Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
gleichen Heiterkeit paarte, zuzuschreiben hatte. »Margherita Spoletina« – nur erst der »Jungbrunnen« war bis dahin von ihm erschienen –, »Urica«, »Franzeska von Rimini«, »Marion«, »Die Brüder« kamen alsbald zum Vortrag und fanden, am meisten die letztgenannte Dichtung, allseitige Zustimmung; aber Heyses Auftreten im Tunnel war nur kurz bemessen und blieb Episode. Schon Frühling oder Herbst 1851 ging er nach Bonn, von Bonn, mit Ribbeck zusammen, nach Italien, und als er von dort, wo die reizende »L’Arrabbiata« entstanden war, nach Berlin zurückkehrte, rückte rasch die Zeit heran, die den mittlerweile mit Margarete Kugler glücklich Verlobten, bald auch Vermählten, nach München hinüberführte. Das war Herbst 1854. Man sah ihn im Tunnel ungern scheiden, trotzdem aber gebrach es an jener tieferen Teilnahme, die beispielsweise, zehn Jahre vorher, bei Strachwitz’ Ausscheiden geherrscht hatte. Die Wärme, der Heyse bei seinem Eintritt begegnet war, hatte sich einigermaßen verloren und einer kühleren Temperatur Platz gemacht. Woran lag das? An allerlei. Sein großes Talent, nun, das war außer Frage, das ließ jeder gelten. Aber so gewiß man es gelten ließ, so gewiß empfand man auch: »Ja, dies Talent, so groß es sein mag, ist doch nicht unser Talent.« Im ganzen war der Tunnel, trotz seines gelegentlich stark hervortretenden Freisinns, doch von jener altpreußischen Art, darin der Konservatismus in erster Reihe mitspricht, und so hörte man denn bald wieder lieber von Hohenfriedberg und dem Zietenritt, von Ligny und Waterloo. Heyse hatte die Form, war glänzend, aber das eigentliche Tunnel-Talent, weil dem Wesen des Tunnels entsprechend, war und blieb doch Scherenberg. Und so kehrte man denn, nach kurzer Untreue, zu den alten Göttern zurück.
Diese rein literarische Stellungnahme hätte zur Herbeiführung einer kühleren Temperatur genügt, aber ein anderes, das ich schon andeutete, kam hinzu: die ganze Haltung der Kugler-Gruppe, zu deren Geschmack und ästhetisch verfeinerter Anschauungsweise weder der im Tunnel zahlreich vertretene Adel noch die Kaufmannschaft aller Arten und Grade so recht paßte. Kugler und Eggers waren weltmännisch genug, das, was sie von der Majorität schied, einigermaßen zu kaschieren; der ganz jugendliche Heyse aber, der, in übrigens entzückendster Weise, das Gefühl hatte: » Mir gehört die Welt, und ich habe nicht Lust, allen möglichen Mittelmäßigkeiten zuliebe mit meiner gescheiteren Ansicht hinterm Berge zu halten« –, Heyse – kümmerte sich wenig um die wunderlichen Heiligen, die gelegentlich, ohne jeden Beruf dazu, das große Wort führten und ihre Meinung durchsetzen wollten. Eine Sitzung hab’ ich noch gegenwärtig, in der es zwischen unserm Jüngsten – Heyse – und einem öden alten Professor zum Zusammenstoß kam. Dieser, der den Schulmonarchenton nicht ablegen mochte, hatte, zu vielen kleinen Schwächen, auch die , von seinem Blättchen – das er, weil er es las, für was Besonderes hielt – durchaus abhängig und außerdem ein ausgesprochener Erfolganbeter zu sein. Er schwamm, Tag um Tag, im Strom seiner Zeitung und machte, nach der Anweisung derselben, jede Mode mit. Nun war damals gerade Bogumil Goltz in der Mode, dessen »Kleinstädter in Ägypten« ziemlich allgemein bewundert wurde, und weil allgemein, so natürlich auch von dem alten Professor. Im ganzen Tunnel dachte niemand an Widerspruch. Warum auch? Goltz war am Ende wirklich espritvoll und witzig. Aber zum Unglück war in der von mir erwähnten Sitzung auch Heyse zugegen, der über alle diese Dinge – ob er recht hatte, stehe dahin – sehr sehr anders dachte und in dem hypergeistreichen Goltzschen Originalstil nur mehr oder weniger Geschmacklosigkeit sah. Er antwortete denn auch dementsprechend, und als der andere mit einem »Erlauben Sie« dazwischenfahren wollte, schlug der jugendliche Gegner einen Überlegenheitston an, zu dem er in jedem Anbetracht berechtigt war, nur nicht in Anbetracht seiner Jahre. Dieser Umstand, infolge dessen, wie das immer geschieht, all die Alten für den Alten Partei nahmen, entschied schließlich zuungunsten Heyses, und so war denn die vorgeschilderte Szene, die nicht alleinstehend blieb, nicht eben angetan, ihm die Tunnel-Herzen dauernd zu sichern. Personen, die bei derartigen Streitfragen ihre Parteinahme lediglich in den Dienst der Sache stellen, gibt es immer nur wenig.
Ich breche hier ab und erzähle nicht weiter von einem Leben,
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