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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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werden konnte, war immer noch der Kaiser Sigismund. Wäre den Gebrüdern Quitzow gelungen, wonach sie strebten, wer möchte bestimmen, was das Schicksal der Mark gewesen wäre? Wahrscheinlich Zersplitterung, ein Neben- und Durcheinander von Reichsstädten und Reichsritterschaften. Zum Glück für die Mark, für Preußen und für die politische Gestaltung von ganz Europa ist es dahin nicht gekommen, allein die Urheber solcher Entwürfe können wenigstens auf eine ebenso gerechte Würdigung Anspruch machen wie Franz von Sickingen, dessen Pläne auch auf Herstellung des kaiserlichen Ansehens und auf eine Erweiterung der Rechte des Ritterstandes hinausgingen. Zum Beweise übrigens, wie sehr historische Vorurteile dazu beitragen können, unverdienterweise wirklichen Nachteil zu stiften, mag hier zum Schlusse hervorgehoben werden, daß, als zur Zeit König Friedrich Wilhelms I. die von Dietrich von Quitzow abstammende Hauptlinie der Familie ausstarb, der König, bei Wiederverleihung der erledigten, sehr beträchtlichen Lehne, die übrigen Linien nur aus dem Grunde überging, weil ihm einige Günstlinge vorstellten, ›daß die Quitzows sich gegen seine Vorfahren als Hochverräter und Rebellen betragen hätten und die Familie daher einer Berücksichtigung gar nicht wert sei‹.«
     
    So Riedel, so Raumer – unsere besten Spezialhistoriker deren Urteile hinsichtlich der Quitzowzeit sich also diametral entgegenstellen. Wer hat recht? Riedel hat recht, von Räubereien und Felonie zu sprechen, aber Raumer hat, meinem Ermessen nach, noch ein viel größeres Recht, beides zu bestreiten. Riedel ist der gelehrtere, gründlichere Forscher (das Maß seiner Kenntnis ist wohl von keinem andern erreicht worden), aber Raumer ist der weitaus bedeutendere Historiker. Er hat das Auge des Geschichtsschreibers, er begreift große Vorgänge, während es mir bei Riedel, dessen Standpunkt nicht hoch genug ist, um einen freien Blick zu gestatten, zweifelhaft erscheint, ob man ihn überhaupt zu den Historikern zählen kann. Ausgezeichneter Forscher sein heißt noch nicht Historiker sein. Raumer beurteilt alles aus der zu schildernden Zeit, Riedel alles aus seiner eigenen Zeit heraus. Er wirft Raumer Tendenzen und Vorurteile vor, während er selber in Vorurteilen steckt und derselben Parteilichkeit Ausdruck gibt, die sich schon in Wusterwitz’ Aufzeichnungen findet. Unseres Volkes Fühlen stellt sich freilich ganz auf die Seite Riedels und wird, wenn nicht für immer, so doch noch auf lange hin in dieser Stellung beharren. Zu der Oberacht, die Kaiser und Reich über die märkische Fronde verhängten, kommt die schlimmere, die durch vier Jahrhunderte hin auch die Nachgeborenen über die Quitzows ausgesprochen haben. Aber diese Verurteilung ist ungerecht, und alles, was ich zugestehen kann, ist das, daß ich diese Verurteilung trotz ihrer Ungerechtigkeit begreiflich finde. Sie hat ihren Grund zunächst in einer falschen Fragestellung und zum zweiten in einer rühmlichen, aber deplacierten Loyalität, begleitet von einem unausrottbaren Adelsantagonismus des märkisch-bürgerlichen Gefühls.
    Über beides noch ein Wort.
    In einer falschen Fragestellung, weil die Dinge beständig daraufhin angesehen werden, als ob es sich um die Frage handle, was vorzuziehen sei, Quitzowtum oder Hohenzollerntum? Darum aber hat es sich, seit Friesack und Plaue fielen und Kaspar Gans bei Ketzer-Angermünde die Scharte auswetzte, nie mehr gehandelt, nicht einmal bei dem gedemütigten Adel selbst. Man ist einig darüber, daß der Sieg des Burggrafen ein Glück war und daß der Sieg der adligen Opposition ein Unglück gewesen wäre. Dies Zugeständnis kann aber die Rechtsfrage nicht tangieren. Es war das gute Recht des Adels, von einem neuen Verweser und Pfandinhaber nicht viel wissen zu wollen. Die voraufgegangenen Erfahrungen berechtigten dazu. Sollten in unserer und aller Geschichte nur immer die gelten, die zu jeder Anordnung oder jedem offiziellen Geschehnis ja und amen sagen oder gesagt haben, so würden wir so ziemlich alle Namen streichen müssen, bei deren Nennung uns das Herz höher schlägt. Daß der Burggraf siegte, muß, wie wir nur wiederholen können, als ein unendlicher Segen für Land und Volk angesehen werden, daß man ihm aber damals Opposition machte, war verzeihlich, vielleicht gerechtfertigt.
    Und diese Frage richtig zu stellen wäre denn auch sicherlich längst geglückt, wenn nicht – und damit gehen wir zu dem zweiten Punkt über – die durch

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