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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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ist das Leben darin, der Geist, der alles adelt, schön macht, heiter verkläre. Und dieser Geist war in dem Kuglerschen Hause lebendig. Was steigt da nicht alles vor mir herauf, welche Fülle der Gesichte! Da war der alte Generalsuperintendent Ritschl, evangelischer Bischof von Pommern, Geheimrat von Quast, der »Konservator«, Geheimrat Hitzig – Bruder der Frau Kugler –, Professor Strack, der Architekt, Professor Drake, dazu junge Künstler, Dichter und Gelehrte: Storm, Otto Gildemeister, Jakob Burckhardt (Basel), Lucae, Roquette, Felix Dahn, Zöllner, Wilhelm Lübke.
    Von den Abenden, wo Storm Gast war, erzähl’ ich an anderer Stelle; Lübke, damals noch ganz jung, erschien, von Eggers und Zöllner eingeführt, in Papiervatermördern, die damals noch nicht elegant-fabrikmäßig hergestellt, sondern in jedem Einzelfall aus steifem Papier ausgeschnitten wurden. Der Unglückliche litt furchtbar, physisch und moralisch, weil ihn nicht nur die Papierspitzen stachen, sondern auch das minderwertige Aushülfematerial von dem scharfen Auge der Damen erkannt worden war. Einmal gab es auch eine kleine Gesellschaft, Eichendorff zu Ehren, und Paul Heyse, damals kaum zweiundzwanzig, hielt ihm eine improvisierte Toastansprache in Versen. Er war so erregt dabei, daß ich durch den zwischen uns befindlichen Tischfuß sein Zittern fühlte. – Jener Eichendorff-Abend verlief im engsten Zirkel. Aber auch wenn große Gesellschaft war, mußte der bescheidene Raum ausreichen, so beispielsweise, wenn an dem einen oder anderen Geburtstag Kuglersche Stücke gespielt oder, bei noch feierlicheren Gelegenheiten, Polterabendaufführungen inszeniert wurden. So vor allem bei Heyses Hochzeit im Herbst 1854.
    Das waren die Feste, mal große, mal kleine, für die der »Salon« der Frau Clara den Schauplatz bot. Aber schöner als diese Feste waren die Stunden, die nichts vor einem erschlossen als ein alltägliches Leben, das doch wiederum kein alltägliches Leben war. Von der damals noch wenig belebten Straße drang kaum ein Laut herauf. Eine hohe Schirmlampe gab ein gedämpftes Licht, und um den Tisch herum saßen die Damen: Frau Clara, die noch schöne Mutter, neben ihr die heranblühende Tochter – Heyse nannte sie seinen »Borsdorfer Apfel« – und abseits auf einer Fußbank der Liebling des Hauses, die zwölfjährige Jeanette Baeyer, Tochter des Generals, mit klugen großen Augen und vollem schwarzen Haar, der entzückendste Backfisch, den ich je gesehen, und dalberte mit dem mal wieder in einer neuen Weste, türkisches Muster, erschienenen Eggers, der entweder, weil fröstelnd, auf einem Holzkorb in der Nähe des Ofens hockte oder sich mit einer halb an einen Clown und halb an einen Akrobaten erinnernden Geschicklichkeit über den Zimmerteppich hintrudelte. Denn er gehörte zu denen, die, graziös in ihrem Tun, auch das Gewagteste wagen können. Und dann schließlich, wenn die Teestunde da war, erschien Kugler selbst und setzte sich an das Klavier, über dem eine gute Kopie des Murilloschen Heiligen Franziskus hing, und nun, auf Zuruf der Seinen, von denen ein jeder sein Lieblingsstück hatte, die Vorträge rasch wechselnd, klangen in bunter Reihenfolge deutsche und dänische, venezianische und neapolitanische Lieder durch das Zimmer. Weder sein Spiel noch sein Gesang erhob Anspruch, etwas Vollkommenes zu sein; aber gerade das Unvirtuose gab allem einen besonderen Reiz. Er selbst spielte sich dabei den Aktenstaub von der Seele.
    Noch einmal, mit Dank und Freude, denk’ ich an jene Tage zurück, die bis in den Sommer 1855, hinein dauerten. Als ich vier Jahre später, nach langer Abwesenheit, wieder heimkehrte, war das Haus verwaist, Kugler tot, die schöne Frau Clara nach München hin übersiedelt, in das Haus ihres Schwiegersohnes Heyse. Dort sah ich sie wieder, gebrochen in Glück und Leben. Sie überdauerte jene Tage nur noch eine kurze Weile.
    Paul Heyse
    Paul Heyse , wie schon hervorgehoben, trat etwas später in den Tunnel als Kugler, etwa 1850. Kurze Zeit vorher hatte ich ihn in seinem elterlichen Hause, vertieft in ein Stormsches Manuskript – die »Sommergeschichten« –, das ihm Alexander Duncker zur Begutachtung übergeben hatte, kennengelernt. Vertieft und – entzückt.
    Er war damals zwanzig Jahre alt und sah sich, bei seinem Eintritt in den Verein, von alt und jung freudig begrüßt, was er zunächst seiner glänzenden Persönlichkeit, in der sich die vollkommenste gesellschaftliche Sicherheit mit einer immer

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