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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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den goldenen Erbring hineingewachsen war. Da war er also wieder. Die gnädige Mutter Natur gab ihn heraus, und Josua von Bredow und seine geborene von Ribbeck wußten nun, daß wieder bessere Tage kommen würden. Er gab ihr einen Kuß und strich den alten Arnstedt ohne Widerrede aus. Und als in der Woche darauf die silberne Hochzeit wirklich gefeiert wurde, da traten sie zum zweitenmal vor den Altar, und der alte Lehniner Pastor Krokisius, der aber damals noch bei mittlern Jahren war, hielt eine wunderschöne Rede über den Spruch: ›Wen Gott lieb hat, dem müssen alle Dinge zum Besten dienen.‹ Und als seine Rede, denn er konnte sich nicht kurz fassen, endlich zu Ende war, da nahm er die Hand der Silberbraut und steckte den Ring an denselben vierten Finger, von dem ihn die böse Haselrute abgestreift und dadurch eine lange Zwischenzeit des Unfriedens geschaffen hatte. Am Tage nach dieser Feier aber, denn sie mochten sich von ihrem Schatz nicht wieder trennen, ließen sie von Berlin her einen Graveur kommen, der mußte den Tag des Verlustes und des Wiederfindens in den Ring eingraben und die schöne Bibelstelle, über die Pastor Krokisius gepredigt hatte. Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie heutigen Tages noch.«
    Die Gräfin-Exzellenz hatte während der Erzählung mehr und mehr ihre hautaine Haltung abgelegt und tippte jetzt Lewin, wie zur Besiegelung ihrer jungen Freundschaft, mit der Lorgnettenspitze auf die Hand.
    Kathinka versprach, sobald sie Königin geworden sein würde, ihn als Traumdeuter und ersten Erzähler an ihren Hof zu ziehen, und nur die Bischofswerder konnte sich nicht darüber beruhigen, daß dieser entzückende Ring gerade in eine Kartoffel hineingewachsen sei, »die Poesie leide darunter«, eine Bemerkung, der Lewin ohne weiteres zustimmte, weil er die Unmöglichkeit einsah, in diesen ästhetischen Anschauungen Licht zu schaffen.
    Der alte Geheimrat, seiner Natur entsprechend, verweilte bei Nebensächlichkeiten und wollte namentlich wissen, welcher Bredowschen Linie der Erbring angehört habe. Dann kam er auf Lehnin , verbreitete sich über die Weissagung, deren erste und letzte Zeilen er im lateinischen Original auswendig wußte, und schloß mit einem Seufzer darüber, daß ihm während voller siebzehn Jahre ein Besuch dieser alten Kulturstätte, zugleich des Begräbnisplatzes so vieler Markgrafen und Kurfürsten, versagt geblieben sei.
    »Aber warum versagt?« unterbrach ihn Tubal, und ehe der alte Ladalinski antworten konnte, fiel Kathinka mit aller Bestimmtheit ein: »Machen wir die Partie. Wer ist unser Reisemarschall? Tubal, nein; Lewin, zweimal nein. Aber Sie, Herr von Jürgaß! Ich will nicht so viel Menschenkenntnis haben, um einen Attaché von einem Professor zu unterscheiden, wenn Sie nicht der geborene Reisemarschall sind.«
    »Ich würde sofort meine Unfähigkeit beweisen, wenn ich widerspräche.«
    »Also angenommen?«
    »Ja.«
    »Und wann?«
    »Nicht vor Dienstag. Wir haben in Potsdam Relais; so ist es Zeit, wenn wir um Mittag aufbrechen. Rendezvous: Schöneberg, am ›Schwarzen Adler‹. Zwölf Uhr pünktlich. Au revoir.«

Fünfzehntes Kapitel
     
    Lehnin
     
    Und der verabredete Dienstag kam. Aber er kam nicht, ohne daß das eingetreten wäre, was bei ähnlichen Verabredungen immer einzutreten pflegt: die Hälfte hatte sich inzwischen eines andern besonnen. Nicht nur die Gräfin-Exzellenz samt der Dame d’atour vom Hofe der hochseligen Königin, auch der alte Geheimrat, dessen pedantisch-romantisches Verlangen, die lateinischen Zeilen der Lehninschen Weissagung an Ort und Stelle zitieren zu können, den eigentlichen Anstoß zu der Partie gegeben hatte, hatte schließlich auf die Teilnahme daran verzichtet. Aber an Stelle dieser ausscheidenden Elemente waren andere herangezogen worden, und ein frischer, in der Nacht von Montag auf Dienstag gefallener Schnee versprach eine rasche und prächtige Fahrt. Denn man war übereingekommen, die Partie zu Schlitten zu machen. Ein leiser Ostwind ging, die Sonne schien, und der Himmel stand blau und wolkenlos wie eine Glocke.
    Es schlug eben zwölf vom Schöneberger Turm, als vier Schlitten vor dem »Schwarzen Adler«, dem durch Jürgaß bestimmten Rendezvous, vorfuhren. Ihre Insassen waren Bekannte vom Ladalinskischen Balle her, Graf Matuschka, Graf Seherr-Thoß, Graf Zierotin, alle drei mit ihren jungen Frauen. Nur Bninski fehlte. Statt seiner war Tubal als Schlittenpartner eingetreten und hatte an Kathinkas Seite Platz

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