Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
Hofschauspieler, später Geheimer Hofrat und Vorleser König Friedrich Wilhelms IV.
Leo Goldammer (Hans Sachs), Bäckermeister und Dramatiker, später Magistratssekretär.
Wilhelm Taubert (Dittersdorf), Oberkapellmeister.
Hermann Weiß (Salvator Rosa), Geschichtsmaler, Professor der Kostümkunde, später Geheimer Regierungsrat und zweiter Vorstand in der Verwaltung des Zeughauses.
Arnold Ewald , Professor, Historienmaler.
Hermann Stilke , Professor, Historienmaler.
Theodor Hosemann (Hogarth), Genremaler.
Wilhelm Wolff (Peter Vischer), Bildhauer, der sogenannte »Tierwolf«.
Das waren während der vierziger und fünfziger Jahre die bemerkenswertesten Mitglieder des Vereins. Vielleicht fehlen einige, in welchem Fehlen sich keine Kritik aussprechen soll. Bei solchem Rückblick werden oft allerbeste vergessen. Aber auch, wie die Namen hier stehen, erweist der flüchtigste Blick, daß es eine sehr reputable Gesellschaft war, und nur wenige Dichtervereinigungen wird es in Deutschland gegeben haben, die Besseres zu bieten in der Lage waren. Über einzelne der vorstehend Aufgezählten werde ich eingehender zu sprechen haben. Ehe ich aber damit beginne, stehe hier noch einiges über den Tunnel als Ganzes, über seine Verfassung und seine »Statuten«, über seine Lokale, seine Sitzungen und seine Feste.
Zunächst die Verfassung. Diese war natürlich der ähnlicher Gesellschaften nachgebildet. Vorsitzender, Schriftführer, Kassierer, Bibliothekar und Archivar, alles war da, wie das herkömmlich ist, aber im einzelnen zeigten sich Abweichungen; alles – wofür namentlich Saphir und Louis Schneider von Anfang an gesorgt hatten – war humoristisch zugeschnitten, vielleicht mit etwas zu gewolltem Humor. Denn diese genannten beiden waren zwar witzig, Saphir sogar sehr , aber der eine wie der andere war so wenig humoristisch wie möglich. Till Eulenspiegel bildete den Schutzpatron des Tunnels, eigentlich wohl mit Unrecht. Später sah man das auch ein, ließ es aber laufen, weil die Tradition es geheiligt hatte. Der Vorsitzende, der immer auf ein Jahr gewählt wurde, hieß nicht Vorsitzender oder Präsident, sondern das »Haupt«, noch genauer das »angebetete Haupt«. Sein Zepter war das Eulenzepter, ein etwas übermannshoher Stab, auf dessen oberem Ende eine vergoldete Eule thronte. Dieses Zepter war eine Art Heiligtum, aber ihm an Ansehen gleich oder fast noch überlegen war ein anderes Stück aus dem Tunnel-Krontresor: der »Stiefelknecht«, der, ich weiß nicht wie motiviert, die »unendliche Wehmut« oder den Weltschmerz symbolisieren sollte. Wie gesagt, so war es anfangs. Als man schließlich wahrnahm, daß die Tragkraft dieses Witzes nicht sehr bedeutend sei, kam der Stiefelknecht kaum noch zum Vorschein, ausgenommen bei ganz feierlichen Gelegenheiten, wo man der Ansicht sein mochte, daß er, wie ein alter Urgötze, gerade wegen seiner Unsinnigkeit anzurufen sei.
Natürlich waren auch »Statuten« da, deren Paragraphen mir übrigens nicht mehr gegenwärtig sind, zwei abgerechnet, beide gleich klug und weise. Der eine schrieb vor, daß jedes Tunnel-Mitglied einen Necknamen, einen Nom de guerre, haben müsse, der andere verbot jede politische Debatte. Beide Paragraphen haben sich durch volle fünfzig Jahre hin, von 1827 bis 1877 – von wo ab die Lebenskraft des Tunnels so gut wie verzehrt war – glänzend bewährt. Zunächst die besondere Namensgebung. Ohne diese wäre es überhaupt nicht gegangen, was sich aus der verschiedenen Lebensstellung der Mitglieder, von denen – wenigstens in den späteren Tunnel-Perioden – der eine General, der andere Fähnrich, der eine Minister, der andere Handlungsgehülfe war, leicht ergibt. Major Blesson, damals ein Sechziger, hieß Carnot, Leutnant von Etzel, damals zwanzig, hieß Xenophon. Als zwanzigjähriger Leutnant von Etzel war er dem sechzigjährigen Major Blesson gegenüber in einer höchst schwierigen Lage, als Xenophon aber konnte er Carnot, »dem Organisator des Krieges«, sagen, was er wollte. – Mit dem Verbot der Politik lag es ebenso. Wie hätte sonst Minister von Mühler mit dem Kladderadatsch-Löwenstein auskommen wollen.
Der Tunnel, was nicht gleichgültig war und deshalb hier erwähnt werden mag, besaß auch ein nicht unbeträchtliches Vermögen, das sich aus den von jedem Mitgliede zu zahlenden Beiträgen angesammelt hatte. Louis Schneider, in allem ein Praktikus, legte der Existenz eines solchen Vermögens ein großes Gewicht bei und bezeichnete
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