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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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unterliegen muß, und in diesem Sinne blicke ich auch auf sich gegenüberstehende Streitkräfte. Ich verlange von 300.000 Mann, daß sie mit 30.000 Mann schnell fertig werden, und wenn die 30.000 trotzdem siegen, so finde ich das zwar heldenmäßig und, wenn sie für Freiheit, Land und Glauben einstanden, außerdem auch noch höchst wünschenswert, kann aber doch über die Vorstellung nicht weg, daß es eigentlich nicht stimmt. Ich habe nichts dagegen, dies mich stark beherrschende Gefühl, das mich mehr als einmal von der meine Sympathie fordernden Seite auf die schlechtere Seite hinübergeschoben hat, als philiströs oder subaltern oder meinetwegen selbst als moralisches Manko gekennzeichnet zu sehen, es kommt mir nicht auf Feststellung dessen an, was hier zu loben oder zu tadeln ist, sondern lediglich auf Aufklärung über einen bestimmten inneren Vorgang und demnächst darüber, ob sich solche Gefühlsgänge, sie seien nun richtig oder falsch, auch wohl sonst noch in einer auf freies Empfinden Anspruch machenden Seele vorfinden mögen 5 .
      Ein Jahr lang dauerte der polnische Insurrektionskrieg, während welcher Zeit ich mich zu einem kleinen Politiker herangelesen hatte. Namentlich in Herzählung der alle vier Wochen im Oberkommando wechselnden polnischen Generale kam mir niemand gleich, was natürlich für meine Bescheidenheit nicht sehr förderlich war. Doch stand es wohl nicht allzu schlimm damit; in all meiner Eitelkeit war ich doch immer zunächst bei der Sache.
     
    Herbst 31 sah sich die Revolution besiegt, aber ein neuer schlimmerer Feind war inzwischen heraufgestiegen und näherte sich von Osten her unsern Grenzen: die Cholera. Vorbereitungen zur Abwehr derselben wurden getroffen, natürlich (wie immer) auch bewitzelt, und als der alte Geheimrat Rust Absperrungsmaßregeln vorschlug, erschien eine Berliner Karikatur, die den alten Rust bei vollkommenster Porträtähnlichkeit als Sperling (aber mit einem doppelten r geschrieben) darstellte. Darunter stand: »Passer rusticus, der gemeine Landsperrling.« Indessen, es half zu nichts; es blieb bei der Absperrung, und auch nach Swinemünde hin wurde Militär detachiert, um dort einen Kordon zu ziehen. Im Sommer eben genannten Jahres (1831), an einem glühendheißen Tage, traf ein Bataillon vom Kaiser-Franz-Regiment bei uns ein. Die Grenadiere   hatten von Wollin her einen viermeiligen Marsch durch sandige Kiefernheide machen müssen und kamen ziemlich marschmüde an, trotzdem sie sich, während der Bootfahrt von einem Flußufer zum andern, wieder erholt hatten. Wir Jungens standen am Bollwerk und staunten die schönen großen Leute an, an die zunächst Quartierbilletts verteilt wurden. Mein Freund Oskar Thompson und ich hatten uns etwas vorgedrängt und studierten die Achselklappen.
    »Hast du es raus?« fragte ich.
    »Ja«, sagte Thompson, »es ist ein R und heißt Rex.«
    »Unsinn. Du mußt doch wissen Kaiser Franz. Kaiser und Rex geht nicht.«
    »Na, denn sage was Besseres.«
    »Es heißt Franciscus Imperator. Es ist ein F und ein I …«
    »Nein, mein junger Freund«, sagte jetzt, sich rasch umwendend, der die Kompanie führende Hauptmann, ein sehr gütig aussehender Herr mit goldner Brille, »es ist kein I, sondern eine römische I und es heißt: Franz der Erste.«
    Mir schoß das Blut in die Stirn, und ich zog mich, unsicher, ob ich ihm vielleicht danken müsse, verlegen zurück. Gleich danach aber sah ich, wie der Hauptmann einen jungen Offizier, der kaum zwanzig sein mochte, heranrief und mit diesem ein paar Worte wechselte. Dieser junge Offizier wurde bald der Liebling aller Damen und ein Gegenstand ihrer lebhaften Neugier. Er hieß von Witzleben und war der Sohn des Obersten von Witzleben, der, damals in Dresden wohnend, unter dem Namen A. W. Tromlitz seine im Walter-Scott-Stil gehaltenen Romane schrieb. Er (Tromlitz) war als Schriftsteller sehr gefeiert, mehr als wir uns das heute denken können, sein Sohn aber wurde später mein besonderer Gönner, eine Gönnerschaft, der er in dem von ihm redigierten Militärwochenblatt in anerkennenden Worten über meine die Kriege von 1864, 66 und 70 behandelnden Bücher Ausdruck gab. Er ist darin als Militär einzig dastehend geblieben, weil die militärischen Fachleute gegen die Schreibereien eines »Péquin« ein für allemal eingenommen sind. Ob sie darin recht haben? Ich glaube nicht, wenigstens nicht ganz. Alle diese Dinge liegen mir jetzt weit zurück, und der Wert oder Unwert dessen, was ich damals

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