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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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ja, ich glaube, ich könnte es, unpoetisch wie ich bin. Ich würde den Trauring als einen kleinen runden, in seiner Mitte ausgehöhlten König auffassen, der alle guten Leute beherrscht, die Ehrbaren und die Tugendsamen. Und an den Stufen seines Thrones stände sein erster Minister, als ehrbarster und tugendsamster, und er hieße Lewin.«
    Lewin wurde blaß und rot, faßte sich aber rasch und sagte ruhig: »Nach einer Charakterschilderung wie dieser werd’ ich mich freilich der an mich ergangenen Aufforderung nicht entziehen können, um so weniger, als es von König Pharaos Tagen her zu den Aufgaben und Vorrechten eines Tugendministers gehört, Träume zu deuten und Geschichten zu erzählen. Und so beginn’ ich denn:
    Es war also wirklich ein Erbring, breit und mit allerhand Zeichen, und eine junge Frau von Bredow, deren Eheherr, Josua von Bredow, Rittmeister und Amtshauptmann von Lehnin war, trug ihn am Ringfinger der linken Hand. Den Winter über lebte das junge Paar in der kleinen Perleberger Garnison, wenn aber der Mai kam, gingen sie, wie sich’s gebührte, nach Lehnin, um in dem geräumigen Abthause, dem einzigen, das aus alten Klostertagen her noch geblieben war, ihre amtshauptmannschaftliche Wohnung und zugleich auch eine Sommerfrische zu nehmen. Das waren dann glückliche Wochen, und sie fuhren nach Plessow, Göttin, Reckahne, um die verschiedenen Rochows, und ebenso nach Groß-Kreuz, um den alten Herrn von Arnstedt zu besuchen, ihr liebstes aber blieb doch immer, an dem schönen Klostersee spazieren zu gehn, besonders wo zwischen Brombeer- und Haselsträuchern hin der Weg über die dicht in Blumen stehende Wiese läuft.«
    »Wie hübsch«, sagte Kathinka. »Ich hätte mit von der Partie sein mögen.«
    »Und eines Abends«, fuhr Lewin fort, »machten sie wieder ihren Spaziergang, und weil gerade die Hagerosen blühten, wandelte die junge Frau die Lust an, eine derselben zu pflücken. Sie drückte deshalb, um die Rose leichter abreißen zu können, einen dicht umherstehenden Haselstrauch beiseite, aber im selben Augenblicke, wo sie die Linke nach der Rose hin ausstreckte, schlug die stärkste der Haselruten wieder zurück und streifte ihr den Ring vom Finger. Sie sah den goldenen Bogen, den er in der Luft beschrieb, und wie er dann auf den Wiesenstreifen dicht hinter der Hecke niederfiel. Ein leiser Schrei kam über ihre Lippen; dann teilten beide sorglich die Hecke, bückten sich und begannen zu suchen. Sie suchten noch, als schon die Mondsichel am stillen Abendhimmel stand; sie suchten in der Frühe des Morgens und als es Mittag war. Aber umsonst, der Ring war fort. Du wolltest mit von der Partie sein, Kathinka; vielleicht daß deine glückliche Hand ihn gefunden hätte.«
    »Keine Diversionen«, lachte diese. »Die Geschichte, die Geschichte.«
    »Und mit dem Ringe war das Glück des jungen Paares dahin; nicht langsam und allmählich, sondern unmittelbar. ›Du hättest vorsichtiger sein sollen‹, sagte der Eheherr im Tone des Vorwurfs, und mit diesem Worte war es geschehen. Aus dem ersten Vorwurf wurde der erste Streit, und alles, was den Frieden eines Hauses stören kann, brach in Jahresfrist herein: Krankheit und Kränkung, Mißernten und Eifersucht.«
    »Auch Eifersucht? Nicht doch. Du darfst deine Helden nicht mutwillig um die Gunst deiner Hörer bringen.«
    »Nur um sie neu zu gewinnen. Allerdings erst für spätere Zeiten.«
    »Dann überschlage, was zwischen liegt.«
    »So wollt’ ich auch. Die silberne Hochzeit war endlich nahe, und Josua von Bredow, der längst den Dienst quittiert und sich auf seine Amtshauptmannschaft in die Lehniner Einsamkeit zurückgezogen hatte, dachte trotz manchen Unfriedens, der nach wie vor in seinem Hause herrschte, den Tag zu feiern. Es waren doch immer fünfundzwanzig Jahre! Er hatte deshalb einen großen Bogen Papier vor sich und schrieb eben die Namen derer auf, die zu dem Tage geladen werden sollten, als ihm Frau von Bredow, die trotz ihrer fünfundvierzig immer noch eine hübsche und stattliche Frau war, über die Schulter sah und auf das bestimmteste forderte, daß der alte Arnstedt, der sich auf dem letzten Potsdamer Ball ungebührlich benommen habe, gestrichen werden sollte.
    Eine Szene schien unvermeidlich. Da trat in großer Aufregung die Wirtschafterin ins Zimmer und sagte: ›Gnädiger Herr, da is er; die alte Holtzendorffen hat ihn eben gefunden.‹ Und dabei legte sie eine große Frühkartoffel vor ihn hin, die, beim Ansetzen, mit ihrer Spitze in

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