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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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stiegen wir zu Schiff und waren zwei Tage darauf in Berlin zurück.

Drittes Kapitel
     
    Wieder in Berlin. Letztes halbes Jahr bei »Franz«. Auf Pulvermühlwache
     
    Wir kamen mit einem Frühzug an. Wenige Stunden später meldete ich mich bereits bei meinem guten Hauptmann. Er ließ alle Dienstlichkeit fallen und sprach ganz menschlich zu mir, beinah väterlich.
    »Nun, lieber F., wie war es?«
    »Himmlisch, Herr Hauptmann.«
    »Glaub’ ich… Ja, London… Ich habe auch mal hingewollt.«
    Er plauderte noch eine kleine Weile so weiter und sah mich dabei gütig und halb wehmütig an, mit einem Ausdruck, wie wenn er bei sich gedacht hätte: »Ja, der junge Mensch da… wenn dies Jahr nun hinter ihm liegt, so liegt das Leben wieder vor ihm. Und schon jetzt war er drüben und hat ein Stück Welt gesehen und sich die Brust ausgeweitet. Und ich! Ich bin nun fünfundvierzig und komme nicht vom Fleck. Immer Rekruten und Vorstellung und Manöver. Und dann wieder Rekruten.«
    Er war loyal und preußisch und königstreu bis in die Fußspitzen. Aber solche Gedanken mochten ihm doch wohl öfter kommen, und er hatte auch Grund dazu. Denn seine Stellung war eingeengt und gedrückt. Dessen war ich selber einmal Zeuge. Wir machten, das ganze Bataillon, eine große Felddienstübung, ich glaube nach Tegel zu. Seit kurzem war ich Unteroffizier geworden und hatte mit einer Patrouille von drei oder fünf Mann irgendwas zu rekognoszieren. Um uns her lag Wald, und wir verliefen uns gründlich. Als wir uns dann schließlich, vielleicht auf Signalrufe hin, die wir aus der Ferne hören mochten, wieder herangefunden hatten, war schon alles vorbei und das ganze Bataillon zum Abmarsch fertig. Vor der Front hielt der Kommandeur, Major von Ledebur, der an des alten Wnuck Stelle gekommen war, ein schöner Mann, Gardeoffizier comme il faut. Ich marschierte mit angefaßtem Gewehr auf ihn zu, um meine Meldung abzustatten. Er hatte wohl von der verlorengegangenen Patrouille schon gehört und machte nicht viel davon, um so weniger, als er auf dem Punkte stand, über die stattgehabte Felddienstübung seine Schlußmeinung abzugeben. Im ganzen genommen hielt er sich in seiner Kritik innerhalb bestimmter Grenzen, als er aber der Führung der sechsten Kompanie gedachte, goß er, immer heftiger werdend, die Schalen seines Zornes über meinen unglücklichen Hauptmann aus. Nichts war gut, und es gereicht mir noch in diesem Augenblick zum Troste, daß wenigstens meiner in die Irre gegangenen Patrouille gar nicht dabei gedacht wurde; die Hauptfehler – wenn es Fehler waren, denn auch Bataillonskommandeure können irren – schienen nach ganz anderer Seite hin zu liegen. Armer Hauptmann! Da stand er nun am rechten Flügel, die Augen zur Erde gerichtet, mit einem Ausdruck von Bitterkeit und Sorge, ja auch von Sorge, weil er, neben dem Tadel, auch noch allerhand anderes Unliebsame mit herausgehört haben mochte. Das furchtbar Schwere dieses so beneideten und auch so beneidenswerten Berufes kam mir in jener Minute zu vollem Bewußtsein. Immer schweigen und sich höchstens an dem Satze »Heute mir, morgen dir« aufrichten zu müssen – das ist hart und nicht jedermanns Sache. Man muß es hinnehmen wie sein Schicksal oder jene berühmte »Wurschtigkeit« haben, die Lob und Tadel gleichmäßig als Ulk auffaßt – sonst geht es nicht.
    Im Sommerhalbjahr, oder was dasselbe sagen will, solang ich noch kein »Avancierter« war, beschränkte sich mein Ehrgeiz, was den Wachdienst angeht, darauf, auf die »Schloßwache« zu kommen, und zwar, um hier vielleicht, auf einem wegen seiner Spukerei verrufenen Korridor, der »Weißen Frau« zu begegnen. Ich kam denn auch wirklich auf »Schloßwache«, leider aber, statt auf den ersehnten Korridor, in das architektonisch berühmte Eosandersche Portal, wo es, da es gerade ziemlich windig war, furchtbar zog. Die Folge davon war, prosaischerweise, daß ich statt mit der »Weißen Frau« mit einer drei Tage später sich einstellenden dicken Backe abschloß. So verlief der sommerliche Wachdienst. Im Winterhalbjahr aber, ich war inzwischen mit den Tressen ausgerüstet, fielen mir verschiedene Wachkommandos zu, zuletzt das »bei den Pulvermühlen«, die schon damals für unsicher galten. Von diesem Wachkommando, meiner militärischen Großtat, muß ich hier noch erzählen. Ende gut, alles gut.
    Ich erfuhr also eines Tages, daß ich für die Pulvermühlwache designiert sei – fatal genug. Was mir aber viel fataler war, war die

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