Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
fünfhundert starke,
Ich wollte so viele Kühe wegholen
Wohl aus der alten Marke.
Wüßt ich, wer uns Fußmann wollte sein
In die alte Marke hinein,
Ein Pferd wollt ich ihm geben.«
»Ein Pferd möcht ich verdienen«,
Sprach da Gebhard von Rundstede.
»Ich will Euch führen in ein voll Land,
Das ist unberaubt und unverbrannt,
Da ist wohl viel zu nehmen.
Wir haben viel starke Gewappnete,
Wer sollte da das uns wehren?«
Zu der Hagemühle zogen sie hin,
Bading war ihre von Anbeginn,
Dazu auch Schäpelitze.
Vor Klöden zogen sie vorbei –
Sie zogen nach Garlippe.
Das ward der Badingsche Schulze gewahr,
Er ritt nach Stendal vor das Tor:
»Wohlauf, ihr Bürger alle,
Wollt ihr nichts weiter dazu tun,
Bleibt uns keine Kuh im Stalle.«
Die Bürger von Stendal waren so stolz,
Sie zogen nach Deetz wohl hinter das Holz,
Daß man keinen vorzeit erschaue.
Das beweinte sehr Herrn Bussos Weib
Und so manche stolze Fraue.
Von ihrer wahrscheinlich hoch gelegenen Stellung aus sahen die Stendaler unter ihrem Werner von Calve, daß die Harzgrafen samt dem geraubten Vieh an einem Hügelabhang auf der Feldmark von Klinke lagen, und ohne Rast oder Ruhe zu nehmen, packten sie den Feind…
… Und ehe der Tag zum Abend ging,
Mußte der die Beute lassen.
Sie schlugen Herrn Busso auf den Kopf,
Dazu auf seinen Waffenrock
Und auf seine Pickelhaube.
Da machte manch stolz Gewappneter
Sich flüchtig aus dem Staube.
Werner von Calve, der gute Mann,
Er ritt die Feinde selber an,
Er griff wohl nach dem Schwerte.
»Wer uns ein ehrlicher Mann will sein,
Der steche gut in die Pferde.«
Werner von Calve war in der Mitten,
Er ward wohl durch und durch geritten,
Das war der größte Schade,
Den die von Stendal haben genommen –
Gott gebe ihm seine Gnade.
Bänkelsänger und fahrende Leute, die solche Gesänge vortrugen, zogen viel durchs Land, denn die Zeit zeitigte beständig dergleichen, weil man, im Gegensatz zu der gewöhnlichen Annahme, mehr erlebte wie heutzutage, wo sich das Dasein ausschließlich in große Politik und kleines und kleinstes Haus- und Privatleben teilt. Damals aber gab es noch etwas Dazwischenliegendes, das nicht groß und nicht klein war, das war der nie ruhende Kampf der Stadt- und Adelsgruppen unter- und gegeneinander. Dazu das reiche kirchliche Leben. Alles sprach zu Gemüt und Phantasie. Versuch ich beispielsweise in nachstehendem aufzuzählen, was man auf Burg Quitzöwel in einem Zeitraume von zehn Jahren, und zwar im Umkreise weniger Meilen, erlebte.
1375 weilte Kaiser Karl IV. fast beständig in dem nahe gelegenen Tangermünde , das er beflissen war in einen Kaiserhof umzugestalten. Ein Schloß entstand und eine Kapelle, deren Edelsteinpracht ans Märchenhafte streifte. Mehr als einmal war man von Quitzöwel aus drüben, um den fortschreitenden Bau zu verfolgen und anzustaunen, und wenn dann Dietrich und Johann, und Kaspar Gans mit ihnen, wieder daheim und ihre Herzen und Sinne von dem Erschauten erfüllt waren, so spielten sie, des Reiches Herrlichkeit unter sich teilend, Kaiser und König. »Und so kindisch diese Spiele waren, sie riefen doch allerlei Ideen von Macht und Größe wach, die Wurzel schlugen und fortwuchsen.«
1378 starb der Kaiser, und das ganze Land trauerte, zumeist aber Altmark und Prignitz, denen der Heimgegangene durch alles das, was er für Tangermünde getan hatte, vielfach eine Quelle des Wohlstandes geworden war. Das Jahr darauf erschien der siebzehnjährige Sigismund in der ihm zugefallenen Markgrafschaft Brandenburg, um Eid und Huldigung in Empfang zu nehmen und den Städten und Ständen ihre Privilegien zu bestätigen. Am 17. März war er in Salzwedel, am 27. zu Tangermünde. Von allen. Seiten her strömte man daselbst zusammen, und unter denen, die, zujubelnd, auf dem Markt- und Rathausplatze der Stadt standen, waren auch die Quitzowschen Junker, ahnungslos, daß sie bestimmt waren, sich dereinst der Majestät ebendieses Sigismund gegenüberzustellen. Und abermals ein Jahr, und Berlin ging in Flammen auf: das Rathaus, die Marien- und Nikolaikirche brannten nieder, und ein lateinisches Distichon ging von Mund zu Mund, das in Übersetzung lautete:
Am Tiburtiustag verheerte, Berlin , dich ein Feuer,
Und in Asche versenkt, trauert der Städte Zier.
Das war 1380 am 11. August. Im selben Jahre stand ein Komet am Himmel und predigte Krieg. Und der Krieg kam, und auch die Prignitz sah ihn.
Am 4. März 1381 zog ein von Bassewitz vor Kyritz und
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