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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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war und ihn hinderte, seine Reisebeschreibung frischweg zu beginnen. Er hatte bloß einen Schein des Rechts auf seiner Seite. Daß es Interessen neben den seinigen gab, leuchtete ihm nicht ein; wir waren einfach Spielverderber. Er gehörte ganz in die Klasse der naiven Egoisten.
     
    In ebendiesem Sommer vierzig war ich sehr fleißig. Wie dies möglich war, ist mir in diesem Augenblick ziemlich unfaßlich. Den Tag über treppauf, treppab, so daß von Muße für Nebendinge keine Rede sein konnte, dazu nachts wenig Schlaf, weil nur allzuhäufig geklopft und geklingelt und ellenlange Rezepte durch eine kleine Kuckluke hineingereicht wurden. Ich weiß also wirklich nicht, wo die Zeit für mich herkam. Aber sie fand sich trotzdem. Ich kann es mir nur so erklären, daß meine geschäftliche Tätigkeit in zwei sehr verschiedene Hälften zerfiel und daß auf vier Wochen »Frontdienst« immer vier Wochen in der »Reserve« folgten. Der Frontdienst nahm mich jedesmal völlig in Anspruch, kam ich dann aber in die Reserve, das heißt ins Laboratorium, wo jede Berührung mit dem Publikum aufhörte, so besserte sich die Situation sehr wesentlich. Hier paßte mir alles vorzüglich, und schon der hohe gewölbte Raum heimelte mich an, was mir aber ganz besonders zustatten kam, das war eine für mich wie geschaffene Beschäftigung, die meiner, durch einen glücklichen Zufall, hier harrte.
    Dieser Zufall war der folgende.
    Der alte Wilhelm Rose hatte geschäftliche Beziehungen nach England hin, und diese Beziehungen trugen ihm – immer natürlich mit der Elle von damals gemessen – enorme Bestellungen auf einen ganz bestimmten Artikel ein. Dieser Artikel hieß Queckenextrakt oder Extractum Graminis. Jeder Eingeweihte wird nun lachen, weil er eben als Eingeweihter weiß, daß es keinen gleichgültigeren und beinah auch keinen obsoleteren Artikel gibt als Extractum graminis. In England aber muß es damals Mode gewesen sein, statt unsrer uns nach Marienbad und ähnlichen Plätzen führenden Brunnenkuren eine Queckenextraktkur durchzumachen – nur so läßt es sich erklären, daß wir große Fässer davon nach London, ganz besonders aber nach Brighton hin zu liefern hatten. Alles drehte sich um diesen Exportartikel. Mir fiel die Herstellung desselben zu, und so saß ich denn, tagaus tagein, mit einem kleinen Ruder in der Hand, an einem großen eingemauerten Zinnkessel, in dem ich, unter beständigem Umherpätscheln, die Queckensuppe kochte. Schönere Gelegenheit zum Dichten ist mir nie wieder geboten worden; die nebenherlaufende, durchaus mechanische Beschäftigung, die Stille und dann wieder das Auffahren, wenn ich von der Eintönigkeit eben schläfrig zu werden anfing – alles war geradezu ideal, so daß, wenn zwölf Uhr herankam, wo wir unser Räuberzivil abzulegen und uns für »zu Tisch« zurechtzumachen hatten, ich die mir dadurch gebotene Freistunde jedesmal zum Niederschreiben all dessen benutzte, was ich mir an meinem Braukessel ausgedacht hatte. Bevor der Herbst da war, hatte ich denn auch zwei größere Arbeiten vollendet: eine Dichtung, die sich »Heinrichs IV. erste Liebe« nannte, und einen Roman unter dem schon das Sensationelle streifenden Titel: »Du hast recht getan«.
    Der Stoff zu der erstgenannten epischen Dichtung war einer Zschokkeschen Novelle, der Roman einem Ereignis entnommen, das sich eben damals in einem abgelegenen Teile von Mark Brandenburg zugetragen hatte. Folgendes war der Verlauf: Eine schöne Amtsratstochter, an einen Oberförster verheiratet, lebte seit ein paar Jahren in einer sehr glücklichen Ehe. Da mit einem Male stellte sich ein mauvais sujet bei ihr ein, ein Mann von kaum dreißig, der früher als Gärtner oder Jäger in ihres Vaters Diensten gestanden und mit dem sie damals ein Liebesverhältnis unterhalten hatte. Der forderte jetzt Geld, überhaupt Unterstützung von ihr, weil er arm und elend sei. Sie gab ihm denn auch, was sie hatte. Dies wiederholte sich mehrere Male, und weil ihre Mittel zuletzt erschöpft waren und sie nicht mehr aus noch ein wußte, der Strolch aber immer zudringlicher wurde, so beschloß sie, der Sache ein Ende zu machen. Sie lud ihn in den Wald zu einer neuen Begegnung ein, zu der er auch kam, und zwar bewaffnet, weil er der Sache nicht recht mehr trauen mochte. Ganz zuletzt aber, als er sich wieder in der Liebhaberrolle zu versuchen trachtete, war er unvorsichtig genug, das Gewehr beiseite zu stellen. Im selben Augenblicke griff sie danach und schoß ihn über den

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