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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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kabinettartige Fensternischen gewonnen, von denen die eine dem Prediger Seidentopf, die andere dem Sammler und Altertumsforscher gleichen Namens angehörte. Innerhalb dieser Nischen war das Balanciersystem, das sich schon in ihrer äußeren Anlage zu erkennen gab, ebenfalls festgehalten, indem auf dem Arbeitstische in der Camera archaeologica »Bekmanns historische Beschreibung der Kurmark Brandenburg, Berlin 1751 bis 53«, auf dem Arbeitstisch in der Camera theologica »Dr. Martin Luthers Bibelübersetzung, Augsburg 1613«, aufgeschlagen lag. Beides Prachtbücher, wie sie nur ein Sammler hat, groß, dick, in festem Leder, mit hundert Bildern. Über eine Äußerung des Kandidaten Uhlenhorst, der auf einer Versammlung in Hohen-Sathen gesagt haben sollte: »Prediger Seidentopf greife mitunter fehl und schlage in Bekmann statt in der Bibel nach«, gehen wir wie billig an dieser Stelle hin.
    Es war dies ein rechter Uhlenhorstscher Sarkasmus, wie ihn die Konventikler wohl zu haben pflegen; aber darin hatten sie recht, daß nicht nur der in der archäologischen Abteilung stehende Lehnstuhl viel tiefer eingesessen, sondern daß auch der ganze, diesseits der Fensternischen verbliebene Rest des Zimmers ein heidnisches Museum, eine bloße Fortsetzung alles dessen war, was schon der Flur geboten hatte. Nur die Walfischrippe und der Alligator fehlten. Zwei mächtige, rechts und links neben der Tür stehende, über den Sims hin durch einen Mittelbau verbundene Glasschränke bildeten eine Art Arcus triumphalis, durch den man in die Studierstube eintrat; und alles, von dem Steinmesser und dem Aschenkrug an, was die märkische Erde nur je an Altertumsfunden herausgegeben hat, das fand sich hier zusammen. Daneben konnte freilich die theologische Bibliothek des Zimmers nicht bestehen, die, ihrer äußersten Verstaubung ganz zu geschweigen, auf einem schmalen, zweibrettrigen Regal zwischen Wandvorsprung und Ofen ihre Unterkunft gefunden hatte.
    Unser Seidentopf war ein archäologischer Enthusiast trotz einem, und ausgerüstet mit all den Schwächen, die von diesem Enthusiasmus so unzertrennlich sind wie die Eifersucht von der Liebe. Er phantasierte, er ließ sich hinters Licht führen; aber in einem unterschied er sich von der großen Armee seiner Genossen: er sammelte nicht, um zu sammeln, sondern um einer Idee willen. Er war Tendenzsammler.
    Innerhalb der Kirche, wie Uhlenhorst sagte, ein Halber, ein Lauwarmer, hatte er, sobald es sich um Urnen und Totentöpfe handelte, die Dogmenstrenge eines Großinquisitors. Er duldete keine Kompromisse, und als erstes und letztes Resultat aller seiner Forschungen stand für ihn unwandelbar fest, daß die Mark Brandenburg nicht nur von Uranfang ein deutsches Land gewesen, sondern auch durch alle Jahrhunderte hin geblieben sei. Die wendische Invasion habe nur den Charakter einer Sturzwelle gehabt, durch die oberflächlich das eine oder andere geändert, dieser oder jener Name slawisiert worden sei. Aber nichts weiter. In der Bevölkerung, wie durch die Sagen von Fricke und Wotan bewiesen werde, habe deutsche Sitte und Sage fortgelebt; am wenigsten seien die Wenden, wie so oft behauptet werde, in die Tiefen der Erde eingedrungen. Ihre sogenannten »Wendenkirchhöfe«, ihre Totentöpfe niedrigeren Grades wollte er ihnen zugestehen, alles andere aber, was sich mit instinktiver Vermeidung des Oberflächlichen eingebohrt und eingegraben habe, alles, was zugleich Kultur und Kultus ausdrücke, sei so gewiß germanisch, wie Teut selber ein Deutscher gewesen sei. Um diese Sätze drehte sich für ihn jede Debatte von Bedeutung. Er war sich bewußt, in seinem archäologischen Museum durchaus unanfechtbare Belege für sein System in Händen zu haben, unterschied aber doch zwischen einem kleinen und einem großen Beweis. Der kleine war ihm persönlich der liebere, weil er der feinere war; er kannte jedoch die Welt genugsam, um dem blöden Sinn der Masse gegenüber je nach einem andern als nach dem großen Beweis zu greifen. Die Stücke, die diesen bildeten, befanden sich sämtlich in den zwei großen Glasschränken des Arcus triumphalis, waren jedoch selbst wieder in unwiderlegliche und ganz unwiderlegliche geteilt, von denen nur die letzteren die Inschrift führten: »Ultima ratio Semnonum«. Es waren zehn oder zwölf Sachen, alle numeriert, zugleich mit Zetteln beklebt, die Zitate aus Tacitus enthielten. Gleich Nr. 1 war ein Hauptstück, ein bronzenes Wildschweinsbild, auf dessen Zettel die Worte

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