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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Die netteste trug sich auf einer schottischen Reise zu. Wir saßen gemeinschaftlich in einem reizenden Hotel in Stirling und wollten anderen Tags nach Inverneß. Ich war in einer etwas gedrückten Stimmung und gestand ihm endlich, als er mich nach der Ursache davon fragte, daß ich kurz vor unserer Abreise von London einen Streit mit meiner Frau gehabt hätte. »Ja«, sagte er, »das hab’ ich bemerkt… Ich will dir sagen, du verstehst so was nicht.« »Was nicht?« »Einen Streit mit einer Frau. Sieh, du machst viel zu viel Worte dabei. Worte wirken auf Frauen gar nicht. Immer nur Taten. Und dabei muß man sich’s was kosten lassen. Ein halbwahnsinniger Ausbruch, natürlich erkünstelt, in dem man etwas möglichst Wertvolles zerschlägt. Das tut Wunder…« »Aber ich bitte dich…« »Wunder, sag’ ich. Und gerade bei Personen in unserer Lage. Bei Bankiers ist es schwieriger und versagt gelegentlich. Wenn ein Bankier etwas zerschlägt, so freut sich seine Frau, weil sie nun das Wertvolle durch etwas noch Wertvolleres ersetzen kann; außerdem hat sie noch das Vergnügen des Einkaufs, des Shopping. Aber wenn ich deine Verhältnisse richtig beurteile, so kannst du schon durch ein ganz mittelmäßiges Kaffeeservice viel erreichen. Ein großer Spiegel ist freilich immer das beste.« So Lepel. Ich hab’ den praktischen Wert solcher Kriegsführung – es kam nie recht dazu – nicht ausgeprobt, doch kann ich nicht leugnen, daß ich mich an der jenem Stirling-Abend entnommenen Vorstellung: »Es gibt eine ultima ratio« mehr als einmal aufgerichtet habe.
    Trotz dieser Anerkennung muß ich aber hier wiederholentlich sagen, daß mein alter Lepel mit seinen Direktiven nicht immer am richtigen Platze war. Desto glücklicher dagegen war er in seiner Kritik, in seinem Urteil über mein Tun. Er vermied dabei, ganz feiner Mann, der er war, alle großen Worte, traf aber immer den Nagel auf den Kopf und wirkte dadurch in hohem Maße erzieherisch. Als ich als Franz-Grenadier unter ihm diente, traf es sich, daß er mal als ein patrouilleführender »Feind« an mich herantrat und auf meinen Anruf die Losung oder das Feldgeschrei nicht recht wußte. Zwischen uns lag ein kleiner Graben, und die Fichten der Jungfernheide säuselten über mir. Ohne mich lange zu besinnen, knallte ich los, und ein Wunder, daß das Patronenpapier ihm nicht ins Gesicht fuhr. Es war eine Eselei, der ich mich noch in diesem Augenblick schäme. Damals aber erheiterte mich meine Heldentat, und ich kam erst wieder zu mir, als er mich, nach Rückkehr von der Felddienstübung, in seine Stube rufen ließ. Er war anscheinend ganz ruhig und fragte mich nur: »Ob ich vielleicht geglaubt hätte, mir das ihm gegenüber herausnehmen zu dürfen.« Ich spielte bei diesem Verhör eine ziemlich traurige Figur und war froh, als ich aus der Zwickmühle heraus war. Jeder andere hätte mich von dem Tag an fallen lassen; aber dazu war er viel zu gütig, und nach einer Woche war alles vergessen.
    Eine andere Reprimande, die, weil viele Jahre später, keinen dienstlichen Charakter mehr hatte, machte trotzdem einen ähnlich tiefen Eindruck auf mich. Ich war mit meinem dicken Hesekiel nach Sonnenburg hinübergefahren, um dort einer Feierlichkeit des Johanniterordens beizuwohnen. Der alte Prinz Karl, damals Herrenmeister, erteilte den Ritterschlag. Ich schrieb einen Bericht darüber in die Kreuzzeitung, in dem ich hervorhob, daß der Prinz diesen Ritterschlag mit »Geschicklichkeit und Würde« – oder so ähnlich – vollzogen habe. Den nächsten Tag kam Lepel zu mir, breitete das Blatt vor mir aus und sagte: »Fontan, du hast dich da vergaloppiert; wenn ein preußischer Prinz einen Ritterschlag vollführt, so ist es immer voll ›Geschicklichkeit‹ und ›Würde‹, selbst dann noch, wenn es ausnahmsweise nicht der Fall sein sollte. So was sagt man einem Prinzen nicht. Lob der Art wirkt im günstigsten Falle komisch.«
    Er hatte vollkommen recht, und ich habe denn auch nie wieder dergleichen geschrieben. Eher kann man einen Prinzen tadeln.
    Am gütigsten war er, Lepel, gegen mich, wenn ich mich dichterisch ihm gegenüber aufs hohe Pferd setzte. Wenn es geschah, hatte ich zwar wohl immer recht – denn ich stellte ihn als Menschen und Poeten viel zu hoch, als daß ich anders als innerlichst gezwungen mit einer herben Kritik über ihn hätte herausrücken können –, aber ich versah es dabei, vielleicht gerade weil ich vorher einen Kampf in mir durchgemacht hatte, mehr oder

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