst am Abend vorher der große Silvesterball stattgefunden hatte, waren am Neujahrstage wohl an hundert Stammgäste mit ihren Frauen und Kindern versammelt.

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