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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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meinen Vater, andererseits aus einer Stube für uns Kinder. Wo es irgend ging, waren verbleibende kleine Raumreste zu Schlafkammern hergerichtet; nur der Saal blieb von so niederer Umgebung verschont. Im übrigen war alles klein und eng. Von gefälliger Ausschmückung an Wand oder Decke zeigte sich nirgends eine Spur, Öfen und Dielen waren schlecht, ganz besonders unschön aber war die schüttgelbe Farbe, womit, wie der Flur, so auch alle Zimmer des Hauses gleichmäßig gestrichen waren. Nur die Gehilfenstube – vielleicht in Huldigung gegen die daneben liegende Apotheke – zeigte statt des Schüttgelb einen Anstrich von Schweinfurter Grün, bekanntlich arsenikhaltig. Um aber die gesundheitswidrige Wirkung dieser Farbe nach Möglichkeit auszugleichen, war in eine der obersten Fensterscheiben eine blecherne Rose eingesetzt, die unter beständigem Sichdrehen für frische Luft zu sorgen hatte, dabei aber einen unerträglichen Lärm machte. Ja, häßlich, eng und vernachlässigt war alles, am vernachlässigtsten aber war die Kinderstube, drin, grad in der Mitte, ein großes Stück Diele fehlte, so daß der Dünensand, darauf das Haus ohne Untermaurung stand, zum Vorschein kam. Später söhnte ich mich mit diesem Dielenloch freilich aus, denn gerade diese Sandstelle wurde, wenn wir bei schlechtem Wetter nicht hinaus konnten, zum bevorzugten Spielplatz für uns Kinder, wo wir mit vier würfelförmigen Steinen unser Lieblingsspiel spielten. Dies Lieblingsspiel hieß »Knut«, war also vielleicht dänischen Ursprungs und lief darauf hinaus, daß man, den vierten Stein hoch in die Luft werfend, ihn im Niederfallen unter gleichzeitigem Aufraffen der im Sande liegengebliebenen drei andern Steine wieder auffangen mußte.
    Neben dieser bequemen Spielgelegenheit beherbergte die Stube, um vom Guten nichts zu verschweigen, auch noch ein   andres, das für ein phantastisches Kind wohl angetan war, mit der sonst herrschenden Dürftigkeit auszusöhnen. Gerade hier nämlich war, auf einem Lehnstuhl sitzend, der alte Geißler gestorben, und wenn ich mich abends an ebendieser Stelle zwischen Schrank und Ofen niederließ und dann das Klappen und geheimnisvolle Rumoren über mir anhob, so war der Zauber davon so groß, daß von Prosa der Umgebung keine Rede mehr sein konnte.
    Das alles aber empfand ich erst später. Vorläufig kehre ich zu Schilderung der verschiedenen Räumlichkeiten zurück. Unter diesen nahmen Laboratorium und Küche den ersten Rang ein. Beide konnten als Glanzstücke gelten, und wenn die Küche mit ihrem bis dicht auf den Herd herabhängenden und mit blankem Ruß ausgefüllten Rauchfang etwas von einer spanischen Posada hatte, so präsentierte sich, von der andren Seite her, das Laboratorium mit seinen Retorten und Destillierapparaten (zwischen denen ein getrockneter Buttfisch von der gewölbten Decke hing) als ein vollkommen alchimistischer Raum, darin Faust sein »Habe nun, ach« ohne weitres hätte beginnen können. Ja, in seiner grotesken Unmodernität war hier, im vollsten Gegensatz zu den prosaischen Wohnräumen, alles frappierend interessant, und ich könnte noch jetzt Veranlassung nehmen, davon zu schwärmen, wenn ich nicht gleich damals, beim ersten Eintritt in die ganze phantastische Herrlichkeit, eine Kopfschmerz erzeugende, mich arg bedrückende Luft wahrgenommen hätte. Nicht zu verwundern. Mitten in dem Laboratorium stand eine Plumpe, der es nicht bloß oblag, den ganzen Hausstand mit Wasser zu versorgen, sondern auch sämtliche, von Dekokten und allerhand Aufgüssen herrührende Blätter- und Wurzelreste wegzuschwemmen. All dieser Abgang wurde vermittelst einer schräglaufenden Steinrinne in eine Senkgrube geführt, die sich schon draußen auf der Straße befand, deren Ausdünstungen aber nichtsdestoweniger in das Laboratorium zurückschlugen. Allzu schlimm kann es nun freilich damit nicht gewesen sein, denn während meines fünfjährigen Swinemünder Aufenthalts kam in unsrem Hause kein Typhusfall vor, nur für mich persönlich wurde diese Sumpfluft geradezu schrecklich, und alsbald, und dann ein ganzes Jahr   lang, vom kalten Fieber geschüttelt, legte ich hier die Grundlage zu meinem immer zum Malariafieber hinneigenden Gesundheitszustande. Sehr wahrscheinlich wäre mir dies alles erspart geblieben, wenn sich mein Vater zu zwanzig oder fünfzig Gran Chinin hätte aufraffen können. Aber Chinin war damals noch teuer, und so mußte ich mich mit einer aus Chinarindenpulver und eingedicktem

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