Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
an ihn heran.
»Guten Tag, Faucher. Daß ich Sie mal wiedersehe. Und immer fleißig.«
Er lachte. »Sie überschätzen mich. Muß ist eine harte Nuß. Geld, Freund, Geld.«
»Ja, ich weiß. Ich erinnere mich recht gut. ›Jetzt muß Geld und Weltgeschichte gemacht werden‹ – das war immer Ihr Lieblingswort, schon damals, als wir in London die Vermählungstage mitfeierten.«
Er nickte. »Kann mir denken, daß ich so was gesagt habe; hab’s auch mit beiden versucht. Nur leider mit entschiedenem Mißerfolge. Der Mißerfolg mit der ›Weltgeschichte‹, na, das möchte gehn; aber das mit dem Geld, das ist mir schmerzlich. Und nun sitz’ ich hier im Zoologischen und kritzle eine Korrespondenz zusammen und weiß nicht recht, was ich schreiben soll.«
»Und was macht denn Lucie? Noch immer so reizend?«
»Na ob!« Und sein ganzes Gesicht strahlte.
Wir sprachen dann noch von Bismarck, von Eugenie – für die er natürlich eine Vorliebe hatte – und von den fünf Milliarden. Auf die aber war er schlecht zu sprechen. »Ja«, sagte er, »wenn ich sie hätte, das ginge, das könnte mich damit versöhnen. Aber Deutschland hat nichts davon. Für Deutschland sind sie nichts Gutes; sie ruinieren uns.«
Und damit schieden wir.
Ich hörte noch dann und wann von ihm und von seinen Fahrten an den Küsten des Mittelmeeres: Italien, griechische Inseln, Konstantinopel. Er war fast immer unterwegs. Zuletzt kam die Nachricht von seinem Tode.
Am 12. Juni 1878 war er in Rom gestorben.
Drittes Kapitel
Der Platen-Verein: Egbert Hanisch
Zur selben Zeit, wo ich der vorgeschilderten Lenau –Gesellschaft angehörte, war ich, wie schon hervorgehoben, auch Mitglied eines Platen -Klubs.
Es war gleich in den ersten Tagen des Januars 40, daß ich mich hier eingeführt sah. Und das kam so. Der Silvesterabend hatte mich, einer gesellschaftlichen Abmachung zuliebe, nach der »Hennigschen Ressource« verschlagen, und hier war ich einem jungen Maler namens Flans begegnet, der, weil er im ›Figaro‹ verschiedenes von mir gelesen, mich aufforderte, doch einem literarischen Verein, dem er angehöre, beizutreten. Dies war der Platen -Klub. Ich sagte mit tausend Freuden »ja« und wohnte schon der nächsten Sitzung bei. Viele frohe Stunden – mehr als in dem Lenau-Klub, mit dem der Zusammenhang, trotz intimer Beziehungen zu einzelnen, ein loser blieb – habe ich in diesem Verein verbracht.
Maler Flans war eine ziemlich fragwürdige Gestalt, und das vielzitierte Wort: »Was gemacht werden kann, wird gemacht« war wie für ihn erfunden. Als Maler kaum mittelmäßig, war er im übrigen, und zwar immer mit einem Anfluge von Komik, nur noch bemerkenswert als Don Juan kleineren Stils, als Festarrangeur, Jeubruder und Sonntagsreiter und brachte es zuwege, daß er am Ende seiner Tage nicht als Flans, sondern unter seinem mütterlichen Namen irgendwo nobilitiert wurde. Zum Glück ist er kinderlos verstorben.
Es braucht nicht gesagt zu werden, daß ein Mann wie Flans, der außerdem um ein gut Teil älter war als der Rest unsrer »Plateniden«, den ganzen Klub in der Tasche hatte. Keiner traute ihm, aber jeder gehorchte, wobei der Verein übrigens nicht schlecht fuhr, denn seine Gewandtheit war groß. Dazu bon garçon, immer auf bestem Fuß mit den Kameraden, die den verschiedensten Berufen angehörten. Die meisten waren Studenten, unter denen wieder die Theologen überwogen. Einer, der schon Doktor war, hielt es mit der Philosophie. Dies war Werner Hahn, der sich später in dem entzückenden Sakrow, wohin er sich zurückgezogen, mit Mühe und Fleiß zu einem vielgelesenen Schriftsteller heraufarbeitete. Man hat von ihm eine Bearbeitung der Edda, desgleichen eine in vielen Auflagen erschienene »Geschichte der poetischen Literatur der Deutschen«. Sein Bestes aber sind doch wohl seine volkstümlichen Darstellungen preußischer Geschichtsstoffe: Königin Luise, der Alte Zieten, König Friedrich I., Kunersdorf etc. Er hatte, ganz wie Heinrich Beta, von dem ich im vorigen Kapitel gesprochen, ein bewährtes Rezept, nach dem er verfuhr. Übersichtliche Stoffeinteilung war seine Spezialität und zugleich sein Hauptvorzug. Er vermied auch die Phrase, was bei patriotischen Stoffen immer schwer, aber deshalb auch wichtig ist.
Ich wurde seitens der Vereinsmitglieder sehr freundlich aufgenommen und behauptete mich ein gutes Vierteljahr lang unter ihnen, vielleicht, weil ich wohlassortiert, will sagen mit einem Lager, dessen Bestände kein Ende
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