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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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sondern weil es muß.«
    »Ich anerkenne den Widerstreit der Meinungen. Aber ich stelle mich persönlich auf die Seite der größeren Erfahrung und des besseren Wissens. Und wo dieses bessere Wissen zu suchen und zu finden ist, darüber kann kein Zweifel sein. Sie müssen der Weisheit meines Großneffen, meines allergnädigsten Königs und Herrn vertrauen.«
    »Wir vertrauen Seiner Majestät…«
    »Aber nicht dem Grafen, seinem ersten Minister.«
    »Eure königliche Hoheit sprechen es aus.«
    »Ohne Ihnen zuzustimmen; denn, mein lieber Major von Vitzewitz, dieser Unterschied zwischen dem König und seinem ersten Diener ist unstatthaft und gegen die preußische Tradition. Ich liebe den Grafen von Hardenberg nicht; er hat den Orden, dem ich fünfzig Jahre als Herrenmeister vorgestanden, mit einem Federstrich aus der Welt geschafft, er hat unser Vermögen eingezogen, unsere Komtureien genommen; aber ich habe seinen Maßregeln nicht widersprochen. Ich kenne nur Gehorsam. Wir leben in einem königlichen Lande, und was geschieht, geschieht nach dem Willen Seiner Majestät.«
    »Dem Worte nach«, antwortete Berndt mit einem Anfluge von Bitterkeit. »Der Wille des Königs – wer will jetzt sagen, wie und wo und was er ist. Unter dem Großen König, Eurer königlichen Hoheit erhabenem Bruder, lag es den Ministern ob, den Willen Sr. Majestät auszuführen, jetzt liegt es Sr. Majestät ob, die Vorschläge, das heißt den Willen seiner Minister zu sanktionieren. Was sonst beim Könige lag, liegt jetzt bei seinen Räten; noch entscheidet der König, aber er entscheidet nicht mehr nach dem Wirklichen und Tatsächlichen, das er nicht kennt, sondern nur noch nach dem Bilde, das ihm davon entworfen wird. Er sieht Freund und Feind, die Welt, die Zustände, sein eigenes Volk durch die Brille seiner Minister. Der Wille des Königs, wie er aus Erlassen und Verordnungen zu uns spricht, ist längst zu einer bloßen Fiktion geworden.«
    Der Prinz verriet kein Zeichen des Unmuts. Er schritt einige Male über den Teppich hin; dann wieder seinen Platz am Kamin einnehmend, antwortete er mit einem Ausdrucke gewinnender Vertraulichkeit: »Sie verkennen den König, meinen Großneffen, Sie und viele mit Ihnen. Ich darf mich nicht rühmen, in die Pläne Seiner Majestät eingeweiht zu sein; es ist nicht Sitte der preußischen Könige, die Mitglieder des Hauses, alt oder jung, zu Rate zu ziehen oder auch nur in den Geschäftsgang einzuweihen; aber das glaube ich Ihnen auf das bestimmteste versichern zu dürfen: das persönliche Regiment, von dem Sie glauben, daß es zu Grabe gegangen sei, ist um vieles größer, als Sie mutmaßen.«
    »Eure königliche Hoheit überraschen mich.«
    »Ich glaube es wohl; auch mag ich mich in diesem und jenem irren; aber in einem irre ich mich nicht, und dies eine ist die Hauptsache. Wie sollen wir uns zu dem Kaiser, unserem hohen Verbündeten, stellen? Das ist die Frage, die jetzt alle Gemüter beschäftigt. Sie glauben, daß es der Minister sei, der zu zögern und hinauszuschieben und durch Versprechungen Zeit zu gewinnen trachtet; ich sage Ihnen, es ist der König selbst.«
    »Weil ihm die Dinge derartig vorgelegt werden, daß er zu keinem anderen Entschlusse kommen kann.«
    »Nein, weil er in einer Politik des Abwartens allein das Richtige sieht. Die Zeit allein wird die Lösung dieser Wirren bringen. Er ist durchdrungen von der Unhaltbarkeit der gegenwärtigen Zustände, und mehr als einmal habe ich ihn sagen hören: ›Der Kaiser ist ohne Mäßigung, und wer nicht Maß halten kann, verliert das Gleichgewicht und fällt.‹ Er hält das Kaisertum für eine Seifenblase, nichts weiter.«
    »Aber eine Seifenblase von solcher Festigkeit, daß Staaten und Throne bei der Berührung mit ihr zusammenstürzen.«
    »Ich bin nicht impressioniert, das Wort meines Großneffen, trotzdem es meine eigene Meinung ausdrückt, aufrechtzuerhalten. Aber er sprach auch wohl von einem Gewitter, das sich austoben müsse. Und glauben Sie einem alten Manne, der durch fast drei Menschenalter hin den Wechsel der Dinge beobachtet hat: es wird sich austoben.«
    »Gewiß, königliche Hoheit, aber nachdem es vorher die höchsten Spitzen getroffen hat.«
    »Wenn sich diese Spitzen nicht so zu schützen wissen, daß der Strahl an ihnen niedergleitet.«
    »Durch Bündnis?« Der Prinz nickte.
    Berndt aber fuhr fort: »Es mag auch das seine Zeit gehabt haben, aber diese Zeit ist um. Ein jeder Tag hat seine Pflicht und seine Forderung. Der eine

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