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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Einbänden, die von mir in Empfang genommen und an eine für sie bestimmte Stelle niedergelegt wurden. Aber damit war auch eigentlich alles getan. Alle diese Bücher blieben an der erwähnten Stelle liegen und wanderten nur sehr ausnahmsweise die Treppe hinauf, in die Wohn- und Familienräume. Der einzige, der wirklichen Nutzen davon zog, war ich. Mit besondrer Regelmäßigkeit erschien zu meiner großen Freude Gutzkows »Telegraph«, wahrscheinlich jedesmal ein Sammelband, der aus einer bestimmten Anzahl von Nummern bestehen mochte. Beinah alles, was ich vom »Jungen Deutschland« weiß, weiß ich aus der Zeit her, und Mundt, Kühne, Laube, Wienbarg – Gutzkows selbst ganz zu geschweigen – waren damals Haushaltworte für mich. Von Wienbarg las ich eine mich ganz hinreißende Geschichte, die den Titel führte: »Byrons erste Liebe«. Wenn dann der alte Rose spät nach Mitternacht aus einer Gesellschaft heimkam und mich über der sonderbaren Lektüre betraf, so war er damit freilich nicht recht einverstanden, unter anderm auch schon deshalb nicht, weil ich immer alle Flammen brennen ließ, also sehr viel Gas konsumierte. Daneben aber klang es in seiner glücklicherweise nicht bloß von Sparsamkeitsrücksichten, sondern auch von Eitelkeit erfüllten Seele: »Nun ja, ja, für gewöhnlich ginge das nicht, für gewöhnlich ist eben darauf zu halten, daß die jungen Leute ›den alten Hagen‹ – ein berühmtes altes Apothekerbuch – lesen. Dieser hier liest statt dessen Gutzkow. Zunächst durchaus ungehörig. Aber in der Roseschen Apotheke darf so was am Ende vorkommen: das ist eben das , wodurch wir uns von dem Gros der übrigen unterscheiden. Das Rosesche muß mit einer andern Elle gemessen werden.« Und so blieben mir die Kränkungen erspart, die sich sonst nur zu häufig an solche Dinge knüpfen.
    So waren die Personen, so war das Leben im Hause, Schilderungen, bei denen ich bereits an mehr als einer Stelle mit einklingen ließ, wie mein eignes Tun verlief. Aber über diesen letztern Punkt möcht’ ich mich doch noch etwas ausführlicher auslassen dürfen.
    Die beste Zeit im Hause war immer der Sommer, wo wir, weil die Prinzipalität dann auf ganze Monate hin ausflog, uns selbst überlassen blieben und einem Vizekönige unterstellt wurden. Solche Vizekönige sind oft strenger als die eigentlichen Herrscher, aber man nimmt den Kampf mit ihnen doch leichter auf; man sieht ihre Autorität nicht für voll an oder geht davon aus: »Ach, diese armen Teufel müssen eine Ernsthaftigkeitskomödie bloß spielen; eigentlich wären sie gern so ausgelassen wie ihr selbst.« Im ganzen lag es so, daß wir, während dieser herrenlosen Zeit, ordentlich und ehrlich unsre Schuldigkeit taten, aber in den Freistunden um vieles ungebundner auftraten. Ich nun schon gewiß. Solange ich Lehrling war, waren dieser Ungebundenheit immer bestimmte Grenzen gezogen, aber vom Sommer 1840 ab benutzte ich mein inzwischen eingetretenes Avancement zu allerhand Tollheiten, und eines Tages gab ich sogar ein Fest, ein reines Bacchanal, wenn ich die Dürftigkeit der Mittel erwäge, die mir zur Verfügung standen. Mein im Hinterhause gelegenes Zimmer war ausgeräumt worden, um eine lange Tafel decken zu können, an der nun, bunt untereinandergemischt, meine ganze Kollegenschaft und meine literarischen Freunde saßen, unter diesen auch ein junger Offizier von der Garde, der aber wohlweislich seinen Offiziersrock mit einem Durchschnittszivil vertauscht hatte. Das Fest selbst galt meinem eben damals Berlin verlassenden Freunde Egbert Hanisch, den ich in einem spätren Kapitel ausführlicher zu schildern haben werde. Waldmeisterbowlen wurden in immer neuer Zahl und Menge gebraut, den ganzen Tisch entlang standen Vergißmeinnichtkränze in Schüsseln, Toaste drängten sich an Toaste, und so sangen wir bis in die Nacht hinein. Mir ist nachträglich immer das hohe Maß von Freiheit erstaunlich, das sich die Jugend unter allen Umständen zu verschaffen weiß. Dabei muß ich noch hinzusetzen, daß das, was ich damals pekzierte, nur ein schwacher Ausläufer dessen war, was, Mitte der dreißiger Jahre, meine Lehrlingsvorgänger geleistet hatten. Einer dieser letztern war ein junger Falkenberg, entzückender Kerl, angehender oder auch schon etablierter Don Juan und dabei Sohn eines richtigen, in seiner Sphäre sogar berühmt gewordenen Polizeirats. Dieser junge Falkenberg nun – er besaß später die Viktoria-Apotheke, Friedrichstraße, dicht am

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