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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Cabs.
    »Wir sind nun doch mal naß«, sagte ich. »Ich glaube, es ist das beste, wir marschieren weiter.«
    »Ich kann nicht mehr; ich bin todmüde.«
    So winkte ich denn einen Cab heran – Cabs, im Gegensatz zu Berlin, kommen , wenn man winkt –, und wir stiegen ein. Und ehe wir noch über die Brücke waren, schlief meine Frau schon.
    Es ging nun in grader Linie nördlich auf Holborn Hill zu, wo wir links einbiegen und dann, in abermaliger Biegung, durch Grays Inn Lane hin, auf unsre Wohnung in Camden-Town zufahren mußten. Aber dies links Einbiegen bei Holborn Hill wurde versäumt, und unser Cabkutscher zog es statt dessen vor, in grader Linie zu bleiben. Nun wußt’ ich sehr wohl – denn ich kannte London besser, als ich Berlin kenne – , daß man auf diesem Wege gradesogut nach Norden kam wie durch Grays Inn Lane, aber ebensogut wußt’ ich auch, daß die Cabkutscher nie so fuhren, denn dieser gradlinige Weg führte durch eins der schlechtberufensten und zugleich engsten und winkligsten Quartiere von London, durch Clerkenwell. Wie oft, wenn wir, auf unserm täglichen Wege zur Post, Holborn Hill passierten, hatten wir nach diesem übelberufnen Stadtteile scheu hinübergeblickt; denn man konnte nicht leicht etwas Trostloseres und Beängstigenderes sehn als dies Clerkenwell. Daß es aus halbverfallenen elenden Häusern bestand, hatte nicht viel zu sagen, solche heruntergekommenen Quartiere gab und gibt es in London überall, aber das war das Schlimme, daß man vor etwa zwanzig oder dreißig Jahren den Versuch gemacht hatte, das Alte hier niederzureißen und Neues an seine Stelle zu setzen, in welchem Versuche man, weil die Baugelder ausgingen, steckengeblieben war. Als Folge davon ergab sich nun ein furchtbares Mixtum compositum von Spelunken und unfertigen Neubauten, von welch letztren man nichts sah als zehn oder fünfzehn Fuß hohe Mauern mit halbfertigen Fensteröffnungen. Denn auch diese schnitten wieder in der Mitte ab. Ich wußte, daß dieser Stadtteil meiner Frau jedesmal ein ganz besondres Grauen einflößte, was aber, weit darüber hinaus, die Lage ganz besonders heikel machte, war der Umstand, daß wir kaum acht Tage vorher von einem Cabkutscher gelesen hatten, der, in seiner Eigenschaft als Mitglied einer Diebs- und Mörderbande, sich durch prompte Fahrgastablieferung in Quartieren à la Clerkenwell nützlich gemacht hatte. Mir selbst war, dem allem gegenüber, auch ziemlich ängstlich zu Sinn, aber dies Angstgefühl verschwand doch neben der Schreckensfrage: »Wenn deine arme Frau jetzt gerade aufwacht!« Und natürlich keine halbe Minute mehr, so gab es einen Stoß, und aus ihrem Schlaf in die Höh’ fahrend, sah sie jetzt durch das herabgelassene Fenster auf die ihr nur zu wohlbekannten, aus hellgelben Ziegelsteinen aufgeführten Ruinen.
    »Um Gottes willen, er fährt ja…«
    »Ja, ja Kind. Aber beruhige dich nur; es wird schon wieder besser; wir sind ja gleich heraus…«
    »Nein, nein. Laß halten.«
    »Ich bitte dich. Um alles in der Welt, mach’ hier keine Szene. Wir blamieren uns unsterblich… Unter allen Umständen, wir können nichts ändern. Außerdem, sieh nur, er jagt ja wie toll, es ist, als ob er sich selber graule.«
    Wirklich, eine halbe Minute später, so lag Clerkenwell hinter uns; das mußte Somers-Town sein und das der Eisenbahnbogen. Und eine kleine Weile noch, so hielten wir vor unsrem Haus, und Betty, die sich schon geängstigt hatte, leuchtete uns, den Blaker in der Hand, die kleine Treppe hinauf.
     
    Nach diesem Abend sah ich Faucher erst wieder, als wir, nach Berlin zurückgekehrt, uns daselbst längst wieder heimisch gemacht hatten. Es war eine Begegnung im Zoologischen Garten, Sommer zweiundsiebzig. Ein reiches, durch zwölf Jahre hin in der deutschen Heimat geführtes politisches Leben lag hinter meinem alten Londoner Kneipkameraden, und da saß er nun, sorglich abgetrennt von den Alltagsbesuchern, auf einer etwas erhöhten, beinah altanartigen Stelle, drauf sich ein primitiver Tisch und eine noch primitivere Bank befand. Augenscheinlich ein letztes Refugium für sonntägliche Gäste, wenn alle anderen Plätze besetzt waren. Einen Tintenstecher, der ihn, von seinen Studententagen her, durchs Leben begleitet haben mochte, schräg in den Tisch gebohrt und einen kleinen Briefbogen vor sich, sah er, abwechselnd, wie was suchend, in den Himmel hinauf und dann wieder auf den Bogen nieder, um ein paar Zeilen zu kritzeln. Ich beobachtete ihn schon von fern und trat dann

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