Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
seine Geburt. Die Familie zählte zu den Ritterbürtigen, nicht aber zu den »Edlen«, stand vielmehr in Lehnsabhängigkeit vom Hause Putlitz, das seinerseits wieder bei den mecklenburgischen Herzögen zu Lehn ging. In die vielen Fehden, ebenso der Herzöge wie der Putlitze, sah sich Köne von Quitzow als mittel- und unmittelbarer Lehnsträger beständig hineingezogen, dabei »der Not aber sehr wahrscheinlich auch dem eigenen Triebe gehorchend«. Mannigfach begegnen wir seinem Namen in Urkunden und Chroniken, die die Kämpfe jener Zeit beschreiben, aber so viel und oft er zu Kampf und Fehde draußen sein mochte, so viel war er doch auch daheim auf seinem Quitzöwelschen Hause, drin ihm, zu Beginn unserer Erzählung, zwei Knaben und eine Tochter heranwuchsen, Dietrich, Johann und Mathilde , von denen Dietrich 1366, Johann 1370, die Tochter aber, die sich später einem von Veltheim auf Schloß Harpke vermählte, wahrscheinlich zwischen 1366 und 70 geboren war. Der Geburt zweier jüngerer Söhne werden wir in einem folgenden Kapitel Erwähnung tun.
So war, soweit die Familie mitspricht, der Quitzöweler Hausbestand um 1375, ein Hausstand, der sich immer nur auf Wochen und Tage hin erweiterte, wenn die benachbarte Vetternschaft aus Stavenow, Rühstädt und Kletzke zu Begehung einer Familienfeier oder auch wohl zu gemeinschaftlichem Kriegszuge vorsprach. Mit ihnen kamen dann die Putlitze, zwei Brüder, Achim und Busso, deren ohnehin intime Beziehungen zum Quitzöweler Hause noch wuchsen, als sich zwischen Busso von Putlitz’ ältestem Sohne Kaspar Gans und den beiden Quitzowschen Söhnen eine Freundschaft herausbildete, von der schon hier gesagt werden mag, daß sie, durch vier Jahrzehnte hin, alles Glück und Unglück des Lebens siegreich überdauerte. Zunächst nahm das vielfache Beisammensein der Knaben, wobei Quitzöwel die bevorzugte Stätte blieb, den Charakter einer gemeinschaftlichen Erziehung an, der es, unter den Plaudereien alter Burgknechte, nicht an Anregungen für die Phantasie fehlte. Dicht vorm Dorfausgange lagen die Segeberge , wo die diesseits der Elbe noch in Macht und Unabhängigkeit verbliebenen Wendenstämme den um 1056 über die Elbe vordringenden Sachsen eine große Schlacht geliefert und den Markgrafen Wilhelm, den Führer der Sachsen, besiegt und erschlagen hatten. Seine Leiche war nicht gefunden worden, und Kaiser Heinrich III. hatte sich sowohl den Tod des Freundes wie den Niedergang seiner Sache derart zu Herzen genommen, daß er darüber starb. Aber schon im nächsten Jahre war ein neues Sachsenheer über die Elbe gegangen, und am Abhange derselben Berge, wo man das Jahr zuvor gestritten, war nun zum zweiten Male gekämpft und den Bergen selbst, auf denen man jetzt gesiegt hatte, der Name der »Sieg-« oder Segeberge gegeben worden. Ausgepflügte Schwerter- und Panzerstücke bewahrheiteten das Erzählte.
Das waren zurückliegende, gelegentlich auch wohl mit Sagenhaftem ausgeschmückte Vorgänge; was aber die Gemüter mächtiger erregte, das war, wenn fahrende Leute des Weges kamen und nach Sitte der Zeit, in Liedern und Balladen, allerlei Geschehnisse berichteten, die sich fern und nah, ja nicht selten in unmittelbarster Nähe, zugetragen hatten. Unter diesen Vorgängen stand damals ein Kampf obenan, der zwischen den sogenannten Harzgrafen und den Stendalern ausgefochten worden war. Einer der Wernigeröder Grafen, dazu die Grafen von Regenstein und von Egeln, hatten sich mit Busso von Alvensleben auf Erxleben und zugleich auch mit Gebhard von Rundstede, der den Führer machte, zu einem Streifzug nach der Altmark hin verbunden, der denn auch wirklich am 3. November 1372 gegen die zur Altmark gehörigen Dörfer Schäpelitz, Badingen, Deetz und Garlipp unternommen wurde. Der Zug war sehr stark, gegen 500 Mann, so daß die sich zum Widerstande zu schwach fühlenden Dörfer die Hülfe der Stendaler anriefen, die denn auch gewährt wurde. Sie kamen. An ihrer Spitze stand Werner von Calve, Bürger oder vielleicht auch Bürgermeister der Stadt. Bei Deetz traf er auf den Feind, der sich hier, samt dem zahlreich geraubten Vieh, hinter einem Berge gelagert hatte. Sofort ging er zum Angriff über, die Grafen in die Flucht schlagend, wobei Busso von Alvensleben auf Seite der Gräflichen und leider auch Werner von Calve auf Seite der Stendaler fiel. Das Lied aber, eines der schönsten aus der Zeit lautete:
Herr Busso von Erxleben sich vermaß
Wohl auf dem Hause, da er saß:
»Wär ich
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