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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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genommen. Eine Minute später erschien ein fünftes Gespann, etwas größer und nach Art aller gemieteten Schlitten ziemlich unelegant, in dem Lewin, von Hirschfeldt und Bummcke saßen. Jürgaß, der zu beschaffenden Relais halber, war schon seit drei Stunden nach Potsdam voraus.
    Die Begrüßungen gingen eilig, denn es gebot sich, des kurzen Tages halber, mit den Minuten zu geizen. Tubal nahm die Tête, dann folgten die drei jungen Paare, während der »Célibataire-Schlitten«, wie die gräflichen Damen das zuletzt eingetroffene Gefährt in guter Laune getauft hatten, den Schluß machte. An dieser guten Laune nahm alsbald alles teil; die Pferde warfen den Schaum nach hinten, die Schellen und Glöckchen läuteten, und wenn ein niedrighängender Zweig gestreift wurde, stäubte der Schnee in die Luft oder fiel in glitzernden Kristallen auf die Muffen und Bärendecken nieder. Und dabei Geplauder überall, auch in dem abschließenden Schlitten der Célibataires.
    »Wo nur Bninski sein mag?« fragte Lewin. »Er schien so geneigt, uns zu begleiten.«
    »So haben Sie nicht davon gehört?« antwortete Bummcke. »Jürgaß hat ihn gebeten, auf eine Teilnahme an der Partie zu verzichten.«
    »Aber wie konnt’ er nur? Ich wenigstens hätte mich eines solchen Auftrags nicht entledigen mögen.«
    Bummcke lachte. »Sie kennen ja Jürgaß. Ich wette, daß es ihm leichter geworden ist als der müden Krähe, die da eben vor uns auffliegt, das Flügelschlagen. Er verfährt nach dem alten Grundsatz: ›Ehrlichkeit die beste Politik‹ und hat dem Grafen offen gesagt, daß sein Erscheinen eine Verlegenheit schaffen würde. Ich glaube nämlich, er hat eine Überraschung, irgend etwas Preußisch-Patriotisches vor. Sie wissen, er liebt dergleichen. Was ihm Bninski geantwortet, weiß ich nicht, nur so viel ist gewiß, daß ihr gutes Einvernehmen keine Störung erfahren hat. Es überrascht mich nicht. Jürgaß ist harmlos und der Graf eine vornehme Natur. Selbst seine Vorurteile beleidigen nicht. Er haßt uns, aber er haßt das Ganze, nicht die einzelnen. Denken Sie daran, Hirschfeldt, wie liebenswürdig er alles aufnahm, was Sie über Spanien lasen. Es ist nichts Kleinliches an ihm.«
    Hirschfeldt nickte zustimmend, und während dieses Gespräch fortgesponnen und im Anschluß daran des letzten Abends bei Ladalinskis, der alten hochmütigen Exzellenz, der steifen und zeremoniellen Bischofswerder und zuletzt auch der zwischen beiden geführten Fehde gedacht wurde, passierten unsere Freunde den Steglitzer Park, über den die leichter und eleganter gebauten Schlitten der vier Mazurkapaare schon seit einer kleinen Weile hinaus waren. Lewin drang auf prompteren Anschluß, aber der Abstand blieb, und immer, wenn der Weg eine Biegung machte, sah der nachfolgende fünfte Schlitten die Flankenlinie der vier vorausfliegenden Gespanne, die blauen Schleier der Damen und die weißen Schneedecken, die sich im Winde bauschten und blähten.
    An den ausgebauten Häusern von Zehlendorf vorbei ging es im Fluge auf das Stimmingsche Gasthaus am Wannsee zu, und Lewin, mit der Hand nach links deutend, wies jetzt auf eine umfriedete, nur an vier Pappeln erkennbare Stelle hin, wo sich seit Jahresfrist der Grabhügel Heinrichs von Kleist erhob. Hirschfeldt, damals schon in Spanien, wußte nichts von dem beklagenswerten Ereignis, und so fiel es seinen Gefährten zu, ihm von den letzten Schicksalen, dem Leben und Sterben eines Kameraden zu erzählen, mit dem er, als beide noch in derselben Garnison standen, wenigstens oberflächlich bekannt gewesen war. Von dieser Erzählung sprang das Gespräch bald zu seinen Dichtungen über, und der Charakter des Käthchens von Heilbronn, vor allem die dramatische Berechtigung oder Nichtberechtigung des Somnambulen war noch keineswegs festgestellt, als schon ihr Schlitten durch die defileeartige Schmalung hindurchglitt, die bei Kohlhasenbrück durch den dicht an die Straße herantretenden Fichtenwald und von der anderen Seite her durch das Röhricht des Griebnitzsees gebildet wird. Eine Minute später, und die verschneiten Weberhäuser von Nowawes, nicht viel größer wie winterliche Grabhügel, lagen zu beiden Seiten, und jetzt am Brauhausberg, dann an der Schloßkolonnade vorbei, ging es in das stille Potsdam hinein. Heute stiller denn je, denn der Hof und die Garden, wie es die alte Exzellenz an dem letzten Ladalinskiabend vorhergesagt hatte, waren seit einer halben Woche fort. Am Jägertore hielt Jürgaß, zehn Schritte weiter

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