Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
kaum zwei Pfund wiegen. Das Zaumzeug bestand in einer Trense.
Hiermit schließen die Briefe. Bald nachher erfolgte die Heimreise, die, mit Benutzung der Mail, über Colchester nach Harwich und von Harwich aus, auf dem Packetboote, bis Rotterdam ging. In Diersforth, bei »Onkel Wylich«, wurd eine kurze Rast genommen, und Mitte Juli war unser Reisender wieder zurück. Aus dem geplanten Kriegszuge war eine durch die Zeitverhältnisse besonders interessante »Kavaliertour« geworden.
In Bälde nahm Karl von H. seine Studien wieder auf, entsagte dem gesellschaftlichen Leben und steckte, mit der ihm eigenen Assiduität, in allerhand physikalischen und chemischen Experimenten, als im März 1815 plötzlich die Nachricht von Haus zu Haus lief: »Napoleon wieder da.« Zur Bekämpfung des Weltstörenfrieds setzte sich, wie bekannt, alles unverzüglich in Bewegung, und diesmal mit dabei zu sein war ein unerläßliches Gebot der Ehre. Selbst der alte Freiherr enthielt sich jeden weiteren Widerspruchs und willigte, wie schon erzählt, in den Eintritt des Sohnes bei von Colombs 8. Husaren. Das war im Mai. Mitte des Monats (am 18.) erreichte Karl von H. sein zwischen Wegeleben und Quedlinburg in Cantonnements-Quartieren liegendes Regiment und schrieb Tages darauf: »Ich bin der 3. Schwadron unter Rittmeister von Zychlinski zugeteilt worden, was mir außerordentlich lieb ist. Denn in die Depotschwadron gesteckt zu werden, was doch immerhin möglich war, wäre das Nonplusultra von Unannehmlichkeit für mich gewesen. Ich befinde mich wohl, und Jochen (der Reitknecht, den ihm der Alte mitgegeben) benimmt sich so geschickt, als ob er schon jahrelang gedient hätte.« Gleich danach erfolgte der Aufbruch. Am 23. war man in Goslar, am
30. in
Kassel und zwei Tage später in Fritzlar. »Ich bin von der 3. Schwadron des Rittmeisters von Zychlinski zur 1. Schwadron des Rittmeisters von Loën versetzt worden, der sehr höflich gegen uns Volontärs ist, womit sich von Zychlinski nicht aufhielt. Ebenso ist Major von Colomb von großer Freundlichkeit gegen uns. In Kassel trat er in einen Gasthof, in dem wir saßen, setzte sich zu uns und aß mit uns. Das hätten nicht viele Regimentskommandeure getan. Wenn Du schreibst, so schreibe bloß: ›An den Volontär von Hertefeld , im Husarenregiment No. 8., IV. Armeecorps, Kavalleriedivision Prinz Wilhelm von Preußen.‹ Unter dieser Adresse treffen mich alle Sendungen am sichersten.«
Am 10. Juni war das Regiment in Köln, am
12. in
Aachen und am
15. in
Viset an der Maas. »Es geht nun an den Feind. Er ist ganz nah…« Ein Signal unterbrach ihn hier, und die nächsten Zeilen (vom 24.) sind bereits sechs Tage nach Waterloo geschrieben. »Früh am 16. brachen wir auf und marschierten in einem fort, bis wir am 17. abends zur Armee stießen und in einem aufgeweichten Boden bivouakierten. Am andern Morgen (18.) defilierte die Infanterie an uns vorbei. Gegen Mittag setzten wir uns ebenfalls in Marsch, und nicht lange, so hörten wir eine Kanonade, die beständig wuchs. Es wurde uns etwas schwül. Dann aber hieß es Trab, und eine kleine Weile noch, so lag das Schlachtfeld vor uns, und die Kugeln pfiffen uns um die Ohren. Eine weitläuftige Beschreibung der Schlacht wirst Du von mir nicht verlangen; ich weiß auch nur, wie’s auf dem Flecke zugegangen ist, auf dem wir standen. Wir mußten anfänglich zwei Batterien decken und abwechselnd Bewegungen nach rechts und links machen. Alles im heftigsten Kanonenfeuer. Plötzlich ging es im Trabe vorwärts, und zwar in solcher Eile, daß gar nicht einmal Regiment formiert wurde, sondern jede Schwadron für sich blieb. Eine kleine Anhöhe hatten wir vor uns. Als wir da hinaufkamen, standen französische Lanciers vor uns, und nun ging’s drauflos. Aber ehe wir noch heran waren, machten sie kehrt, und nun ging es munter hinterher. Ich setzte einem Offizier nach und stach ihn in den Rücken, in demselben Augenblick aber hieb ihn unser Wachtmeister übers Gesicht, so daß er gleich herunterstürzte. So ging es noch eine Strecke weiter, bis wir in Infanteriefeuer kamen und nun unsererseits kehrtmachten. In einiger Entfernung raillierten wir uns wieder, kamen aber nicht mehr zur Attacke und blieben nur immer einem starken Kanonenfeuer ausgesetzt. Gegen Abend rückten, rechts von uns, ungeheure Truppenmassen in die Front. Es war die englische Armee; der Sieg war unser. Wir verfolgten den Feind noch eine Strecke, kamen aber nicht an ihn, weil andere
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